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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

22. 4. 2015 - 16:20

Mehr Flexibilität - weniger Verschulung

Philip Flacke und Sarah Schober sind SpitzenkandidatInnen der Fachschaftslisten bei der ÖH-Wahl 2015. Im FM4-Interview sprechen sie über die Auswirkungen der Direktwahl, die Ausfinanzierung der Unis und Studieren mit Kind.

ÖH-Wahl 2015

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Heute stellen wir euch die Fachschaftslisten Österreich, kurz FLÖ, vor. Die FLÖ sind ein loses Netzwerk lokaler Listen, die vor allem an ihren jeweiligen Unis ein gutes Standing haben. In den letzten zehn Jahren hat die FLÖ daher sehr davon profitiert, dass die Bundesvertretung nicht direkt gewählt, sondern von den Unis beschickt wurde. Das hat sie das letzte Mal mit 17 Mandaten zur zweitstärksten Fraktion in der ÖH Bundesvertretung gemacht. Und sie sind - wie auch schon zuvor - in der ÖH Exekutive gewesen. Trotzdem hatten sie ein neues Hochschulgesetz und damit eine Änderung des Wahlmodus in ihrem Programm.

Eigentlich haben die Fachschaftslisten ein Team aus gleich vier SpitzenkandidatInnen, wir haben den Listenersten, Philip Flacke, und die Listenzweite, Sarah Schober zum Gespräch gebeten. Flacke studiert in Kärnten Psychologie, war an der Universität Klagenfurt bereits Sachbearbeiter für Bildungspolitik und ist im aktuellen Vorsitzteam der dortigen ÖH. Schober studiert an der Medizinischen Universität Wien Humanmedizin und ist dort seit 2013 Vorsitzende der ÖH.

FLÖ SpitzenkandidatInnen im FM4 STudio

Michael Fiedler

Die SpitzenkandidatInnen

  • Philip Flacke
  • 35 Jahre alt
  • Studiert Psychologie an der Uni Klagenfurt
  • Sarah Schober
  • 28 Jahre alt
  • Studiert Humanmedizin an der MedUni Wien im dritten Abschnitt

Die FLÖ

Michael Fiedler: Heuer wird die Direktwahl wieder eingeführt - die Fachschaftslisten haben von der Abschaffung sehr profitiert, 2005 ihre Stimmenanteile verdoppelt und sich seither laufend gesteigert. Um wie viele Prozentpunkte werdet ihr heuer schrumpfen?

Philip Flacke: Wir hoffen gar nicht zu schrumpfen sondern streben um die 20 Prozent an. Es gibt verschiedene Faktoren, die in beide Richtungen spielen werden: Wir werden auf manchen Hochschulen verlieren, dafür gibt’s aber auch die Möglichkeit uns auf anderen Hochschulen zu wählen, wo wir bisher nicht wählbar waren, zum Beispiel auf der Universität Wien.

Sarah Schober: Natürlich haben wir von dieser lokalen Situation profitiert. Aber wir haben auch ziemlich starke Unigruppen, die bekannt sind. Die FLÖ hat sich, zumindest was ihr Know-How an Bildungspolitik und Gesetzen angeht, mit Sicherheit auch bundesweit etabliert.

Was ist eurer Meinung nach die Aufgabe der ÖH?

Philip Flacke: Von der Bundesvertretung ist das die Vertretung gegenüber dem Ministerium und sonstigen bundesweiten Interessensgruppen. Und sonst vor allem die Stärkung der Studierenden. Weil wenn ein Studierender selbst versucht, etwas zu erreichen, wird es schwierig. Als starke Gruppe können wir dem Gehör verleihen.

Was ist abgesehen vom Geldmangel, der fehlenden Ausfinanzierung der Unis, derzeit das größte Problem an österreichischen Unis und FHs und muss dringend angegangen werden?

Sarah Schober: In meinem Spektrum ist es sicher die Verschulung. Dass man wieder mehr Flexibilität ins Studium bringt. Da geht es auch um die Gruppen von Studierenden, die es einfach schwierig haben in diesen Studienplänen, seien das ausländische Studierende oder Studierende mit Kind, mit pflegebedürftigen Angehörigen etc. Flexibilität ist da ein großes Thema, Anwesenheitspflichten werden in alles Studiengängen ausgebaut.

Philip Flacke: Es ist verloren gegangen, dass die Universität eigentlich ein Raum sein soll, wo sich Leute begegnen können. Nicht nur Studierende, sondern auch Freigeister, die einfach in eine Vorlesung gehen um sie zu hören und sich dort mit den anderen auszutauschen. Weg von der Ausbildung hin zu Bildung.

FLÖ SpitzenkandidatInnen hantieren am FM4 Mikro

Michael Fiedler

Aber auch die Finanzierung – die seht ihr als zentrales Thema eures Wahlkampfs und die wollt ihr auch noch besprochen haben.

Sarah Schober: Mir geht es um de Finanzierung des Studiums – ein zentraler Punkt ist ja, dass wir bezahlte Praktika fordern. Und dann geht es um die Finanzierung des Studiums von Menschen die eben Kinder haben oder andere Betreuungspflichten. Die tun sich doppelt schwer, die haben diesen straffen Studienplan, die Betreuungspflicht und müssen nebenbei arbeiten gehen. Dann geht sich das nicht mehr aus und irgendwo muss man beginnen, Abstriche zu machen. Und das ist dann meistens beim Studium. Darum ist es mir wichtig, zu diskutieren, wie man Studieren für alle leistbar machen kann.

Philip Flacke: Zur Hochschulfinanzierung: das ist in letzter Zeit immer so eine Mogelpackung gewesen. Wir brauchen eine Ausfinanzierung der Unis. Das ist ein Dauerbrenner, der immer wieder gefordert wird, aber es ist einfach so wichtig! Keiner kann sich da rausreden. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht darf Bildung nie zu teuer sein. Es ist furchtbar, wenn diskutiert wird, ob man da nicht irgendwie Geld einsparen kann. An den Hochschulen fehlt momentan Geld überall! Lehrveranstaltungen sind knapp, die Leute sitzen genau ab dem Stichpunkt an den Rechnern, damit sie sich für Kurse anmelden können, weil es zu wenig Plätze gibt. Die Gebäude sind teilweise in bemitleidenswertem Zustand. Also da braucht es definitiv mehr Aufwand vom Staat!

Die drei wichtigsten Punkte in eurem Wahlprogramm?

Alle Interviews mit den SpitzenkandidatInnen:

Philip Flacke: Unabhängigkeit, Chancengleichheit und Mitbestimmung.

Eine Forderung im Wahlprogramm ist die bessere Unterstützung von Studierenden mit Kindern. Sarah, du hast zwei Kinder und studierst Medizin. Wo liegen da die größten Schwierigkeiten?

Sarah Schober: In den rigorosen Anwesenheitspflichten. Mit wenigen Möglichkeiten auf offiziellem Weg da drumherum zu kommen - damit meine ich ein Programm, wie man Kleingruppen tauschen, an anderen Nachmittagen etwas machen kann etc. Man muss das immer selber organisieren und es ist sehr von Einzelpersonen abhängig, ob das funktioniert oder nicht. Das sind diese von mir geliebten Einzelfalllösungen. Es muss zum Selbstverständnis von Universitäten gehören, dass es auch Studierende gibt, die andere Pflichten abseits des Studiums haben. Und dass diese die gleichen Chancen auf Studieren in Mindeststudienzeit haben, wie alle anderen auch. In einem Studium mit sechs Jahren Mindeststudiendauer kann man das nur leben, wenn man Richtlinien erstellt, die für alle gelten und nicht jedes Mal Einzelfalllösungen sucht. Auch bei Kinderbetreuungsplätzen müssen einige Unis nachziehen. Als Studierende mit Kind zum Beispiel fühlt man sich nicht so zugehörig, weil man auch ganz andere Themen im Leben hat - das ist klar. Aber man will auch nicht immer diese Einzelfalllösung sein. Es wäre also fein, wenn für alle Studierenden, die andere Verpflichtungen haben, Gruppen zur Verfügung stünden. Dort könnte man dann ohne großen Firlefanz Ersatzleistungen machen, wenn man zu einem anderen Termin nicht konnte. Das sind einfache Dinge, die alles erleichtern würden.

Mehr von der FLÖ

Im Interview in voller Länge sprechen Sarah Schober und Philip Flacke auch noch darüber, mit wem sie nicht koalieren wollen, was in den letzten beiden Jahren Bundesvertretung gut und weniger gut funktioniert hat und wie sie den gesellschaftspolitischen Auftrag der ÖH sehen

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