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Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

21. 10. 2009 - 16:27

Blutsfreundschaft

"Soziale Wärme statt Woarme": Die Werbekampagne für einen Kinofilm erhitzt die Gemüter.

Die Premiere von "Blutsfreundschaft" findet bei der Viennale am 28. November statt, der reguläre Kinostart ist am 5. November.

"Soziale Wärme statt Woarme", "Nein zur Homoehe!“ oder "Stopp der Überfremdung!" - dazu Symbolik, die an rechtsextreme Parteien erinnert: Der so beworbene Film ist von Peter Kern und heißt Blutsfreundschaft, den sehenswerten Trailer zum Film gibt es hier. In dem Streifen geht es um die Freundschaft zwischen dem sechzehnjährigen Neonazi Axel und einem schwulen Wäschereibesitzer (gespielt von Helmut Berger). Axel überfällt mit seiner Neonazi-Clique eine soziale Einrichtung und taucht daraufhin bei dem achtzigjährigen Homosexuellen unter. Dieser unterstützt den Jungen, weil er ihn an seine große Liebe erinnert, die er während der NS-Zeit an die Gestapo verraten hat. Doch Axels Nazi-Gang ist mit der sich entwicklenden Freundschaft zwischen den beiden alles andere als einverstanden. Der Film läuft noch nicht in den Kinos, aber die Aufregung über die Werbekampagne ist groß. Eine Gratiszeitung hat sich vom Inserat distanziert, eine Plakatfirma in Wien das Sujet gar nicht affichiert.

Kampagne zu neuem Film Blutsfreundschaft

Goldfish

Die umstrittene Plakatkampagne

Die Viennale auf FM4

Die Werbekampagne hat also ihr primäres Ziel erreicht, es wird über den Film diskutiert. Gesprochen wird vor allem aber auch darüber, wie weit Werbung und Wahlkampf eigentlich gehen dürfen - und das liegt durchaus in der Absicht der Werbenden. Claus Philipp vom Filmverleih Stadtkino: "Sehr interessant ist für mich zum Beispiel ein Bericht im Standard, in dem diese beiden Inserate wiedergegeben wurden. Wir haben also praktisch eine Gratis-Inseratenschaltung erhalten - und das scheint mir auch symptomatisch zu sein im Umgang mit Strache und Co: In dem Moment, wo man das empört noch einmal in den Bildraum stellt, ist die Berichterstattung oder Kritik ein Weiterträger desselben Virus, den sie behauptet."

Kritik übt Claus Philipp daran, dass die Empörung über die Film-Inserate größer zu sein scheint, als die Empörung über reale Wahlkampfinserate mit ähnlichem Inhalt. "Bei unserem Inserat zum Beispiel fühlt sich die Gratiszeitung 'Heute' bemüßigt, daneben einen riesengroßen roten Pfeil zu plazieren, auf dem es heißt: 'Die Redaktion distanziert sich von diesem Inserat.' Das ist bei einem FPÖ-Inserat noch nie passiert. Ich finde es wäre eine interessante psychohygienische Folgeerscheinung, dass man das in Zukunft so hält. So wie man auch manchmal schreibt 'Texte, die hier veröffentlicht sind, müssen sich mit der Meinung der Redaktion nicht decken."

Nicht veröffentlicht wurde das Sujet seitens der Wiener Firma Kulturplakat, einer Gewista-Tochter. Ab heute wird lediglich der zweite Teil, also die Auflösung der Teaser-Kampagne, veröffentlicht. Daniela Grill von Kulturplakat spricht von vertraglichen Vereinbarungen, die sie einhalten müsse: "Es stimmt nicht, dass wir das Plakat abgelehnt haben. Das Sujet schaut jetzt anders aus - eben mit dem Hinweis auf den Film. Wenn man es so von der Gesamtkampagne aus betrachtet, ist es die Teaser-Auflösung. Aber auf dem ersten Sujet war kein Hinweis auf die Veranstaltung (Anm: den Film) zu erkennen. Kulturplakat hat sich damals im Genehmigungsverfahren verpflichtet, nur Kulturveranstaltungen und Events auszuhängen. Das erste Sujet hätte nicht darauf hingewiesen, dass es um eine Veranstaltung geht."

Filmausschnitt Blutsfreundschaft

Novotny & Novotny Film

Filmausschnitt

Peter Kern hat bisher 26 Spiel- und Dokumentarfilme gedreht, darunter "Gossenkind" (1992), "Crazy Boys" (1988) und "Haider Lebt" (2003)

Eine Argumentation, der sich Peter Kern, Regisseur und Autor des Films "Blutsfreundschaft", nicht anschließen kann. Die Reaktion der Gewista-Tochter Kulturplakat erklärt er sich damit, dass es eben leichter sei, über eine künstlerische Intervention zu diskutieren als über die Realität: "Erinnern sie sich noch an die reale Wahlkampfaussage 'Wir sind für die Ärmsten der Armen und nicht für die Wärmsten der Warmen.' Der Spruch ist ja schon fast besser als der, den wir jetzt benutzt haben. Und wo habe ich da irgendwelche Hinweise gesehen wie in der Zeitung Heute, 'um Gottes Willen, diese Partei ist nicht ernst zu nehmen.' Wo wurde das öffentlich so hochgespielt und diskutiert? Da hat man sich nicht getraut. Das heißt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Die Kunst kann eine Diskussion und muss eine Diskussion in Gang bringen, um wirklich dort hinzuzeigen und zu sagen: Leute, lasst euch das nicht gefallen."