Erstellt am: 4. 11. 2009 - 20:09 Uhr
Unizugang - frei, geregelt oder beschränkt?
Für Donnerstag, 5.November, ist ein bildungspolitischer Aktionstag, mit allerlei Programm angekündigt. Organisiert von den #unibrennt-AktivistInnen ist das Motto des Ganzen: "Freie Bildung für alle". Meint: Abschaffung der Studiengebühren auch für Nicht-EU-BürgerInnen und LangzeitstudentInnen und freier Hochschulzugang ohne Zugangsbeschränkungen für alle. Um qualitativ hochwertige Lehre zu gewährleisten, sollen die Studienplätze ausgebaut werden.
apa/GEORG HOCHMUTH
Status Quo
Die Uniproteste auf FM4
- Eine schwächelnde Bewegung schaut anders aus: Bilder vom Aktionstag (5.11.2009)
- "Freie Bildung für alle": Bundesweiter Aktionstag (5.11.2009)
- Unizugang, frei geregelt oder beschränkt? Vom Numerus Clausel und anderen Modalitäten (4. 11. 2009)
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- Nicht im traditionellen Sinn "politisch": Mit institutionalisierter Politik haben die Uni-AktivistInnen nichts am Hut. (2.11.2009)
- Bildung und Markt: Missverständnisse im Zusammenhang mit Bildung (2.11.2009)
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- Studieren? Blockieren? Demonstrieren?(30.10.2009)
- Viel Lärm um wenig: Ergebnislose Gespräche zwischen ÖH und Wissenschaftsminister (29.10.2009)
- Doch nicht so angepasst?: Jugendforscher Heinzlmaier im Interview auf science.orf.at (29.10.2009)
- "Wir sind die Uni": Proteste auch in Innsbruck (29.10.2009)
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- Durch die Realismusbrille: Die Proteste in Graz (28.10.2009)
- Journal '09: 28.10.Which side are you on? (28.10.2009)
- Raus auf die Straße (28.10.2009)
- Journal 09: Über die Abschiebung des gerupften Hahns nach Brüssel (27.10.09)
- Protest in Selbstorganistation (27.10.2009)
- #audimax #unsereuni #unibrennt (26.10.2009)
- Journal '09: Studis und Unis. Rat und Vorwurf (24.10.2009)
- Die Basis und die Demoktratie (23.10.2009)
- Audimax besetzt (22.10.2009)
- Malen nach Zahlen (21.10.2009)
- und alles im Überblick auf fm4.orf.at/uni
An wissenschaftlichen Unis gibt es derzeit Zugangsbeschränkungen in den Fächern Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin sowie Psychologie – sie werden von den Rekoraten verhängt, der Senat erfährt davon, der Uni-Rat muss sie genehmigen. Eine Novelle des UG - beschlossen von SPÖ, ÖVP und BZÖ - ermöglicht es Unis, via "Notfallparagraph" Zugangsbeschränkungen zu aktivieren, das haben sich etwa am Beginn des Semesters Publizistik Institute gewünscht. Auch Pädagogische Hochschulen stehen nicht allen offen – da wird z.B. die Sprech- und Stimmleistung getestet, und eine musikalisch-rhythmische Eignung sollte bei all denen vorhanden sein, die Musikerziehung machen wollen – logisch eigentlich, genauso wie das Abchecken körperlich-motorischer Eignung für angehende TurnlehrerInnen. Und dass es an den Kunstunis Aufnahmeprüfungen gibt, ist eh allgemein bekannt. Auch an eine Fachhochschule können nicht alle, die wollen: es steht pro FH eine begrenzte Zahl an Studienplätzen pro Aufnahmetermin zur Verfügung, die Verfahren sind je nach Studiengang unterschiedlich.
Studienplatzfinanzierung
Das Modell FH mit einer klar definierten Anzahl ausfinanzierter Studienplätze entspricht in etwa dem von der Rektorenkonferenz favorisierten Modell der Studienplatzfinanzierung. Auf die Unis umgelegt bedeutet das, einen Konsens zu finden, wie viele Publizistik- oder Sinologie- oder Volkswirtschafts-Studienplätze es hierzulande geben soll. Die Frage ist, wie soll eine Anzahl pro Fach ausverhandelt werden? Und von wem?
Positionen in der SPÖ-ÖVP Koalition
Die Idee der "Studienplatzbewirtschaftung" gefällt jedenfalls der ÖVP sehr gut. Die ÖVP findet, bestehende Zugangsbeschränkungen und der Notfallparagraphen sind eine gute Sache, und Johannes Hahn ist außerdem für die Einführung von Studiengebühren bei gleichzeitigem Ausbau der Stipendien. Plus: mehr Info für angehende StudentInnen durch sogenannte "Studienchecker" an den Schulen. Seit einigen Wochen scheint es des ÖVP Wissenschaftsministers Mantra zu sein, darauf hinzuweisen, dass es 400 Fachrichtungen gibt und nicht nur die überlaufenen Massenfächer.
GEORG HOCHMUTH
Schauen wir mal zur SPÖ: Letzte Woche noch erklärt sich SPÖ Bundeskanzler Werner Faymann solidarisch mit den protestierenden Studierenden und versichert, dass es mit ihm keine Studiengebühren geben wird. In der SPÖ sei, heißt es, sogar ein Besuch Faymanns im Audimax in Planung gewesen. Ein Uniprotestwochenende später ist die Kanzler-Visite im Audimax abgeblasen, Faymann spricht sich gegen Besetzungen aus. Immer noch hätte Faymann Verständnis für die Proteste, diesmal aber differenzierter: er meint, ohne Zugangsregelungen wird’s nicht gehen.
Soviel kann man gar nicht bauen, dass man z.B. die deutschen Studenten, die zu uns kommen, weil's bei ihnen den Numerus Clausel gibt, dass man für die alle was baut, das geht sich ja gar nicht aus [..] Die Illusion zu verbreiten, man könnte ohne irgendwelche Regelungen alles aufmachen, alles offen halten, und das womöglich für ganz Europa, das soll man gar nicht den Eindruck als Politiker erwecken. (Werner Faymann, Zib20, ORF1, 02.11.09)
Tags darauf, nach dem Ministerrat mit den ÖVP-KollegInnen, favorisiert Werner Faymann dann das Modell der Fachhochschulen, und meint, es müssten Regelungen gefunden werden, um den Zugang sinnvoll zu gestalten. Einmal Schlafen später rudert der Kanzler, wie es im Jargon so schön heißt, zurück. Die Fachhochschulmodalitäten seien aus seiner Sicht nun kein Vorbild mehr für die Unis, die derzeitige Gesetzeslage, incl. Notfallparagraphen okay, Knock-Out Prüfungen oder Aufnahmetest kämen auch nicht in Frage - eher sollte eine Orientierungsphase am Studienbeginn den StudentInnen entscheiden helfen, ob das Studium für sie passt oder nicht.
Übrigens - um keine Beihilfen zu verlieren, darf in Österreich das Studium zweimal gewechselt werden und das spätestens nach dem zweiten Semester.
Die Forderungen der Opposition
Die Grünen stehen nach wie vor hinter den Forderungen der Studierenden, nach einer Ausfinanzierung der Universitäten, dem freien Hochschulzugang und gegen Studiengebühren. Heute regt Parteichefin Eva Glawischnig außerdem an, Ausgleichszahlungen für deutsche StudentInnen in Österreich zu verhandeln.
Die FPÖ fordert eine Uni-Milliarde für Infrastruktur, Lehre, Forschung. Damit, sowie durch eine Reform der Studienpläne würden sich dann auch die kleingeistigen Diskussionen über Zugangsbeschränkungen und Abkassieren bei deutschen Studenten erübrigen, meint FPÖ Wissenschaftssprecher Martin Graf.
Das BZÖ möchte die Studiengebühren wieder einführen, der Erlös soll zu hundert Prozent den Universitäten zu Gute kommen müssen. Ein Studienbeihilfensystem via Transferkonto soll sozial Schwache nicht ausschließen. Ein deutliches Ja kommt vom BZÖ zu Zugangsbeschränkungen in Form von zweisemestriger verpflichtender Studieneingangshase und anschließender Eignungsprüfung.