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Daniel Grabner

Geschichten aus on- und offline, zwischen den Zeilen und hinter den Links

21. 8. 2015 - 11:30

DIY der Extraklasse – Der Wakeboardlift hinterm Haus

Ein DIY-Herzensprojekt aus dem oberösterreichischen Mühlviertel.

Zufällig wird man wohl nie an diesem Ort vorbeikommen. Nachdem man Linz passiert hat, fährt man noch eine knappe Stunde auf Landstraßen dahin, biegt irgendwann auf einen schmalen, kurvigen Weg steil nach unten ab und hat wenig später das Sägewerk im Herzen des Mühlviertels erreicht. Dahinter fließt ein kleiner Fluss vorbei und in das mittägliche Surren der Wespen und dem Kreischen einer Holzsäge mischt sich das typische Platschgeräusch, ähnlich einer flachen Hand, die auf die Wasseroberfläche aufschlägt, gefolgt von Klatschen und Jubelrufen.

Wakeboarder fährt einen Fluss hinauf/hinunter

FM4 / Daniel Grabner

Die Liftstrecke ist ca. 330 Meter lang.

Der Lift hinterm Sägewerk

Hinter dem Sägewerk, am Ufer der „kleinen Mühl“, sitzen eine Handvoll junger Menschen in der Sonne, hören Musik und schauen entspannt aufs Wasser, auf dem gerade einer ihrer Freunde auf einem Wakeboard vorbeirauscht. Seit knapp zwei Jahren befindet sich hier auf einer Strecke von 300 Metern ein Wakeboardlift, ein Herzensprojekt von Matthias, Thomas, Kevin und ihren Freunden, die den Lift nach einer kurzen Planungsphase im Winter 2013 in wenigen Monaten konstruiert und installiert haben. „Kevin und ich sind leidenschaftliche Wakeboarder, und irgendwann hab ich mir gedacht: Warum bauen wir nicht einfach unseren eigenen Lift hier her?“, erzählt Matthias. Dieser Idee gingen schon kleinere kreative Projekte voran, so zum Beispiel der Prototyp eines mobilen Liftes, der von einem Mopedmotor angetrieben wurde. Das Basteln, Planen und Improvisieren dürfte in diesem Freundeskreis also gängige Praxis sein: Auf der Wiese am Flussufer hält ein selbstgebastelter mit Solarenergie betriebener Kühlschrank die Getränke auf Temperatur und ein paar Meter weiter steht ein mit Holz beheizbarer Durchlauferhitzer, ebenfalls eine Eigenkonstruktion, der im Winter für warmes Wasser im (natürlich selbstgegrabenen) Pool sorgt.

Beste Bedingungen

Erfindergeist alleine wäre allerdings für das Groß-Projekt Wakeboardlift zu wenig gewesen. Das Sägewerk, früher eine Mühle, ist Teil des elterlichen Betriebs und verfügt über ein Wasserkraftwerk, mit dem man den Wasserstand der Kleinen Mühl regeln kann. Der Fluss hat hier praktisch keine Fließgeschwindigkeit, also optimale Bedingungen zum Wakeboarden. Auch Matthias‘ Eltern unterstützten das Projekt von Anfang an, stellten Werkzeug und teilweise Material zur Verfügung. Mittlerweile steigen sie selbst hin und wieder aufs Board. „Über die Obstacles trauen sie sich aber noch nicht drüber“, lacht Matthias. Der 24jährige studiert Mechatronik in Linz und hat den Wakeboardlift zu seinem Abschlussprojekt gemacht. Aber auch Kevin (24) bringt technische Expertise in Zerspannungstechnik mit. Der 25jährige Thomas hat das Projekt von seiner Entstehung an filmisch begleitet.

Kosten, Schwierigkeiten und kleine Rückschläge

Stahlmasst

FM4 / Daniel Grabner

Der I-Träger als Hauptmast mit Motor.

Die Materialkosten beliefen sich auf insgesamt rund 600 Euro. Bei den meisten für den Lift verwendeten Materialien gingen Matthias und seine Freunde nach dem Motto „stay local“ vor.

Baumstämme aus dem nahegelegenen Wald, den Hauptmast bildet ein I-Träger aus Stahl, der am Grundstück herumlag, Autofelgen vom Schrottplatz dienen als Umlenkrollen, in denen das Seil läuft. Ein kleiner Felsbrocken aus dem Fluss hält das Seil unter Spannung. Teuerster Posten waren das feuerverzinkte Stahlseil (250 Euro), der Motor (von einer Kreissäge, im Netz ersteigert: 90 Euro) und der Frequenzumformer für die Steuerung des Lifts (150 Euro).

Ein Stein ist durch ein Stahlseil mit einem Masten verbunden

FM4 / Daniel Grabner

Ein Stein am anderen Ende der Strecke sorgt für Seilspannung.

Laut Kevin bestand die größte Herausforderung darin, das Liftseil zu verbinden, ohne einen störenden Knoten hineinzumachen: „Da gibt es einen uralte Technik, die kaum noch einer kann, das sogenannte „Seil spleißen“, eine spezielle Flechttechnik. Die haben wir uns dann aus dem Internet selbst beigebracht.“ Als kleinen Rückschlag könnte man das Hochwasser im letzten Jahr bezeichnen, das die in mühsamer Tüftelarbeit konstruierten Obstacles weggespült hat. „Wir haben die nirgends mehr gefunden, uns dann aber gesagt, wenn wir’s schon neu machen, dann aber noch besser.“ (Matthias).

Perfekt für Anfänger

Doch nicht nur erfahrenen Wakeboardern hat der DIY-Lift hinterm Sägewerk schon viel Freude bereitet. Kevin schätzt, dass hier in den letzten eineinhalb Jahren mindestens 15 Menschen aus der Umgebung das Wakeboarden gelernt haben: „Hier sind auch super Bedingungen, um das ganz entspannt und individuell anzugehen, man hat immer jemanden im Wasser, der einen Anweisungen gibt, die Liftgeschwindigkeit ist stufenlos regelbar, und bei einem Sturz können wird sofort angehalten.“ Ein Luxus, den man bei herkömmlichen, kommerziell betriebenen Wakeboardliften nicht hat.

ein Wakeboarder springt über ein Obstacle

Bigbadsägewerk

So schwer das kleine Flussstück hinterm Sägewerk auch zu finden sein mag, so ungern möchte man von hier wieder weg, und es dauert auch nicht lange, bis man sich selbst das Brett unter die Füße geschnallt hat und nach ein paar Versuchen die ersten Meter auf der Kleinen Mühl entlang fährt. Ein gutes Gefühl.