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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

31. 10. 2009 - 20:37

Journal '09: 31.10.

Bildung statt Ausbildung. Angewandter Audimaxismus. Eine zusammenfassende und übergreifende Rede.

Die #unibrennt-Proteste funktionieren aktuell wie ein Brennglas: sie reißen Diskussionen an sich, befördern sie und beschleunigen diverse Prozesse. Unabsichtlich, einfach aus der Kraft der Aktion heraus.

Wie das in der Praxis abläuft, lässt sich, wenn man nicht die Möglichkeit hat, es vorort zu erleben, im Live-Stream aus dem Audimax ersehen, einer 24-Stundenschleife, die einen etwa so in Bann zieht, wie vor zehn Jahren die CNN-Dauerschleife in Krisen-Situationen.

Dort, im Kern des Geschehens, im Wiener Audimax kam es heute nachmittag zu einem Gast-Beitrag von Armin Thurnher, Falter-Chefredakteur, der womöglich wichtigsten Stimme des politischen Publizismus. Thurnher hat sich in den letzten Monaten (aus eigener Schuld wohlgemerkt, nicht als Opfer) ins Zentrum einer Debatte über Medien-Wirksamkeit im Zeitalter des Übergangs gedrängelt und dort wenig gute Figur gemacht.
Thurnher nutzte die Gelegenheit für ein paar nötige Richtigstellungen, und natürlich ist es ein kleiner Treppenwitz, dass sein Auftritt just über die von ihm zuvor als unjournalistisch und wegen seines Partizipationsansatzes diffamierten Ausspielwege erst wirklich stattfinden - während sich der aktuelle Falter mit nur zwei matten Seiten Berichterstattung auf dem Holzweg befindet.

Audimaxismus

Thurnher konnte aber alle seine Qualitäten ausspielen (er hat zudem als 68er und Arena-76er-Veteran auch die historisch wissende Brandbreite um das zu tun) und schafft es in seiner Rede, den Kern der Forderungen in einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen, der die armseligen Nörgler der Marke Soviel-Mist-was-die-machen! oder Immer-nur-reden, blöde Nerds, das! ganz alt aussehen lassen.

Nach anfänglicher "Wos brauch ma des?"-Skepsis sind die Boulevard-Medien auf den Zug aufgesprungen, auf dem die Grünen oder Faymann schon sitzen: dass nämlich die Geduld des ewigen Wartens einer von der zuständigen Bildungspolitik rein in der Möglichkeitsform gehandhabten Reform überstrapaziert worden ist und dass deswegen jetzt zurecht Protest-Maßnahmen dieses Unbehagen ins Zentrum des Interesses befördern.
Das hat natürlich damit zu tun, dass das sonst übliche Campaigning, die schnelle Schmäh-Berichterstattung über wehrlose Opfer hier, in einem medial extrem clever vernetzten Umfeld nicht funktioniert.

Worum es darüber hinaus geht oder gehen könnte, was die zentrale Aussage von #unibrennt ("Bildung statt Ausbildung") bedeuten kann, was die besonderen Umstände, unter denen sich ein unideologisch organisierter Protest entwickelt, bedeuten, und anderes mehr, wird hier wirklich exzellent durchbesprochen.

Mr. Armin Thurnher