Erstellt am: 20. 4. 2015 - 16:30 Uhr
Gegen Leistungsterror
Es gibt zwei kommunistische StudentInnenverbände in Österreich:
2006 formierte sich wegen Unstimmigkeiten der KSV-LiLi (Kommunistischer Student_innenverband – Linke Liste) aus ehemaligen Mitgliedern und AktivistInnen des KSV.
Seit der letzten ÖH-Wahl 2013 hat der KSV-LiLi zwei Mandate in der Universitätsvertretung der Uni Wien und verfügt über ein Mandat in der ÖH-Bundesvertretung.
Heuer kandidiert der KSV-LiLi für die ÖH-Bundesvertretung und an der Uni Wien, der JKU Linz und der FH Campus Wien.
Wenn man die Standpunkte der beiden kommunistischen Fraktionen in der ÖH-Wahlkabine vergleicht, sind sich KSV und KSV-LiLi wenig überraschend in fast allen Punkten einig - also gegen Studiengebühren, Eignungstests und die Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) in der derzeitigen Form. In einem Punkt gehen die Meinungen der beiden kommunistischen Fraktionen allerdings auseinander: Der KSV ist gegen die Forderung nach einem monatlichen Grundeinkommen von mindestens 1000 Euro für Studierende, der KSV-LiLi ist dafür.
Die Öffentlichkeits-ArbeiterInnen des KSV-LiLi
Tina Sanders
- 27 Jahre
- Niederösterreich & Burgenland
- Geschichte (3. Semester) & Politikwissenschaft (12. Semester)
- Uni Wien
- im Alternativ und Nachhaltigkeitsreferat der ÖH Uni Wien tätig
Philipp Jung
- 26 Jahre
- Niederösterreich
- Masterstudium Politkwissenschaft & Geschichte (2. Semester)
- Uni Wien
- im Raufo, dem Referat für Aus-, Fortbildung und Organisation der ÖH Uni Wien tätig
KSV-LiLi auf
Einen gravierenden Unterschied zwischen den beiden Fraktionen gibt es noch: Während für den KSV die Spitzenkandidatin Sonja Beier antritt, verzichtet der KSV-LiLi auf das Modell der SpitzenkandidatInnen und schickt die beiden ÖffentlichkeitsarbeiterInnen Tina Sanders und Philipp Jung zum Interview.
Ihr beide macht die Öffentlichtkeitsarbeit beim KSV-LiLi und stellt euch der Presse. Warum gibt es im KSV-LiLi keine SpitzenkandidatInnen?
Tina Sanders: Wir haben uns gegen SpitzenkandidatInnen entschieden, weil es intern sowie extern eine Hierarchie aufbaut und wir sehen uns halt als basisdemokratisch und antihierarchisch. Deswegen würde das mit unseren Grundsätzen nicht vereinbar sein. Auf der anderen Seite wollen wir unsere gemeinsam erarbeiteten Inhalte in den Vordergrund rücken anstatt Einzelpersonen in den Vordergrund zu stellen.
Was ist denn eurer Meinung nach die Aufgabe der ÖH?
Tina Sanders: Wir sehen die ÖH als Interessensvertretung für Studierende. Wir sehen die ÖH als bildungspolitische Akteurin. Wir sehen die ÖH aber noch dazu als gesamtgesellschaftliche Akteurin, weil wir finden, dass Diskriminierungspraxen und Machtverhältnisse nicht an den Toren der Uni halt machen, sondern dass das gesamtgesellschaftlich zu begreifen ist.
Was ist abgesehen vom Geldmangel derzeit das größte Problem an österreichischen Unis und FHs und muss dringend angegangen werden?
KSV LiLi
Tina Sanders: Meines Erachtens ist es die zunehmende Bildungsökonomisierung, die Hand in Hand geht mit Leistungs- und Verwertbarkeitsdruck. Was uns auch zu einem unserer Schwerpunkte bringt, nämlich dass die psychischen Beeinträchtigungen an der Uni zunehmen, was zum Beispiel mit Voraussetzungsketten und eben anderem Leistungsdruck zusammenhängt.
Philipp Jung: Was uns als KSV-LiLi natürlich auch ein Anliegen ist, allgemeinpolitisch Stellung zu beziehen. Eben gegen sexistische, homophobe und rassistische Diskriminierungspraxen, die eben auch in der Gesellschaft verankert sind, die eben auch vor den Toren der Uni nicht Halt machen.
Was sind denn die drei wichtigsten Punkte in eurem Wahlprogramm?
Tina Sanders: Die drei wichtigsten Punkte in unserem Wahlprogramm sind auf jeden Fall, dass wir freien Bildungszugang für Drittstaatsstudierende fordern. Dass wir den Ausbau und die Verbreitung von Behandlungs- und Anlaufstellen für Studierende mit psychischer Beeinträchtigung fordern. Das Dritte ist, dass wir generell fordern, dass das System, wie die Uni momentan aufgebaut ist, so nicht mehr haltbar ist und umgebaut werden soll.
Wie sollte man das System eurer Meinung nach umbauen?
Tina Sanders: Wir finden halt, dass die Uni da nicht alles selber machen kann. Da muss die Regierung schon mitwirken. Aber auf jeden Fall eine Verlängerung der Regelstudienzeit, die Schaffung von mehr Seminarplätzen – also der Wegfall von Voraussetzungsketten, die ja eigentlich nur in den wenigsten Fällen Sinn machen.
KSV LiLi
Philipp Jung: Wir sind auch gegen jegliche Zugangsbeschränkungen wie StEOPs, Knock-Out-Prüfungen, Studiengebühren, was eben auch viele am Studieren hindert.
Was macht der KSV-LiLi besser als die anderen Fraktionen?
Tina Sanders: Also für uns ist der KSV-LiLi besser als andere Fraktionen, weil wir radikal linke Kritik äußern. Wir versuchen nicht oberflächliche Schönungspolitik zu machen und unsere konkreten Forderungen gehen halt oftmals über so minimale kosmetische Sachen hinaus weil wir versuchen, Machtverhältnisse und Diskriminierungsverhältnisse als Gesamtheit zu sehen und die Probleme an der Wurzel zu packen.
Der KSV-LiLi setzt sich gegen den "Leistungsterror" an den Hochschulen ein und will Verbesserungen im Studierenden-Alltag erwirken. Wie wollt ihr denn das angehen?
Tina Sanders: Wir sehen die Uni und die Hochschulen nicht nur als Ort wo es um die Darlegung von Inhalten zur Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt geht, sondern wo es halt darum geht, dass sich Leute frei entfalten können und über sich selbst und über die Gesellschaft insgesamt etwas lernen können. Dazu gehört auf jeden Fall der Ausbau von freien und selbstverwalteten Räumen für Studierende. Dazu gehört aber auch die Abschaffung von Knock-Out-Prüfungen, Voraussetzungsketten und der Anwesenheitspflicht.
Ein anderer Punkt in eurem Wahlprogramm lautet "Depressiv. Und das ist nicht gut so." Ihr tretet für eine Gesellschaft ein, in der alle ohne Angst leben, studieren und arbeiten können. Wie wollt ihr denn das umsetzen?
Tina Sanders: Konkret umsetzen wollen wir das mit Forderungen nach einer lockereren Hochschule, wo eben diese Voraussetzungsketten und dieser Stress nicht vorherrscht. Das Weitere ist halt, dass wir auch versuchen, in dem wird das überhaupt anprangern, dass es zu einer sukzessiven Entstigmatisierung von psychischen Beeinträchtigungen kommt. Auch in der Gesellschaft. Dazu gehört auch, dass die Behindertenbeauftragten von den Hochschulen zum Beispiel auch Kampagnen machen, für psychisch Beeinträchtigte, dass eben alternative Prüfungsmodalitäten kundgetan werden. Also dass eben diese Behandlungs- und Anlaufstellen auch ausgebaut werden.
Das Interview in voller Länge
Im kompletten Interview sprechen Tina und Philipp über die Schwierigkeiten der basisdemokratischen Arbeit, ihr Wahlprogramm und ihre Sicht auf die Arbeit der Bundes-ÖH.
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