Erstellt am: 28. 7. 2014 - 23:23 Uhr
"Pizzeria Anarchia" wird mit Großaufgebot geräumt
Bericht: Paul Pant, Christoph Weiss, Alex Wagner
Wer glaubt, beim Akademikerball schon alles gesehen zu haben, was Wiens Polizei zu bieten hat, der wurde an diesem Montagmorgen eines Besseren belehrt. Seit 10 Uhr macht die Polizei ernst und setzt die angekündigte Räumung der "Pizzeria Anarchia", im zweiten Wiener Gemeindebezirk durch. Laut Behördenangaben mit 500 PolizistInnen vor Ort und weiteren Hundertschaften in Bereitschaft.
Hintergrund
Alle 19 Hausbesetzer der "Pizzeria Anarchia" sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Sie wurden wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt angezeigt. Rund die Hälfte der Festgenommenen sind laut Polizeisprecher Roman Hahslinger deutsche Staatsbürger. Auch jene zwölf Personen, die am Dienstag wegen Verwaltungsübertretungen vor dem besetzten Haus festgenommen worden waren, sind wieder in Freiheit.
Die Punks wurden 2011 vom Hausbesitzer selbst in das teilweise leerstehende Haus einquartiert. Vor allem - so heißt es seitdem immer wieder - um die verbliebenen Altmieter zum Auszug zu bewegen und so den Weg für eine Generalsanierung frei zu machen.
Schon nach wenigen Monaten zeigte sich allerdings, dass der Plan nicht aufging. Die Altmieter befreundeten und arrangierten sich mit den Punks, und die wollten trotz Räumungsbescheids auch nicht mehr ausziehen.
"Pizzeria Anarchia" wird mit Großaufgebot geräumt
Hundertschaften an Polizisten rückten aus, um in Wien eine Pizzeria zu räumen. Ein beispielloser Polizeieinsatz in Wiens jüngerer Geschichte. Die Live-Twitter-Berichterstattung.
Nach der Räumung der Pizzeria Anarchia
Beobachtungen einer völlig überzogenen Polizeiaktion
The daily Blumenau
Dass die Diskussion um die Hausbesetzer-Räumung ums Thema "unverhältnismäßig oder nicht?" geführt wird, weicht den zentralen Fragen dahinter feig und weiträumig aus.
Pizzeria-Anarchia-Nachwehen
Josef Iraschko ist KPÖ-Bezirksrat in der Wiener Leopoldstadt und arbeitet für das Mieterselbsthilfezentrum. Er hat schon vor der Besetzung und den Protesten die AltmieterInnen rechtlich beraten.
Rund um das besetzte Haus sind Montagfrüh unzählige Polizeieinheiten zusammengezogen worden, Polizeisprecher Roman Haslinger spricht von "einigen Hundert", ein Polizist hat hinter vorgehaltener Hand von 1.600 gesprochen. Andere Beobachter sprechen sogar von 1.700 BeamtInnen. Auch PolizistInnen der Sondereinheit Wega sind im Einsatz. Hochproblematisch ist allerdings, dass um 9:20 Uhr ein - wenn auch nur vorübergehendes - Platzverbot gegenüber JournalistInnen ausgesprochen wurde und alle JournalistInnen das Umfeld der Pizzeria verlassen mussten. Erst im Lauf des Tages und nach Protesten wurden JournalistInnen wieder in die Nähe des Einsatzes vorgelassen, um von dort zu berichten.
APA/HERBERT NEUBAUER
Schon in der Nacht auf Montag hatten AktivistInnen vor der Mühlfeldgasse 12 Straßensperren aus Gerümpel und Sperrgitter errichtet. Damit sollte die Räumung erschwert und die BesetzerInnen unterstützt werden. Bereits im Vorfeld hatten sie angekündigt Widerstand zu leisten und das Haus nicht freiwillig zu verlassen. Wie viele Personen im Haus sind, ist nicht bekannt.
- Bericht auf wien.orf.at
Über den aktuellen Stand der Räumung halten wir euch hier und on air auf dem Laufenden. Von vor Ort twittern die FM4-Kollegen Christoph Weiss und Alex Wagner.