Erstellt am: 8. 11. 2010 - 05:53 Uhr
Mahlzeit!
Vielleicht sitzt du gerade beim Frühstück, hast dir ein Müsli mit Joghurt und Früchten zubereitet, vor dir dampft eine Tasse Tee, oder du schiebst geistesabwesend eine Nussschnecke in dich rein, die du auf dem Weg zu Schule, Uni oder Arbeit noch schnell aus der Bäckerei geholt hast.
Egal wie, das Frühstück lassen die wenigsten aus. Es ist schließlich die wichtigste Mahlzeit am Tag. Zumindest laut einem der noch recht harmlosen und einleuchtenden Ernährungstipps, die uns mehr oder weniger glaubwürdige ExpertInnen täglich im Übermaß kredenzen. Andere Empfehlungen liegen uns dagegen schwer im Magen, weil wir es ja doch nie richtig machen: Isst du zuviel, wirst du krank, isst du zuwenig, wirst du krank, isst du das Falsche, wirst du krank, und selbst wenn du versuchst, dich möglichst gesund zu ernähren, wird dir unter Umständen jemand erklären, du littest unter Orthorexia nervosa.
Du bist, was du isst: Zucker, Salz und Fett
Nach Angaben des Österreichischen Ernährungsberichts 2008 sind rund 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig oder adipös. Bei österreichischen Schulkindern sind etwa 17-18 Prozent der Mädchen und 20-21 Prozent der Buben im Alter von 6-15 Jahren übergewichtig oder adipös.
Nicht zuletzt, um hier die Spreu vom Weizen zu trennen, hat das österreichische Gesundheitsministerium zusammen mit der AGES den Nationalen Aktionsplan Ernährung, kurz NAP.e, erstellt. Er soll dabei helfen, den Lebensstil der ÖsterreicherInnen langfristig auf gesund umzustellen, den Anstieg beim Übergewicht zu stoppen und ernährungsbedingte Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs oder Diabetes zu reduzieren.
Denn machen wir uns nichts vor, im Augenblick sind wir einfach zu dick, weil wir uns zu fettig, zu salzig und zu süß ernähren und gleichzeitig zuwenig Bewegung machen.
Bis 2020 sollen wir das mithilfe des NAP.e in den Griff kriegen. Der zu diesem Zweck erstellte Maßnahmenkatalog ist lang und ambitioniert, und soll dafür sorgen, dass gesunde Lebensmittel in Supermärkten, Gastronomie, Arbeits- und Schulkantinen zukünftig leichter verfügbar, erkennbar und erschwinglich sind. Außerdem beinhaltet er einmal mehr die Forderung nach wissenschaftlich fundierten und vor allem einheitlichen Ernährungsempfehlungen inklusive entsprechenden Kennzeichnungen auf den Produkten. Einigen konnte man sich bis dato allerdings auf nicht viel mehr als die gute alte Ernährungspyramide, die für den NAP.e "neu und erstmals einheitlich" erstellt wurde.
Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit - http://www.bmg.gv.at/cms/site/thema.html?channel=CH0773
Das Allerwichtigste, betont Ingrid Kiefer, Leiterin des Kompetenzzentrums Ernährung & Prävention der AGES, sei aber "gesunde Ernährung von Anfang an". Der NAP.e setzt daher in erster Linie auf Informationsoffensiven, z.B. in Form von Ernährungsberatungen bei Mutter-Kind-Untersuchungen oder als Projektunterricht in Schulen.
Ein voller Bauch studiert nicht gern.
Body Issues - Spezialwoche auf FM4
- Mahlzeit: Eine Portion Infos zum Thema "Essen" (Barbara Köppel)
- Körper zwischen Schönheitsnormen und Selbstmanagement (Irmi Wutscher)
- Die Geschichte der Fitnessstudios (Mari Lang)
- Schöner Arbeiten (Johanna Jaufer)
- Das Radio-Programm im Detail
Genau das macht der gemeinnützige Verein SIPCAN save your life schon seit mehreren Jahren. Gemeinsam mit interessierten SchülerInnen organisiert er gesundheitsfördernde Schulbuffets. Im BRG14 in Wien z.B. liegen seit dem Ernährungsprogramm vor zweieinhalb Jahren jeden Tag frische Vollkornweckerl und Obst in der Vitrine, und nicht wie zuvor Schnitzelsemmeln und Schokoriegel. "Das Angebot wird auch gut angenommen", erzählt Jessica aus der 7A, die als Schnittstelle zwischen SchülerInnen und Buffetbetreiber fungiert. "Als wir allerdings eine Zeit lang auch Cola und alle Süßigkeiten aus dem Sortiment genommen haben, haben vor allem viele aus der Oberstufe protestiert." Jetzt gibt es Cola und Süßigkeiten wieder, allerdings weniger, eher versteckt plaziert und nach einem Ampelsystem mit einem roten Punkt versehen, und damit als "wenig geeignete Schuljause" gekennzeichnet.
Ein schönes Beispiel dafür, dass sich über Jahre angewöhnte Verhaltensweisen nicht von heute auf morgen ändern lassen. Wenigstens ist die Umstellung nicht auf so gravierenden Widerstand gestoßen wie die "Feed me better"-Kampagne von Starkoch Jamie Oliver (als TV-Show Jamie's School Dinners), die 2005 begonnen hat, die eher fragwürdige Verpflegung in britischen Schulen durch fettarme und vitaminreiche Kost zu ersetzen. In Rotherham, England haben daraufhin einige besorgte Mütter ihren Kindern in jeder Mittagspause Burger und Fish'n'Chips über den Zaun gereicht, so erfolgreich, dass sie das Junkfood bald auch an deren MitschülerInnen verkauften. Die armen Kleinen sollten schließlich etwas Vernünftiges essen.
SIPCAN - Manuel Schätzer
Ernährungswissenschaftler Manuel Schätzer von SIPCAN wird jedenfalls nicht müde zu betonen, dass eine "g'scheite Vormittagsverpflegung" nachgewiesenermaßen Konzentration und Leistungsfähigkeit fördert, und zudem meist günstiger und gesünder ist, als alles, was man beispielsweise beim "Mäcki" oder am Kebabstand vor der Tür kaufen kann. Denn ja, es muss gesagt werden, eine ausgewogene und bewusste Ernährung ist unerlässlich für Wohlbefinden und Gesundheit, macht uns zufriedener und lässt uns im Idealfall länger leben.
H*, trink das!
Werbung für Lebensmittel mit Angaben wie z.B. "Gut für die Verdauung" ist laut EU-Verordnung nur dann erlaubt, wenn die positive Wirkung des entsprechenden Nährstoffs eindeutig wissenschaftlich belegt ist. Noch bis 2011 prüft die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, kurz EFSA, welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben diese Anforderungen erfüllen. Aussagen zu bestimmten Lactobacillus-Stämmen sind dabei schon negativ bewertet worden.
Aber sie kann keinen undurchlässigen Schutzschild um unseren Körper aufbauen! Lebensmittelwerbungen versprechen dahingehend ja alles Mögliche. Aus funktionalisierten Lebensmitteln bzw. Functional Food, das vorgeblich unsere Körperfunktionen optimiert, lässt sich hervorragend Kapital schlagen. Kakao macht uns stark und schlau, Margarine ist gut für's Herz, Fruchtsäfte bestehen fast nur noch aus Vitaminen, und Joghurtdrinks sind überhaupt zum Zaubertrank für den modernen, leistungsfähigen Menschen geworden. Je nach Bedarf heilen sie unsere Darmflora, machen uns widerstandsfähiger, schöner oder schlanker. Und weil die Produkte durch ihre probiotischen oder wie auch immer gearteten Zusätze geradezu gesünder als gesund erscheinen, zahlen wir auch gern ein bisschen mehr, und nehmen in dem Glauben, uns etwas Gutes zu tun, täglich eine Dosis an Bakterien und Nährstoffen auf, die eigentlich rezeptpflichtig sein müsste.
Diesen Standpunkt vertritt auch Ernährungsmediziner Maximilian Ledochowski, und plädiert dafür, dass Produktion und Vertrieb von Functional Food genauso kontrolliert werden sollten wie bei Medikamenten. Im schlimmsten Fall sind solche industriell bearbeiteten Lebensmittel nämlich nicht nur einfach überteuert, sondern gefährlich. Etwa wenn Milchsäurebakterien so gezüchtet werden, dass sie die Magensäure überleben und durch die Darmwand treten können, was das Risiko mit sich bringt, dass sie sich irgendwo im Körper ansiedeln, wo sie nicht hingehören. Die einzige Empfehlung, die Ledochowski angesichts des unüberschaubaren Warenangebots noch guten Gewissens geben kann, lautet daher: "Nur ein Nahrungsmittel, das die Großmutter noch gekannt hat, ist als sicher anzusehen."
- Hier findet ihr das ausführliche Programm zur FM4-Spezialwoche Body Issues.
All diese Infos sollen Euch nicht den Appetit verderben, sondern ganz im Gegenteil Lust machen, auf das Menü, das wir für das heutige FM4-Connected zubereitet haben:
- Die Nummer ins Studio lautet 0800 226 996.
- Conny Lee serviert die absurdesten Diäten und Abnehmmethoden zwischen Abnehmzauber und Cookie-Diet
- Ich besuche das gesunde Schulbuffet des BRG14 und frage nach, wie die SchülerInnen die Ernährungsumstellung wirklich verdauen.
- Von Euch wollen wir wissen, worauf ihr beim Essen achtet, und was "normal essen" überhaupt heißt?
- Und Mari Lang geht noch einmal der Frage nach "Functional Food - Marketing Gag oder echt?"
Nahrhaft und bekömmlich soll das alles sein. Wie gesagt: Mahlzeit!