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Felix Knoke Berlin

Verwirrungen zwischen Langeweile und Nerdstuff

11. 6. 2009 - 07:00

Frust-Tagebuch: Frühstücksqualen

Das Frühstück ist das Herz meiner Tage. In Halle aber hat sich die Caféschaft scheinbar gegen mich verschworen. Sie treibt rostige Buttermesser da rein, wo's morgens am dollsten weh tut.

Mit dem Wegzug aus Halle zieht die Milde bei mir ein: Wenn die Sonne untergeht, ich im Biergarten an der Saale sitze und die Hallenser fröhlich nuscheln höre, wird mir ganz warm ums Herz. Diese Menschen, ein Leidpaket, schwer wie ein Leben auf ihren Rücken tragend, die darf man nicht noch mehr belasten mit dekadenten Lästereien über Haarfarben und einseitige Bananen/Hackfleisch-Ernährung. Von diesem hohen Ross betrachtet, erhebt es sich also ganz leicht. Mein Frust nur Selbstvergötterung? Das freilich darf nicht sein, ich lass mir doch nicht - für ein wenig Gott sein! - meine schlechte Laune verderben! Weshalb ich also, nicht gerade tief in die Trickkiste greifend, mich nun geifernd über die Qual im Frühstückslokal ereifern werde.

Croissant

APA Johannes Eisele

Mangelhafter Kaffee, mangelnde Frustenergie

Denn das Frühstück, Herz meiner Tage, war außer Haus bisher ein Übelding. Es gilt: Erwartete ich bisher Überraschungen am Büffet, den Zauber des Momentes (wenn der Kaffee endlich auf dem Tisch steht), so graut mir hier in Halle schon bei der Bestellung. Erstens: Weil mit der Bestellung ein Minutenzeiger sich in Stellung bringt, fleißig im Kreis zu rasen, während mein Kreislauf zwar eigentlich absacken müsste, aber von Wut und kaum zurückhaltbarer Kaffeelust angetrieben den Energieumsatz nach oben treibt.

Die Energie, die dabei für Frust verbraten wird, fehlt mir dann an entscheidender Stelle, Einspruch zu erheben: Nämlich dann, wenn endlich, nach langen, qualvollen Minuten der Kaffee lauwarm und plörrig auf dem Tisch steht. Stand er davor schon lange auf einem anderen Tisch? Stand er da nur, weil die/der Bedienung von fünf Gästen überfordert, die Küche angesichts dieses unüberwindbaren Berges menschlicher Verzehrgier einfach kapitulierend, die metaphorischen Segel strich (man denke hier: Hände in die Hose steckt / vors Gesicht schlägt)?

Eine Wand called Menschlichkeit

Doch der Frust, angesichts mangelnder Kaffeeleistung, schafft es nicht nur mangels Energie über die Hürde Mund, sondern - sollte er es mal doch rüber schaffen - prallt doch gleich danach an einer Wand called Menschlichkeit ab. Denn die Bedienung ist so nett, fast hilflos, immerdoch herzensgut, dass jede Kritik vermessen wäre. Aber vermessen ist nicht vergessen, wie ich, dem immergleichen Maso-Ritual folgend, dann beim Brötchen merken werde.

Denn das ist, einer unbegreiflichen Sado-Regel folgend, trocken, kalt und alt. Das trifft leider oft auch auf die Eier zu. Aber im Gegensatz zum harten Ei, das ja durchaus auch mal kalt sein darf, profitiert, gerade das alte!, Frühstücksbrötchen von zwei Minuten Ofenaufenthalt. So mit Wärme präpariert, spielt es dem Gast - mir -, wenigstens bis zum Schlucken, Frische vor und, wenngleich der Gast - also ich - die Wahrheit auch ahne, dann doch immerhin so erfolgreich, dass es mir - also dem Gast - schlicht egal ist, ob heute, morgen, gestern.

Wenn da der Käse nicht wäse. Wäre der nicht einfach eiskalt und aus dem Billigpack, dann könnte man ihn ja auch auf das Brötchen legen. Aber 1) schmeckt der Käse nach nichts und 2) lohnt er sich auch sonst ganz und gar nicht. Denn er kommt in zwei Ausführungen, die man längst erfolgreich aus dem eigenen WG-Kühlschrank verbannt hat und nur bei äußerster Geldnot und schlechtem Besuch zulässt, nämlich als 1) Billig-Gouda ohne Geschmack oder als 2) "französischer Weichkäse" ohne Geschmack. Wer keine Wurst - die kommt in vielen Formen - mag, der greift vielleicht zur Chemie-Konfitüre - die kommt in kleinen Förmchen. Also auch lieber nicht.

Nicht viel, das aber überall

Bleibt also: Nicht auswärtig frühstücken. Was aber gern daran scheitert, dass Sonntags die Bäcker nicht aufhaben und - wirres Studi-/Journalistenleben ausdrücklich nicht vorausgesetzt! - natürlich keine eigenen Brötchen mehr den Samstagabend erlebt haben. Bleibt also tatsächlich nur: Auswärts frühstücken, "diesmal aber woanders." Das aber macht keinen Spaß. Denn, wie eingangs erwähnt, ist längst die Auswärts-Frühstücks-Vorfreude einer diffusen, trotzdem deutlichen Angst vor dem gewichen, was einen erwarten könnte - nämlich nicht viel und das überall.

Das alles gilt auch fürs Abendessen, erschwert durchs noch ritualhaftere dessen, erleichtert durch die Besinnungslos-Option, die einem danach das, dank Standardisierung zumindest regional nivellierte, Bier- und Weinangebot bietet.

Was langfristig betrachtet nur dazu führt, dass die Kneipe dem Morgen die Hand gibt und mir alle Möglichkeiten für ein geregeltes Leben nimmt. Beidesamt.

Merke: Mit Kaffee rülpst es sich nicht gut.