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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

17. 12. 2013 - 12:30

Eigenartige Konstellation

Marina Delcheva vom biber und Alexander Pollak von SOS Mitmensch zu den Integrationsagenden, die jetzt im Außenministerium bei Sebastian Kurz angesiedelt sind.

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Er ist der jüngste Minister, den es in Österreich je gab: Sebastian Kurz. Mit 27 Jahren ist er in der neuen SPÖ-ÖVP-Regierung zum Außenminister aufgestiegen. Im April 2011 bei der Regierungsumbildung wegen des Abgangs von Josef Pröll war er die große Überraschung, der Jolly Joker, den Michael Spindelegger aus dem Ärmel gezogen hat: der damals 24-jährige Jusstudent Sebastian Kurz und ein neu gegründetes Staatssekretariat für Integration.

Obwohl damals viele JournalistInnen und SprecherInnen von NGOs dem jungen Kurz in dieser Funktion nicht viel zugetraut haben, hat er mit dem Integrationsstaatsekretariat in den letzten 2 ½ Jahren seinen Job gar nicht schlecht gemacht.

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz

FM4 / Alex Wagner

"Auch ich habe zu den Journalisten gehört, die Kurz damals gebasht haben", sagt Marina Delcheva vom biber. "Vor allem wegen seines Alters, aber da hatte ich Unrecht, das war gar nicht das Problem!" Sebastian Kurz hat den scharfen Ton aus dem Migrationsdiskurs genommen, Integration als Thema abseits von Kriminalität und Abschiebungen etabliert. "Das ist jetzt nicht mehr so ein Hin und Her zwischen ganz linken und ganz rechten Ideologien, wie es vorher war", meint Delcheva. Auch Alexander Pollak meint, dass Sebastian Kurz vor allem atmosphärisch vieles im Integrationsdiskurs verbessert hat, auch wenn er ihm bei der Sachpolitik nicht allzu große Fortschritte zugesteht.

An Person gekoppelt

Wie ist es jetzt also zu bewerten, dass es das Integrationsstaatsekretariat so nicht mehr gibt, dass es dem Außenministerium zugeordnet wird? "An dieser Rochade sieht man, dass das Thema Integration in der Politik sehr stark an eine Person gekoppelt ist, nämlich an Sebastian Kurz, und dass es keinen eigenen Fixplatz hat.", sagt Marina Delcheva.

Sebastian Kurz nimmt "sein" Integrationsthema also einfach mit ins Außenministerium. Allerdings, sagt Alexander Pollak von SOS Mitmensch: "Wie es aussieht, werden zentrale Themen wie Einbürgerung, Asyl, Zuwanderung im Innenministerium verbleiben. Da stellt sich die Frage, was nimmt eigentlich Sebastian Kurz in sein Außenministerium mit?"

Endlich Thema Doppelstaatsbürgerschaft

Einig sind sich Pollak und Delcheva jedenfalls, dass es gut ist, dass die Integrationsagenden nicht mehr im Innenministerium angesiedelt sind, dass das Thema entkoppelt ist von Kriminalität und Sicherheit. Aber ist das Außenministerium der richtige Platz dafür?

"Es ist schon eine eigenartige Konstellation, Außen und Integration", findet Alexander Pollak, aber vielleicht könnte das in manchen Bereichen auch Fortschritte bringen. "Wenn das Integrationsthema in engerer Verbindung mit dem Thema internationale Beziehungen gedacht wird, dass dann endlich über Doppelstaatsbürgerschaften geredet wird. Und dass vielleicht die Scheuklappen wegfallen, die bei diesem Thema im Innenministerium vorherrschend sind und waren."

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz

FM4 / Alex Wagner

Zu viel zu tun für Integration?

Marina Delcheva hingegen ist eher skeptisch, wenn Integration im Außenministerium angesiedelt ist: "Meine Befürchtung ist aber nicht, dass es symbolisch schlecht ist, wenn die Ausländer ins Ausländerministerium kommen. Ich befürchte, dass das Thema im politischen Tagesgeschäft untergehen wird. Der Herr Kurz ist jetzt nicht mehr nur Integrationsstaatssekretär, er ist Außenminister!" Und obwohl Österreich am internationalen Parkett nicht eine sehr große Rolle spielt, hat er als solcher doch viele verschiedene Themen zu behandeln, von der EU-Politik bis hin zur internationalen Gemeinschaft.

Marina Delcheva hätte sich gewünscht, dass ein Zukunftsministerium geschaffen wird, das die Themen Zukunft, Jugend und Integration vereint. "Ich finde das kein gutes Signal, das so stiefmütterlich in das Außenministerium mitzunehmen, weil es 'eh schon an der Person Sebastian Kurz hängt und dann bleibt’s halt da, weil uns sonst nichts Besseres einfällt!" sagt sie. "Ich kann mich aber auch irren! Ich hoffe dass ich mich irre! Im Moment hat man dem Thema keinen Gefallen getan!"