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Arthur Einöder

POP: Partys, Obsessionen, Politik. Ich fürchte mich vor dem Weltuntergang, möchte aber zumindest daran beteiligt sein.

22. 8. 2010 - 11:42

11 Prophezeiungen

Inspiriert von der letzten Nacht im Nightpark am FM4 Frequency Festival.

Du musst ja nicht gleich ins Jahr 2525 vorausblicken. Oft reicht ja das nächste Jahr, sprich 2011.

Wer bis dahin Bürgermeister deiner Stadt ist, mit wem du dir die Wohnung teilst, und ob David Miliband britischer Partyminister wird, weiß immer noch ausschließlich Gerda Rogers. Ein paar andere Dinge zeichnen sich allerdings mehr oder weniger wahrscheinlich ab, wie ich nach drei Tagen im Nightpark am FM4 Frequency Festival weiß.

eva brunner / fm4

1. Der Sonntag ist zum Vergessen.

Na gut, das ist jetzt der kleinstmögliche Zeithorizont, in dem sich Prophezeiungen bewegen. Dafür ist die Vorhersage nicht sonderlich schwierig. Wer drei Tage lang am Festival war, sprich drei Tage gefeiert, getanzt und rumgebrüllt hat (wie denn auch anders, bei diesem Lärm!), tut sich mit der Heimreise schwer. Damit meine ich gar nicht, dass es schwierig ist, einen Fuß vor den anderen zu setzen oder Fortbewegungsmittel in Betrieb zu nehmen (du bist ja nicht Otto Schenk). Aber die mitgebrachte Couch, das 21-teilige Soundsystem und der Proficampinggrill stellen sich mittwochs in der Vorfreude wesentlich einfacher auf, als sie sich sonntag mittags abbauen. Und Couch- und Zeltanzünden ist dieses Jahr sogar hochoffiziell verboten.

2. Nero sind die neuen Pendulum

Das Copyright für diese Voraussage liegt bei Snitchbro Paul. Der war vom Set des britischen Drum'n'Bass-meets-Dubstep Newcomers ganz begeistert und spricht schon von einer symbolischen Weltpokalübergabe, die in den nächsten Monaten stattfinden könnte. Nero geben auf der Red Bull Tank Stage ordentlich Gas, und böllern munter in den Sonntag hinein. Nero sind also voll der Burner, oder wie man da sagt. Dabei ist Nero-Hälfte Joe schwer verkühlt angereist.

3. Nero bringen ein Album unters Volk

2011 wird das Teil bei MTA, dem Label von Chase'n'Status erscheinen.

eva brunner / fm4

4. iPads werden der neue DJ-Trend

Allzu oft passiert das ja auch nicht, dass du einen Blick auf die Bühne des DJs erhaschst und dabei was komplett Neues entdeckst. Aber was liegt da bei Deadmau5 neben seinem Megamäusehelm? Ein iPad. Zum Ausprobieren seines neuen Spielzeugs hat sich der kanadische Spezialist für anspruchsvollere House-Sachen ausgerechnet das FM4 Frequency Festival ausgesucht. Sein Serato hat er erstmals mit einer iPad-Applikation gesteuert, die vermutlich irgendwie einen MIDI-Controller simuliert. Weiß wer, wie dieses iPad-Gimmick heißt?

5. Paul wird der neue Modename für Babys

Das Statistische Zentralamt war früher möglicherweise so etwas ähnliches wie der Inlandsgeheimdienst Österreichs. Früher deswegen, weil es damals noch so geheißen hat, und es inzwischen ja Facebook gibt. Mittlerweile nennt sich das Ding Statistik Austria und arbeitet immer noch akribische Dossiers aus. Aktuell ist zum Beispiel die Zeitverwendungserhebung 2008/2009 erschienen. Da wurden zum Beispiel zum Thema Wochenende folgende nützliche Fakten erhoben:

Das Wochenende bietet im Durchschnitt mehr Zeit für Erholung und Entspannung. So werden Samstag und Sonntag auch zum Ausschlafen genutzt, die durchschnittliche Schlafdauer steigt auf fast 9 Stunden. Die Zeit wird vermehrt für die Pflege von sozialen Kontakten (1 ½ Stunden; werktags 57 Minuten) und für Freizeitaktivitäten (4 Stunden 50 Minuten; werktags 3 Stunden 19 Minuten) genutzt.

Außerdem führt die Statistik Austria auch Buch darüber, wie Kinder in Österreich genannt werden. Leonie und Lukas liegen im Moment in Führung. Spätestens wenn im Mai 2011 die ersten Frequencybabys auf die Welt kommen, wird Paul da auch ganz vorn mitmischen - so eng, wie alle beim Set von Paul Kalkbrenner getanzt haben.

eva brunner / fm4

6. Die Welt wird immer kleiner

Schlachthofbronx aus München machen aus südafrikanischen Rhythmen Musik fürs Oktoberfest. Diplo aus Philadelphia bedient sich an der Kreativität des brasilianischen Funk und als Major Lazer groovt er sich durch die jamaikanische Musikgeschichte. Was kommt als Nächstes? Ein Wiener, der den Musikantenstadl moderiert?

7. Der Nightpark wird immer kleiner

Letztes Jahr gabs zum ersten Mal den Nightpark beim FM4 Frequency Festival, vielleicht erinnert sich ja noch jemand. Damals gab es Pyroshow bei Boys Noize. Booka Shade haben eine aufwändige Liveshow geliefert. Und Crystal Castles haben ebenfalls die Livesituation ausgereizt und mit ihrem Publikum gespielt.

Aber dieses Jahr? Mit Major Lazer war gerade einmal ein einziger elektronischer Liveact mit von der Partie. Die Bühne am Urban Art Forms Floor ist im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft, von Pyros gar nicht erst zu sprechen. Schon möglich, dass Muse ganz schön viel Gage kassieren und die Securities, die dir mutwillig das Leben schwer machen, auch Ehemann und Kinder zu ernähren haben; aber warum muss das ausgerechnet auf Kosten des Nightparks gehen? Prophezeiung für 2011: DJ Elk wird zwei Mal geklont und jede Elkinstanz legt jeden Tag drei Mal acht Stunden auf.

eva brunner / fm4

8. Der DJ wird zur virtuellen Größe

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Offensichtlich wird die Anwesenheit eines DJs aus Fleisch und Blut, den du auch als solchen erkennen kannst, als einigermaßen überschätzt bewertet. Anders lässt sich die leider durchaus danebene Konzeption in der Halle namens Red Bull Electro Tank Stage nicht erklären. Der DJ spielt nämlich nicht auf einer Bühne sondern auf dem Dach einer Bar. Die Bar kommuniziert gut sichtbar, welche Getränke sie verkauft und macht mit Leuchtreklame auf sich aufmerksam. Der DJ am Dach muss da in Sachen Aufmerksamkeit zurückstecken. Der Star ist das Getränk. Früher haben faule DJs wenigstens vorgetäuscht, als würden sie extrem dringend gerade Filter X oder Regler Y einstellen müssen und haben dafür diverse Knöpfe gedreht. Mittlerweile könnte die Electro Tank Stage genausogut DJs aus Oberpullendorf oder vom Mond via Internet zuschalten.

9. Die Rückkehr des Kommunismus

Stell dir vor: Jemand extrem Böses (möglicherweise Kommunisten) belegt in seinem Land Wasser von außerhalb mit hohen Strafzöllen, beziehungsweise verbietet die Einfuhr überhaupt. Nur an ausgewählten staatlich kontrollierten Wassertankstellen darf Wasser zu Wucherpreisen ausgegeben werden. Zu sämtlichen ehemals öffentlichen Wasserleitungen wird der Zugang gesperrt, beziehungsweise nur den obersten Kadern der Partei zugänglich gemacht. Du meinst, das wäre verrückt? Du sagst, es gibt keine Kommunisten mehr? Dann hast du wohl noch nie versucht, im Nightpark ein Glas Wasser zu bekommen.

eva brunner / fm4

10. Es wird Regen geben

Ein regenfreies FM4 Frequency Festival kann ja nur ein so genannter statistischer Ausreißer gewesen sein. Das muss kompensiert werden. Und die Fantastischen Vier waren ja auch schon lang nicht mehr da.

11. Wir sehen uns beim nächsten FM4 Frequency