Erstellt am: 30. 7. 2016 - 12:33 Uhr
Going "Inside"
Playdead
Die Nacht im Wald ist dunkel und unheimlich. Schwarz ragen Bäume und Felsen vor uns auf. Der einzige kleine Farbtupfer ist das rote Hemd des kleinen Buben, den wir durch diese Welt steuern, auf einem Weg, der fast immer von links nach rechts führt. Allein sind wir hier aber nicht: Unheimliche Männer mit Taschenlampen verfolgen uns, und vor ihnen und ihren blutrünstigen Hunden können wir uns nur durch Verstecken und schnelle Flucht retten. Aus dem Wald führt der Weg zu menschenleeren Bauernhöfen, Industrieruinen, einer gespenstischen Stadt und schließlich ins Herz der Dunkelheit, die diese eigentümliche Dystopie umhüllt.
Was für eine Welt das ist, wer genau uns hier ans Leben will und wohin wir eigentlich unterwegs sind, verrät uns das Indiespiel "Inside" nicht direkt. Stattdessen erzählt es seine Geschichte mit einfachsten Mitteln ganz ohne Worte dadurch, dass wir uns immer weiter ins Zentrum seines Geheimnisses voran bewegen.
"Limbo" 2.0
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"Inside" ist auf eine gewisse Weise der Nachfolger eines Kultspiels, auch wenn es kaum inhaltliche Überschneidungen zu diesem gibt. Vor sechs Jahren begeisterte "Limbo" desselben dänischen Entwicklers die ganze Spielerschaft. Zu Recht gilt es bis heute als eines der allerersten großen Kult-Indiespiele. Wie in "Inside" steuerten wir da einen kleinen Jungen von links nach rechts durch eine düstere, atmosphärische Welt, und in beiden Spielen ereilt uns der Tod auf vielfältige, makabre Art und Weise.
Dank fairer Speicherpunktverteilung und dem Verzicht auf allzu haarige Sprungpassagen fällt dieses Trial-and-Error-Gameplay aber kaum jemals unangenehm frustrierend auf - tatsächlich ist "Inside" mit seinem stärkeren Fokus auf selten besonders knifflige Timingpassagen bedeutend einfacher als das vor allem im späteren Spiel doch recht schwierige "Limbo" geraten.
Die große Stärke beider Games ist ihre spielerische Schlichtheit, und die beginnt auch schon bei der Steuerung. So clever, intuitiv und zugleich elegant lassen sich die allerwenigsten Spiele bedienen. Simpel ist das Gameplay dabei trotzdem nicht geraten: Auf dem Weg zu unserem ungewissen Ziel müssen Hindernisse überwunden und durchwegs originelle, physikbasierte Rätsel gelöst werden. Statt jedoch, wie andernorts üblich, dasselbe Rätsel wieder und wieder in steigendem Schwierigkeitsgrad in unseren Weg zu legen, wird hier geradezu verschwenderisch mit neuen Spielideen umgegangen.
Playdead
Ins Herz der Dunkelheit
"Inside" schafft es dabei bis ganz zum Schluss, uns ständig zu überraschen und wiederholt sich ganz selten. Das funktioniert auch deshalb, weil es nicht sehr lang ist: Nach etwa drei Stunden endet die Geschichte, das dafür aber mit einem Knalleffekt, der lange im Gedächtnis bleibt. Wer nach dem Ende ein zweites Mal die Welt von "Inside" durchquert - um vielleicht vieles mit anderen Augen zu betrachten -, hat mit dem Auffinden gut versteckter Geheimnisse sogar die Aussicht auf ein alternatives Ende. Doch genug davon: Die drei Stunden Spielzeit, am besten am Stück gespielt, sind ein Erlebnis, das man sich nicht durch zu großes Vorwissen verderben sollte.
"Inside" ist für Windows und Xbox One erschienen.
"Inside" sieht auf den ersten Blick recht schlicht aus, doch das täuscht: Sein Style, liebevolle Details und vor allem die fantastische Animation machen es zu etwas ganz Besonderem. Dank seiner akustischen Zurückhaltung wissen die sparsam eingesetzte Musik und herausragend produzierte Soundeffekte ebenso zu überzeugen - "Inside" ist auch wegen seiner langen Entstehungszeit und dank des Erfolgs von "Limbo" wohl recht großen Budgets ein Hochglanz-Indiespiel. Für Kinder ist "Inside" übrigens trotz seines jugendlichen Helden absolut nicht zu empfehlen, dafür ist seine düstere Geschichte zu verstörend.
Dem dänischen Entwickler Playdead ist mit "Inside" auf jeden Fall gelungen, sein Kultspiel "Limbo" in fast allen Belangen zu übertreffen. Ein intensiveres Spieleabenteuer wird es diesen Sommer kaum mehr zu sehen geben.