Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Warum Songschreiber auch Profis sein können"

Andreas Födinger

tourt(e) mit Bilderbuch, Beth Edges, Farewell Dear Ghost, Gerard uvm. durch die Länder, trifft dabei hochinteressante MusikerInnen

17. 4. 2015 - 15:03

Warum Songschreiber auch Profis sein können

John Dawa, Mastermind der Band Dawa, hat im Zuge der Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest mit einem Songwriting-Profi zusammen gearbeitet. Ein Gespräch über Mut, Kollabos und good vibrations.

Was bisher geschah:

  • Der Champion und seine Füllfeder: Austrofred (Champion) bzw. Franz Wenzl (Kreisky) über lockeres Textschreiben und die Krux der literarischen Verkrampfung.
  • Den Thron beobachten: Der höchst erfolgreiche österreichische Rapper Gerard über die Kunst, Wahrheiten in Slogans zu verwandeln.
  • Subversive Romantik und der Libertatia-Pirat: Andreas Spechtl, Texter der Gruppe Ja, Panik, über seine Lyrik, seine Arbeitsweise und die Ästhetik der Reproduzierbarkeit.
  • Die Lässigkeit des Poeten: Der Nino aus Wien ist eigentlich ein extrem lässiger Poet. Ein Versuch, den schönsten Mann von Wien literarisch zu erfassen.
  • Die Königin der Schüchternen: Anna F. ist eine von Österreichs bekanntesten und erfolgreichsten MusikerInnen. Sie coacht nicht nur potenzielle Jürgenses und Wursts, sondern schreibt auch selber Texte. Und wie.

Liebe/r Leser_in, eine alte Lebensweisheit von Dr. Hasenbein dreht sich bekanntermaßen um den Einklang der eigenen schnöden Existenz mit Formen menschlichen Handelns, überliefert in der einfachen Ausprägung einer Skulptur.

Für den Laien meine ich damit: Nach monatelanger Detailarbeit, wie hiesige MusikerInnen denn ihre Texte zusammenschustern, ist es an der Zeit jemanden zu befragen, der in den verschiedenen Stadien der Liedschreiberei sein Innerstes nach außen kehrt und sich professionelle Hilfe holt. Das ist ein bisschen so, als hättest du Zahnweh und anstatt dir von deinem Bruder den Schmerz mittels Schnur und Auto aus dem Gebiss zu reißen, gehst du dann doch lieber zum Arzt.

Nun also John Dawa. Seines Zeichens hochdekorierter Sänger und Songschreiber einer der interessantesten Bands des Landes, die in den letzten Monaten vor allem durch viermaliges Verschönern des gewohnt zachen Freitagabends aufgefallen sind und die mit dem einen oder anderen Kracher auch den größten Radiosender des Landes (komischerweise meine ich damit nicht FM4) von innen aufmischen.

Schreiben im Schloss

Wie von Ihnen, meine lieben aufmerksamen LeserInnen, sicherlich schon bemerkt: Es handelt sich hier um jemanden, der sein Leben lang Lieder schreibt und nun auf einmal, im Zuge der Vorausscheidung zum Song Contest, dazu verdonnert wird, auf einem dreitägigen Aufenthalt in einem Schloss mit einem ihm persönlich unbekannten "Songschreiber" einen Hit aus dem Ärmel zu schütteln. John ist ein wahnsinnig angenehmer Gesprächspartner. Bodenständig, ein klein bisschen schüchtern, interessiert und bescheiden redet er von seinen Helden Neil Young und Josè Gonzalez, von Busfahren im Waldviertel und die Möglichkeit, den Nebel vor ihm mit der Hand zu teilen.

John Dawa

Andreas Födinger

Lieber Good Vibrations als Siegersekt

Dawa arbeiteten im Zuge der Vorausscheidung des Song Contests mit zwei Songwritern zusammen: mit Lukas Hillebrand und mit Jimmy Harry, wobei vor allem der letztgenannte meine Aufmerksamkeit abbekommt: James Harry schrieb und produzierte Lieder für Madonna, P!nk und Kylie Minogue, alle zusammen jetzt nicht unbedingt als Häusln in die Annalen der Musikgeschichte eingegangen. Wie das denn so ist, mit jemanden zusammenzuarbeiten, der einen ganz anderen Zugang zur Kunst hat, will ich von John wissen. Eine gewisse Skepsis schwingt zwar in seinen Antworten mit, dennoch sei er mehr als positiv überrascht von der - in Rock'n'Roll-Language - Kollabo gewesen. Harry habe vor allem auf der persönlichen Ebene mit ihnen zusammengearbeitet, die Gitarre an den Nagel gehängt und durch "Vibes" und positiver Energie herausgefunden, wer Dawa sind und was sie wollen. Weil am Ende des Tages aber nicht "good vibrations" den Song Contest einstreifen, sondern musikalisches Beiwerk, habe man sich dann doch an die Arbeit gemacht und den von mir persönlich aufgrund seiner winzerischen Referenzen sehr gemochten Song "Feel Alive" aufs vorher weiße Blatt Papier geschnalzt.


Das Ergebnis von einem Tag Arbeit mit Jimmy Harry: Feel Alive

Live

  • Dawa spielen am 24.04.2015 auf dem Noppen Air, gemeinsam mit lässigen Kolleg_innen von Wanda und Naked Lunch.
  • Und! am 16. Mai am Linzfest, gemeinsam mit James Hersey, Chakuza uvm. Alle Infos dazu hier.

Das Krügerl an den Kopf geworfen

"Es war einfach so schön, weil er von Anfang an verstanden hat, was wir machen", meint John. Als ich ihn frage, ob das nicht auch eine riesige Portion Mut verlangt, seine persönlichsten Gedanken mit jemandem zu teilen, der die Liederschreiberei vom Büro aus machen könnte, meint John: "Dadurch, dass er sich auf uns eingelassen hat, konnten wir uns auch auf ihn einlassen." Jimmy wisse genau, was er äußern müsse, um an eine Band ranzukommen. "Du öffnest dich automatisch, weil du das Gefühl hast, dass du dich wohl fühlst." Man merkt: Dawa brauchen den Wohlfühlfaktor zum Lieder schreiben, einen Hassklumpen werden sie nicht in die Welt schleudern. Brauchen sie aber auch nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass John Dawa so einer ist, der dir nachts ein halbvolles Krügerl an den Kopf schmeißen will, um endlich den Code deiner Bankomatkarte zu erfahren.

Auf den Sieg wird gepfiffen

Vom Ergebnis ist John überrascht, er betont die Gutgelauntheit und die "good vibrations" des Ergebnisses, auch wenn man von den Beach Boys natürlich ein Stück weit weg gesurft ist: "Ohne Jimmy hätten wir niemals so einen Song schreiben können."

Auch von der konzertanten Performance des Smashers "Feel Alive" ist John angenehm beeindruckt. Es funktioniere, meint er. Sie hätten auch Spaß, das Lied zu spielen. Die Teilnahme an der Song-Contest-Vorausscheidung hat nur Vorteile für Dawa gebracht. Da ist es ihm eigentlich piepegal, dass Dawa schlussendlich nicht Österreich in Wien vertreten werden. Also. Tun sie ja schon. Aber halt nicht in der Stadthalle.