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Arthur Einöder

POP: Partys, Obsessionen, Politik. Ich fürchte mich vor dem Weltuntergang, möchte aber zumindest daran beteiligt sein.

22. 8. 2009 - 20:31

FM4 Frequency Nightpark

Dieses Jahr neu: Festivalparty bis 6 Uhr früh.

Na bumm: keine Ahnung, wie wir das früher gemacht haben. In einem vergleichsweise stiefkindlich behandelten Festivalzelt haben wir halt noch die eine oder andere Stunde angehängt. Oder wir haben den Campingnachbarn mit Beats aus dem Ghettoblaster um den Schlaf gebracht.

Alles suboptimal im Vergleich, was da und dort schon veranstaltet wird, um das Festivalwochenende richtig auszunützen. Weil eigentlich ist es ja voll widersinnig. Da freut man sich den ganzen Tag, sagen wir, auf Grace Jones, nach Stunden des (durchaus kurzweiligen) Wartens, kommt SIE dann auf die Bühne, und nach dem letzten Uh solls das gewesen sein?

Dafür gibts ja jetzt den Nightpark mit drei eigenen Floors. Und das ist sehr super.

Da ist zum Beispiel das deutsche Technophänomen Booka Shade live aufgetreten, haben 2ManyDJs ihr Irrsinnsset hingelegt, für das das inflationär gebrauchte eklektisch eine beinahe bösartige Untertreibung ist, hat Carl Cox die Menge angetrieben, und Aphrodite hat uns das Hirn aus den Ohren geblasen.

Tanzende Menschen vor Bühne im Gegenlicht.

Bernhard Ranner, Urban Art Forms

Party

Bernhard Ranner, Urban Art Forms

Top Drei Sachen am Nightpark so far:

3. Der Sonnenaufgang im Innenhof (nächstes Jahr dann bitte mit Open Air Bühne!)

2. Ex-Libertines-Chaot Carl Barat tanzt zu Drum'n'Bass bei Aphrodite

1. Der Confettiregen übers Publikum beim Set von Carl Cox

Zwei Festivals in einem sollten das Frequency dieses Jahr sein. Die altbewährte gitarrenlastige Sause im so genannten Daypark - DJs und elektronische Acts im Nightpark. Die beiden Festivalteile sind via Shuttlebus verbunden. Zu Fuß hab ich rund dreißig Minuten gebraucht - das ist vor allem dann zu empfehlen, wenn nach Ende des Hauptacts plötzlich der ganze Daypark zu den Bussen aufbricht, die aber sowieso ihre Probleme haben, sich ihren Weg durch die Fußgänger zu bahnen.

Abgesehen von der Distanz haben Day und Night aber schon sehr viel gemeinsam. Einerseits, weil sich ab und zu ein Rockstar vom Tag in der Nacht hinters DJ-Pult stellt (so wie Bloc Party Sänger Kele gestern). Andererseits, weil das mit den 2 Festivals in 1 natürlich ein bisserl übertrieben ist. Der Nightpark ist in erster Linie die Aftershowparty. Auch wenn die Stimmung ausgezeichnet ist - Fans, die tatsächlich wegen des Acts da sind, gibts nicht so viele. Vor allem im schönen großen Innenhof der ehemaligen Panzerkasernen, wo es links und rechts zu den beiden Hauptfloors reingeht, haben es sich die müden Festivalrocker bequem gemacht. Schlafen den Schlaf der Gerechten, zählen ihre Knochen oder meditieren. Oder wie man da halt sagt.

Frau mit Perücke und Mann mit rosa Baseballkappe haben Spaß.

Bernhard Ranner, Urban Art Forms

Ganz anders in den vorderen Reihen der beiden Hallen. (Sie heißen übrigens Urban Art Forms Floor und Elektro Floor.) Da weht ein kleiner Hauch von den großen internationalen elektronischen Festivals auf unserem Frequency. Besucherinnen und Besucher, die sich schick gemacht haben für the big night out. Dazwischen immer mal wieder verirrte Farin Urlaub Fans, die auf ihrem nächtlichen Ausflug die Vorzüge von Techno und Carl Cox schätzen lernen.

Interessant: auch der Tagesdresscode hat sich für die Nachtschiene durchgesetzt. Die Chance, nur mit baggy shorts bekleidet in einen Club reinzukommen war nie größer. Ebenfalls voll im Trend: zweckmäßiges Festivalrockergewand. Das unterscheidet den Frequency-Nightpark dann doch signifikant von Melt! und Konsorten, wo die nächtlichen Tanzflächen zum Ausführen extravaganter und vermutlich eher unpraktischer Outfits genützt werden.

Schick in Festivalklamotten geht aber natürlich auch:

Partygast mit Stromfrisur inmitten tanzender Menschen.

Bernhard Ranner, Urban Art Forms

Frau mit Krone auf Party.

Bernhard Ranner, Urban Art Forms

Die Party im Nightpark baut sich kontinuierlich auf. Am ersten Tag hab ich um zehn, als sich die Schleusen geöffnet haben, noch gezittert: weil sich das Kasernengelände nämlich erst nach Ende der Show von Peter Fox drüben so richtig gefüllt hat. Dann aber haben 2ManyDJs die Bühne geentert und nicht einmal der Totalausfall der Bühnenanlage hat uns dann mehr vom Tanzen abgehalten. Die Dewaele-Brüder waren danach zwar sichtlich enorm gepisst, wie die fixe Crew aber innerhalb von drei Minuten eine komplette Anlage getauscht hat, war beeindruckend.

Heute (oder gestern, oder so - am zweiten Tag halt! Samstag!) hat es sich dann aber herumgesprochen. Schon zum Start der Liveshow von Booka Shade war der Floor zum Bersten voll. Booka Shade sind übrigens immer wieder ein Traum. Auch wenns möglicherweise der Act ist, den ich in letzter Zeit am Häufigsten gesehen hab: die schillernden LED-Bälle, der pure, klare Sound, die Schlagzeug-Liveeinlagen und die unschuldig-enthusiastische Ausstrahlung von Arno und Walter verleiht eigentlich jeder Location eine spezielle Booka Shade atmosphäre. Schön.

Vielen Dank an Bernhard Ranner vom Urban Art Forms Team für die Fotos!

Nach Ende des Sets hat sich Arno übrigens sofort in den Tourbus an den Laptop gesetzt. Er hatte eine Songidee, die er gleich zu programmieren begonnen hat. Vielleicht gibts am neuen Album, das Anfang nächsten Jahres erscheinen soll, ja einen Frequency-inspirierten Song zu hören?

Am dritten Tag gehts übrigens weiter mit Crystal Castles, MSTRKRFT und Boys Noize. Spätestens da werden wir die Kollegen vom Daypark in Sachen Lineup dann übertrumpfen. Haha!

Die Nightpark-Halle bebt.

Bernhard Ranner, Urban Art Forms