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Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

27. 11. 2014 - 12:37

Das FM4 Gipfeltreffen mit Chuzpe und Sex Jams

Alles was vom Punkrock übrig blieb ist ein Tinnitus und ein Gedächtnis wie ein Sieb: Robert Wolf, Sänger der legendären Band Chuzpe im Gespräch mit Katarina Trenk, Sängerin bei Sex Jams.

Das FM4 Gipfeltreffen mit Alex Augustin.

Diesmal zu Gast:
Katarina Trenk von Sex Jams und Robert Wolf von Chuzpe

Donnerstag, 27. November um 21 Uhr auf FM4.

und danach:

Treffen zwei Musiker_innen aus unterschiedlichen Ecken, Genres oder Generationen aufeinander und sollen sich eine Stunde lang miteinander unterhalten. Was haben sie sich zu sagen? Was wird passieren? Diesmal krachen wieder einmal zwei spannende Persönlichkeiten aufeinander: Katarina Trenk, Sängerin und Texterin bei Sex Jams und Robert Wolf aka Robert Räudig, Sänger, Gitarrist und Texter der Wiener Band Chuzpe.

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Ich erinnere mich gut: Mein erster Kontakt mit Chuzpe verlief über diese ganz besondere Joy Division-Coverversion von "Love Will Tear Us Apart", die im Radio gelaufen ist. Dazu noch ein paar Worte von Kollegen Martin Blumenau über diese - angeblich legendäre - Band. Das war Ende der 1990er, ich noch lange nicht bei FM4, sondern noch Musikkonsumentin in den Teenagerschuhen. Punk beschäftigte mich damals, als zwei Jahrzehnte zu spät geborene, eher als faszinierendes Lebensmodell der Vergangenheit, dessen Blütezeit natürlich längst vorbei war.

Es war mehr die alternative Denkhaltung, als die Musik, die mich erreicht hat. Natürlich auch der Style, der eine Alternative zum irre teuren Markenwahn geboten hat: Die zerfledderten Doc Martens, die speckigen Army Jacken, die "Palästinenser-Halstücher", inklusive Ratte als lebendiges Schmuckstück drin sitzen. Abhängen vorm Haas-Haus und im Wiener Stadtpark, bis die Stadt die Punks mit einer eigenartigen "Rasenbewässerungs-Offensive" vertrieben hat. Im ständig nassen Gras ließ es sich nicht mehr gut chillen.

Chuzpe gelten als Wiens "erste Punkband". Robert Wolf aka "Robert Räudig" hat die Band damals, 1976, angesteckt von Bands wie den Ramones, gegründet. "Was die können, das können wir auch", dachte er sich frech. Robert Wolf, im Hauptberuf Postler im ersten Wiener Gemeindebezirk, verteilt am Tag Briefe und Pakerl. Roter Iro inklusive. Sein Freund Christian Brandl hackelt in einem der wenigen guten Plattenläden im damals grauen Wien. Ein weiterer Kumpel - Ali Griehmann - kann zwar kein Instrument spielen, besitzt aber eine Lederjacke, "was damals schon ausreichte für die Credibility und um in einer Band zu spielen". Nach Ladenschluss proben Chuzpe im Plattenladen inmitten der Tonträger.

"Im Rücken hatten wir die 'Märchenabteilung'", erzählt Robert Wolf lachend im FM4 Interview. Auftrittsmöglichkeiten sind rar. In Jugendzentren und Hinterzimmern von Gasthäusern werden Konzerte gespielt. Punkrock, das war damals nicht mehr als ein paar schnell gespielte Lieder auf schlecht überspielten Audiokassetten. Fasziniert von diesem neuen Sound unternimmt Robert Wolf 1980 einen spontanen Englandtrip, auf dem er die Band Joy Division entdeckt, deren Sänger Ian Curtis sich eben das Leben genommen hat. Zurück in Wien covern Chuzpe "Love Will Tear Us Apart" und landen damit überraschend in den Ö3 Charts. Die Version von Chuzpe wird bekannt noch bevor das Original in Österreich gespielt wird.

Katie Trenk und Robert Wolf

FM4/ Alexandra Augustin

FM4 Gipfeltreffen: Katie Trenk von Sex Jams und Robert Wolf von Chuzpe

Nach etlichen Umbesetzungen bestehen Chuzpe heute immer noch, 2014 ist (32 Jahre nach dem legendären Debüt "1000 Takte Tanz") die aktuelle Platte "Vor 100 Tausend Jahren war alles ganz anders" erschienen. Aktuell bestehen Chuzpe aus Robert Wolf (die einzige Konstante in all den Jahren), Stephan Wildner - im Brotberuf Psychiater und auch als 'Graf Hadik' bekannt - und Andreas Kolm, ein Rechtsanwalt am Synthesizer.

Chuzpelieder wie "Beislanarchie", „Zu klug für diese Welt“, „Der Rhythmus dieser Stadt“, „Tote Körper tanzen anders“ laufen heute noch in einschlägigen Kellerschuppen und haben mit ihren intelligenten Texten Musiker wie Falco und Ja Panik zu großen Liedern inspiriert.

"Was vom Punkrock übrig blieb" nennt sich eine der Nummern auf der aktuellen Platte. Chuzpe betrachten mit einem Augenzwinkern ihre eigene Punkvergangenheit. Was vom Punkrock übrig blieb, "ist ein Tinnitus und ein Gehirn wie ein Sieb" singen sie so schön.

Was ist Punk heute? Wogegen lässt es sich im Jahre 2014 noch aufbegehren? In welchen stinkenden Schuppen trifft man sich heute?

"Was vom Punkrock übrig geblieben ist, ist sicherlich die D.I.Y. Attitüde. Dieses 'Selbermachen'. Uns ist das schon sehr wichtig", erzählt Sex Jams-Sängerin Katie Trenk im Interview. Selbstgemacht und selbst organisiert haben sich Sex Jams auch ihre letzte Tour: Eben gerade sind sie ein paar Wochen durch Amerika gedüst, um dort Konzerte zu spielen.

Chuzpe spielen am 28.11. in der Grellen Forelle übrigens ein Konzert! Das sollte man nicht verpassen.

Seit 2008 existieren Sex Jams. Und 'Garage Rock' ist hier Programm: in der Garage hat nämlich alles begonnen. Zuhause in Ternitz, im Gasthaus der Mama. "Dort, ganz am Ende vom Hof, gibt es einen Heizraum. Dort drinnen haben wir damals mit meiner ersten Band 'Leeloo' geprobt", erzählt Katie Trenk. Über den Umweg in die Hardcore Szene von Wiener Neustadt landet Katie Trenk schließlich in Wien und bei Sex Jams. Sex Jams werden gerne mit Helden wie Dinosaur Jr, Sonic Youth bis hin zu den frühen Blondie verglichen. Chuzpe wiederum haben damals, im Februar 1978, als Vorgruppe von Blondie gespielt. So schließt sich der Kreis.

Das FM4 Gipfeltreffen mit Chuzpe und Sex Jams

Was haben sich Robert Wolf und Katarina Trenk zu erzählen? Existiert im Jahre 2014 sowas wie "Punk" überhaupt noch? Schaltet ein und findet es raus. Am 27.11., um 21 Uhr auf FM4 und danach für sieben Tage unter fm4.orf.at/7tage.