Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Eine schwächelnde Bewegung schaut anders aus"

Markus Zachbauer

Bildung und Einbildung, die Herrscher der Welt. Lifelong Learning in der FM4 Internet-Redaktion.

6. 11. 2009 - 00:19

Eine schwächelnde Bewegung schaut anders aus

Es war ein weiter Weg, es war kalt und die Studierenden kamen trotzdem zu Hauf. Der Aktionstag für freie Bildung.

Die Uniproteste auf FM4

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Noch kurz vor dem geplanten Demo-Start um 16 Uhr war der Platz vor der Uni Wien überraschend locker gefüllt. Nach den etwas schleppend verlaufenen Aktionen tagsüber machte sich fast ein bisschen Enttäuschung breit. Da hatten die, die schon da waren, mit etwas mehr Beteiligung gerechnet. Eine halbe Stunde später sah die Sache schon ganz anders aus. Kaum hatte sich der größte Strom des heutigen "Sternmarsches" in Bewegung gesetzt, kam es zur wundersamen Vermehrung der TeilnehmerInnen und erneut zogen tausende Studierende, Lehrende und andere Sympathisanten durch die Straßen. Wieviele genau, da gehen die Angaben auch diesmal auseinander und schwanken zwischen 7000 und 20000.

Unterstützt wurden die StudentInnen - diesmal ganz offiziell - auch von den Lehrenden. Am Nachmittag hatte sich der Betriebsrat des künstlerischen und wissenschaftlichen Personals der österreichischen Universitäten den Protesten angeschlossen, und wünschte bei der Schlusskundgebung dann auch gleich "alles Gute für unseren gemeinsamen Protest".

Dass große Demonstrationen Organisation erfordern, macht sie ein bisschen zum Heimspiel für gut organisierte Gruppen. Und da waren sie dann heute auch, sichtbar wie bisher noch nicht bei diesen Uniprotesten. Linkswende, RSO, SLP,... das Who is who des linken Wiener Undergrounds und alte Bekannte jedes Uniprotests der letzten Jahre. Daneben die "Big Player": Gewerkschaftsjugend, SJ, die Grünen,... Dass ein Großteil der Transparente dabei immer noch ohne Logo auskommt, lässt die Sache trotzdem als breiten Protest "der Basis" durchgehen. Und darauf legen die TeilnehmerInnen ja (zurecht) wert. Die meisten sind tatsächlich erst im Zuge der letzten beiden Wochen politisch aktiv geworden. Sie mögen sich ein bisschen wundern, was es da schon vorher so alles an Gruppen gegeben hat. Davon abschrecken lassen sie sich scheinbar nicht.

Und es hat sich bezahlt gemacht, nicht schon den ganzen Tag im Freien auf den Beinen zu sein. Der Weg war weit und es war kalt. Nach über zwei Stunden Fußmarsch und weiteren zwei Stunden Ansprachen dürften die meisten beim abschließenden Auftritt von Attwenger im März-Park ganz ordentlich durchgefroren gewesen sein. Ein großer Teil war trotzdem geblieben.

Proteste auch in Graz

DemonstrantInnen am Aktionstag für Freie Bildung in Graz

APA/MARKUS LEODOLTER

In Graz zogen etwa 1200 Menschen durch die Straßen. Auch dort nicht nur Studierende, sondern auch AbsolventInnen und Lehrende.

Begleitet wurde der Protestzug hier mit viel Partysound auf zwei Protestwägen. Auch ProfessorInnen zeigten sich solidarisch. "Ich bin hier, weil ich will meinen Studierenden noch ins Gesicht schauen können," meinte Karin Schmidlechner vom Institut für Geschichte.

Auch an den kommenden Tagen soll die Vorklinik besetzt bleiben. Am Freitag lädt die Arbeitsgemeinschaft Psychohygiene zum "gemütlichen Spaziergang auf den Rosenhain" und in der Nacht findet die "Valentins Youtube Mitternachts Musikstunde" statt.

Und in Linz, Innsbruck und Salzburg

DemonstrantInnen am Aktionstag für Freie Bildung in Linz

APA/RUBRA

Etwa 500 DemonstrantInnen wurden in Linz gezählt. Sie zogen über den Hauptplatz zum Ars Electronica Center. Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion in der Stadtwerkstatt diskutierten dann unter anderem Robert Menasse und die ehemalige ÖH-Vorsitzende Barbara Blaha mit Linzer Hörsaal-BesetzerInnen.

Ganz ohne Demonstration ging es am Ende auch in Innsbruck nicht. Einen organisierten Protestzug gab es dort zwar nicht, 40 BesetzerInnen des dortigen Sowi-Hörsaales zog es trotzdem in Schwarz gekleidet auf die Straße.

In Salzburg zog eine Trauerprozession mit 400 TeilnehmerInnen durch die Altstadt. "Scheinheiliger Hahn, Faymann, Pröll, Scheinheilige Schmidt und Burgstaller handle für uns", skandierten Teilnehmer. Dazu gab es Glockengeläut, Weihrauch und zwei "Geistliche".

DemonstrantInnen am Aktionstag für freie Bildung in Salzburg

APA/VERA REITER

Nach der Demo ist vor der Demo?

Bis zur ersten großen Demo schaffen es so manche Proteste, manchmal ist die Luft dann raus. Diesmal kam man schon zur zweiten, bekommt Unterstützung von vielen Seiten und hat der österreichischen Innenpolitik und zumindest der Bildungsszene in Deutschland ordentlich Stoff für Diskussionen und ein echtes A-Thema geliefert. Eine schwächelnde Bewegung schaut anders aus.