Erstellt am: 3. 9. 2016 - 12:34 Uhr
Tiere im Todeskampf
Europäische Großwildjäger fahren in den Busch, liegen auf der Pirsch und schießen Impalas, Zebras und Gnus. "Ein Urlaubsfilm über das Töten, ein Film über die menschliche Natur" - heißt es provokant im Pressetext zu Ulrich Seidls Film "Safari", der heute zum ersten Mal der Öffentlichkeit in Venedig präsentiert wird. Die Dokumentation zeigt auch, wie die Tiere nach dem Abschuss verenden und wie Giraffen und Zebras von namibischen Jagdgehilfen zu Trophäen weiterverarbeitet werden. Das hat die Tierschützer schon vor der Weltpremiere von "Safari" in den Social Media zu heftigen Protesten und Stimmungsmache gegen den Film veranlasst.
Filmfestspiele in Venedig
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Tiere im Todeskampf Gespräch mit Ulrich Seidl zu "Safari"
Das Tier im Menschen hält durch
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Preisträger 2016
Vor Jahren war Seidl mit seinem Film "Paradies: Glaube" im Wettbewerb in Venedig vertreten, auch da hat es im Vorfeld Prosteste gegeben. Ich habe Ulrich Seidl kurz vor der Premiere in Venedig getroffen.
Ist das etwas, was schon mehr oder weniger zu einem Déjà-vu wird? Proteste gegen einen Ulrich-Seidl-Film in Venedig?
Ulrich Seidl: Das kann man von vornherein so nicht sagen. Es ist natürlich schon so, dass das Thema Jagd und die Jäger an und für sich provoziert, manche Menschen zumindest, die es eben nicht betrifft. Andere verteidigen das Jagen von Tieren und die Großwildjagd in Afrika und dann wird es sehr viele geben, wie eben Tierschützer, die dagegen sein werden und die sich möglicherweise den Film nicht fertig ansehen werden, weil sie es nicht sehen wollen. Aber dazu habe ich den Film auch gemacht, um es zu thematisieren, um etwas über die Menschen zu sagen, die Jagd zu zeigen, wie sie funktioniert und auch zu zeigen, welche Emotionen dabei entstehen, was Menschen empfinden, wenn sie sich anpirschen, wenn sie ein Tier erlegen, was sie dann tun, wenn sie vor dem toten Tier für ein Foto posieren. All das zeigt der Film und das ist der Grund, warum ich ihn gemacht hab.
Stadtkino Filmverleih / Ulrich Seidl / Filmfestspiele Venedig
Man sieht in dem Film "Safari" eine Giraffe, die zu Boden sinkt nach einem Schuss. Ihr Weg zu sterben ist ein qualvoller. Wie geht es dem Regisseur dabei, das zu verfolgen?
Am 16.9. startet "Safari" in den österreichischen Kinos
Ulrich Seidl: So ist es zwar passiert, aber es ist nicht deswegen so passiert, weil wir mit der Filmkamera dabei waren. Sondern es ist deswegen so passiert, weil die Leute, die dafür verantwortlich sind, der Jagdführer und der Jäger der Meinung waren, man müsse dem Tier in seinem Todeskampf sozusagen die Zeit geben. Deswegen wird das so praktiziert. Wie es mir emotional dabei gegangen ist - dazu kann ich nur sagen, mir geht es nicht nur emotional nicht gut, wenn ich so eine Szene miterlebe, sondern es gibt viele andere Situationen mit Menschen vor meiner Kamera oder auch im Vorfeld der Recherche, wo ich auch eine starke Anteilnahme habe und wo es mir vielleicht auch nicht gut geht. Aber natürlich bin ich kein Jäger, ich vertrete das nicht in diesem Sinn, ich würde nicht jagen, aber ich habe diesen Film auch nicht unter der Voraussetzung gemacht, dass ich Jagdgegner bin. Weil ich finde, das wäre die falsche Voraussetzung und auch ein bisschen zu einfach, wenn man sagt, ich bin Jagdgegner, jetzt zeige ich die bösen Jäger. Ich hab versucht, das Thema für mich aufzuarbeiten und auch in diesem Sinne dem Zuschauer zu zeigen, was Menschen fühlen, denken und empfinden, wenn sie jagen.
Sepp Dreissinger