Erstellt am: 13. 1. 2014 - 10:39 Uhr
Golden Globes
Warum die Golden Globes ein Kasperltheater sind, dass niemand so wirklich ernst nimmt, kann man im letztjährigen Eintrag zur Preisverleihung nachlesen
Christoph Waltz hat einen Schnurrbart, Diane Keaton hat gesungen, Woody Allen mit Abwesenheit geglänzt und Jared Leto über Körperhaarentfernung referiert: Das waren die Golden Globes 2014. Angefangen hat alles mit einem Fauxpas sondergleichen, der rote Teppich wurde geflutet, offenbar hat grelles Scheinwerferlicht die Sprinkleranlage ausgelöst und der nasse Teppich formerly known as red carpet musste geräumt werden. Da musste man sich zur Nervenberuhigung gleich mehrmals das Foto von Rashida Jones und Aziz Anzari anschauen, die gemeinsam am Weg zur Preisverleihung waren oder aber das Bild, das Michael Fassbenders Schwester als seine Begleitung zeigt und Horden von Fassbender-narrischen Twitterantinnen zu "Awwww"-Tweets verleitet hat.
Poehler und Fey
Die Präsentatorinnen, die fantastischen Amy Poehler und Tina Fey, hatten die Latte der superen Eröffnungsreden letztes Jahr ziemlich hoch gelegt und sind dieses Jahr nicht ganz daran herangekommen. Etwas milder als im Jahr zuvor bezeichneten die beiden den Cecil B de Mille Award, der dieses Jahr an Woody Allen geht, als Auszeichnung für the tiniest man with the biggest glasses", beschrieben "Gravity" als "the story of how George Clooney would rather float away into space and die than spend one more minute with a woman his own age" und verweilten thematisch bei "Frauen in Hollywood". "Matthew McConaughey lost 50 pounds for his role in "Dallas Buyers Club" or what actresses call "being in a movie", so Poehler.
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"American Hustle" räumt ab
Was bleibt übrig von drei Stunden Show (or as Martin Scorsese calls it, "Act One", wie Tina Fey meint)? Die leicht seltsame Dankesrede von Jaqueline Bisset und ein ordentlicher Vorsprung in Sachen medialer Aufmerksamkeit und Preisansammlerei am Weg zu den Oscars für "American Hustle", David O. Russells grandiosem Korruptionsdiscotango, den Amy Poehler als "an explosion at the wig factory" beschrieben hat. Haar- und dialogtechnisch ein Freudenfest, dieser Film.
Nicht nur wurden Jennifer Lawrence und Amy Adams als beste Neben- bzw Hauptdarstellerin ausgezeichnet, "American Hustle" gewann auch in der Kategorie "Best Comedy/Musical". Nur Christian Bale - ebenfalls für "American Hustle" nominiert - ging leer aus, aber Leonardo diCaprio wäre wahrscheinlich auch im- oder explodiert, wenn die Auszeichnung als bester Darsteller in einer Komödie (für seine wahnsinnige Darstellung in "The Wolf of Wall Street") nicht an ihn gegangen wäre.
- Tina Fey mocks Michael Bay
- Buzzfeed-Würdigung von Jared Letos Frisur, dem Pony-bin
- Dankesreden-Ranking
- The real winners and losers
- Aua: E! sollte sich nochmal genau überlegen, was ein "Fun Fact" ist. Eher nichts, wo dann "Parkinson" vorkommt.
DiCaprio hätt gern einen Oscar
"The Wolf of Wall Street" ist im Grunde ein einziges "Gebt mir endlich einen Oscar"-Gebahren von DiCaprio und ein Golden Globe am Weg dahin kann nicht schaden. DiCaprio dankt Martin Scorsese und seinen Eltern und die platzen auch sicher vor Stolz, als Poehler und Fey später DiCaprio mit den Worten "Like a supermodel's vagina, let's give a warm welcome to Leonardo di Caprio" ankündigen. Apropos vagina, darum ging es auch fast in Jared Letos Dankesrede, wie erwartet wurde er für seine Darstellung des transsexuellen Rayon in "Dallas Buyers Club" ausgezeichnet und teilte seine Erfahrungen über Körperhaarentfernung mit dem Publikum.
Versöhnung mit Leto
Wer - wie ich - bei Jared Leto bis jetzt gerne mit den Augen gerollt hat, der wird sich anlässlich von "Dallas Buyers Club" ein wenig mit ihm versöhnen, zwar geht sein Spiel immer ein bisschen over the top aber als Ausgleich hat man ja in dem Film die Erdigkeit von Matthew McConaughey, der ebenfalls für seine Rolle in dem Drama ausgezeichnet wird. (McConaughey beginnt seine Rede mit einem weichen "Alright, alright, alright" und verweist auf die Rolle, die ich früher immer heranziehen musste als Beispiel dafür, dass McConaughey ein Guter ist: Wooderson in "Dazed and Confused").
"Behind the Candelabra"
Aber zurück zu Leto: So einen guten Schnitt in Sachen "queerer" Rollen haben Hollywood'sche Preisverleihungen selten, nicht nur Rayon ist so eine Figur, die einem lange im Gedächtnis bleibt, sondern auch der in Glitter und Pelz gehüllte Liberace, den Michael Douglas in Steven Soderberghs "Behind the Candelabra" gibt. Filmstudios fanden den Film too gay, er landete schließlich bei HBO und somit im Fernsehen. Sowohl Douglas als auch Matt Damon waren für ihre Darstellungen in "Behind the Candelabra" nominiert, Douglas gewinnt und erklärt Damon auch warum: "I had more sequins". Sowohl Letos als auch Douglas' Gewinn waren keine wirklichen Überraschungen, ebensowenig, dass Cate Blanchett für ihr facettenreiches Spiel in Woody Allens "Blue Jasmine" mit einem Golden Globe belohnt werden würde. Von der Verblendung zu kleinen Hoffnungsschimmern übers Klammern an Erinnerungen und Selbsttäuschungen zum Alkohol und wieder retour. Jasmine ist eine Blanche DuBois des 21. Jahrhunderts.
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Pollesch und The Edge
Apropos 21. Jahrhundert. Das von allen verehrte "Breaking Bad", von dessen unglaublichem Echo auf das Serienende man auch mitgerissen wurde, wenn man - so wie ich - noch nichtmal den Vorspann jemals gesehen hat, wurde wie erwartet als "Best TV Series (Drama)" ausgezeichnet und Bryan Cranston als bester Hauptdarsteller. Beste Hauptdarstellerin in der Serien/Drama-Kategorie geht an Elisabeth Moss in "Top of the Lake", dem düsteren Krimidrama von Jane Campion. The Edge klatscht sichtlich begeistert und René Pollesch lässt sich anlässlich von Moss' Gewinn zu folgendem Tweet hinreißen: "Die Golden Globes sind so Scientology".
Bei Moss' Dankesrede macht die Kamera den Fehler zuviel vom Zuschauerraum einzufangen und es wird einem klar, dass so eine Dankesrede bei den Golden Globes eine gute Schauspielübung sein muss. Einen Text dramatisch abliefern und das, obwohl einem keiner zuhört, ja noch nichtmal Aufmerksamkeit heuchelt. Man darf nicht vergessen, bei den Globes heißt die wichtigste Spielregel "offene Bar". Immer, wenn der Zuseherraum eingefangen wird, sieht man jemanden eine Champagnerflasche öffnen. Überhaupt sind das beste der doch recht öden Show die kurzen Clips bevor es in die Werbepause geht. Da sieht man Joaquin Phoenix aufgeregt mit Bradley Cooper plaudern, Oscar Isaac höflich seinem ganzen Tisch Wasser nachschenken, Emma Watson Grimassen schneiden.
Niki Lauda ohne Kapperl
Als nicht "Please Mr Kennedy" aus dem umwerfenden "Inside Llewyn Davis" in der Kategorie "Best Song" gewinnt, überlege ich kurz, aus Protest meine Arbeit niederzulegen. Stattdessen holt sich U2 die kleine Statuette für "Ordinary Love", den Song aus dem Film "Mandela: The Long Walk to Freedom". Schon alleine wegen Adam Drivers "Uh-Ohs" hätte "Please Mr Kennedy" gleich mehrere Preise gewinnen müssen. Aber machen wir einen Assoziationssalto vom immer mützentragenden Edge zum immerkapperltragenden Niki Lauda, der kurz auftaucht, um gemeinsam mit Chris "Thor" Hemsworth "Rush" zu präsentieren. Man ist dann froh, dass Lauda sich entschieden hat, Rennfahrer zu werden und nicht einen Beruf zu ergreifen, in dem es wichtig ist, dass man gut von einem Teleprompter ablesen kann. Kurz nimmt er das Kapperl auch ab und Laudas eigentümliches Englisch, das sich Daniel Brühl für "Rush" so grandios einverleibt hat, ist nicht die einzige sprachlich interessante Begebenheit des Abends.
Spike Jonze freut sich
Spike Jonze ist sichtlich überrascht in der Kategorie "Best Screenplay" zu gewinnen ("Her" wird als herzzereißender Hipsterfilm in die Chroniken des Jahres 2014 eingehen) und stammelte in ewiger Bescheidenheit "I'm a terrible public speaker and bad at english and it is the only language I know". Aber Jonze behauptet ja auch von sich, kein guter Schauspieler zu sein, bloß um dann in "The Wolf of Wall Street" in einer verschrobenen Strickjacken-Nebenrolle aufzutauchen und zu überraschen. Über seine Schwierigkeiten mit Englisch sprach auch Regisseur Alfonso Cuaron, der als bester Regisseur für den All-Thriller/Geburtsmetapher "Gravity" ausgezeichnet wurde. "This is for the hundreds of people that made this film possible. Because of my thick accent, they end up doing what they thought I said, not what I really said." Cuaron erzählt auch noch die Anekdote, als Sandra Bullock meinte, er würde sagen "Sandra, I'm giving you herpes", wenn er tatsächlich von einem "earpiece" sprach.
Überraschung: "Brooklyn Nine Nine"
Die Golden Globes wissen ja, dass sie nicht wirklich als prestigeträchtige Auszeichnung gesehen werden und geben sich sich selbst deswegen auch den Slogan "Best Party of the Year". Tatsächlich entfärt Seth Myers immerhin ein "Best Night ever" als er den Namen im Kuvert erblickt: Andy Samberg - und das ist eine Überraschung - gewinnt in der Kategorie "Best Performance by an Actor in a Television Series - Comedy or Musical" für "Brooklyn Nine Nine". Eine Jungspund versus Vaterfigur-Cop-Serie, die sich noch in der Wachstumsphase befindet. Samberg sticht Jim Parsons, Jason Bateman, Michael J Fox und Don Cheadle aus. Die Hollywood Foreign Press hat offensichtlich einen Narren an "Brooklyn Nine-Nine" gefressen und sie gewinnt auch noch in der Kategorie "Best TV series, comedy or musical".
Einen unfreiwilligen komödiantischen Moment liefert die Veranstaltung, als sich Samberg bei seinen "The Lonely Island"-Mitstreitern "Kiv and Jorm" bedankt und die Kamera Chris Noth, besser bekannt als Mr. Big, einfängt. Später, als Cate Blanchett sich dankend an ihren "Blue Jasmine" Co-Star Sally Hawkins wendet, weidet sich die Kamera an Mariel Hemingway als würds kein Morgen geben. Ein gedachtes "Best Night ever" entfährt dann mir, als Amy Poehler einen Golden Globe für ihre Rolle der Leslie Knope in "Parks and Recreation" bekommt, ein wunderbares Serienkleinod über Lokalpolitik, Bürokratie und Enthusiasmus mit einem grandiosen Ensemble.
Herzblut und Martinis
Nach Meryl Streeps Rede bei den "National Board of Review Awards", in der sie Emma Thompson würdigte und Walt Disney kritisierte, wird sich das Haus Disney über gute Presse freuen: "Frozen" wird als "Best Animated Feature" ausgezeichnet. Emma Thompson lässt einen kurz aufwachen, weil sie barfuß (das hat letztes Jahr glaub ich Lena Dunham auch gemacht) auf die Bühne kommt, in der einen Hand ein Martiniglas, in der anderen Hand ein paar Louboutins, this is my blood meint Thompson und deutet auf die rote Sohle des hochhackigen Schuhwerks.
Herzblut vergießt schließlich Diane Keaton die den Cecil B. DeMille Award für Woody Allen entgegennimmt, der wie eh und je derartigen Veranstaltungen fernbleibt. Die Beschäftigung mit dem Tod ist immer nur ein Zitat entfernt, wenn es um Woody Allen geht und so zitiert Keaton den seit Jahrzehnten ununterbrochen arbeitenden Regisseur und Drehbuchautor: "One of the nice things about writing or any art is that if the thing's real, it just kind of lives. All the success over it or the rejection, none of that really matters because in the end, the thing will survive or not survive on its merits. Immortality via art is no big deal. Francois Truffaut died. His films live on, but that's not much help to Francois Truffaut. As I've said many times, rather than live on in the hearts and minds of my fellow man, I would rather live on in my apartment."
Und als wäre das nicht schon schön genug gewesen, singt sie für ihren früheren Liebhaber und langjährigen Freund und Kollaborateur auch noch ein Girl Scout Lied: ""Make new friends but keep the old/One is silver and the other's gold. A circle is round/it has no end. That's how long you're going to be my friend. Here's to Woody."
Weniger gerührt sind Woody Allens Ex-Frau Mia Farrow und sein (wahrscheinlicher) Sohn Ronan Farrow. "Time to grab some icecream & switch over to #GIRLS" twittert Mia Farrow, ihr Sohn meint "Missed the Woody Allen tribute - did they put the part where a woman publicly confirmed he molested her at age 7 before or after Annie Hall?"
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Wer "12 years a slave" (für den es übrigens noch bis Dienstag vormittag hier Tickets zu gewinnen gibt) die Daumen drückt, wird schon ein wenig nervös gewesen sein, weil es bis zum Ende siebenmal nominiert war und siebenmal leer ausgegangen ist, aber in der Königskategorie "Best Film (Drama)" holt sich der schonungslos brutale Film einen Golden Globe. Wie jeder Film von Steve McQueen bisher, sorgt auch "12 years a slave" für jede Menge Diskussionen, der rabaukige Filmkritiker Armond White nannte das Drama "Torture Porn". McQueen schließt mit seinem Film eine Hollywood-Lücke, von der Geschichte der Sklaverei und von den perfiden Grausamkeiten und Demütigungen erzählen nicht viele Filme.
Globes und Oscars
Die Award Season ist also eröffnet, mit dem Übergehen von Robert Redford ("All is Lost") und Michael J. Fox ("The Michael J Fox Show") haben die Globes gezeigt, dass sie weitaus weniger sentimental sind, als die Academy Awards. In Sachen Oscars kann man am Donnerstag mit Spekulationen beginnen, da werden die Nominierungen bekannt gegeben, am 2. März findet die Oscarverleihung dann statt. Wie sehr und ob überhaupt man die Golden Globes zu den Oscars in Beziehung setzen soll, kann man zB in der Los Angeles Times und im "Hollywood Reporter" nachlesen. Mir bleibt noch, das beste animated gif der Golden Globes zu präsentieren, natürlich mit Jennifer Lawrence.
P.S. Good news for people who like good news: Amy Poehler und Tina Fey werden auch 2015 die Hosts der Golden Globes sein.