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Christian Pausch

Irrsinn, Island, Ingwer.

28. 7. 2014 - 08:39

Holy Trinity

Drei fantastische Konzerte in der Wiener Karlskirche beschließen das Popfest 2014.

Popfest Wien

Von 24. bis 27. Juli am Wiener Karlsplatz. Unter anderem mit Bulbul, Der Nino Aus Wien, Effi, Elektro Guzzi, Monsterheart, Susana Sawoff, Viech und We Walk Walls.

Dass viel Nebel einen Coolness-Effekt hat, hat die katholische Kirche wohl vor dem Pop-Business schon entdeckt. Dennoch sind es keine Weihrauchschwaden, die den Altarraum der Wiener Karlskirche am allerletzten Popfest-Tag umhüllen, nein es ist eine weltliche Nebelmaschine.

Drei Tage lang hat der Sakralbau auf das Popfest hinuntergeblickt, da macht es nur Sinn, dass man ihn am letzten Tag auch als Bühne nutzt. Dass man allerdings gebeten wird, während der Konzerte jegliche Kopfbedeckung abzunehmen, ist mehr als seltsam. Hier endet allerdings auch schon die schlechte Kritik, denn ansonsten war der letzte Abend des Popfests 2014 ein perfekter Abend. Ja, wirklich einfach perfekt.

Over At The Stars

So heißt die dreiköpfige Band, die den Abend eröffnet. Über ihnen schweben drei große Luftballone, auf denen sehr schlichte, wunderschöne Visuals projeziert werden. Die Nebelmaschine tut ihren Dienst etwas zu stark und ich kann nicht mal erkennen ob live gesungen wird, oder die Stimme aus einem der vielen Kasterln kommt, die von Over At The Stars bedient werden.

Der Tisch, auf dem die Gerätschaften stehen, wird manchmal von unten beleuchtet und so sieht man wenigstens immer wieder kurz die Gesichter der Protagonist_innen, wie beim Erzählen einer Gruselgeschichte am Lagerfeuer. Gruselig ist das Set der Band allerdings nie. Schön ist das Wort auf das sich danach alle einigen. Ganz unironisch.

Verschmelzen mit dem Instrument

Danach gibt es eine kurze Umbaupause in der die Vorfreude auf den nächsten Act zelebriert wird. Niemand weiß wirklich was Manu Mayr uns präsentieren wird, denn wie Violetta Parisini erklärt: "Diese Musik gibt es weder auf CD noch im Internet, die gibt es nur jetzt und hier live zu hören." Eine kleine Warnung gibt es noch: das Stück wird circa fünfundzwanzig Minuten dauern, nur "dass Sie nicht verwirrt sind." Die Spannung steigt.

Dann betritt Manu Mayr mit seinem Kontrabass die Bühne. Mit Xylophon-Schlägeln bespielt er den Klangkörper des Instruments, arbeitet sich von außen nach vorne bis zu den Saiten vor, beginnt sie zu zupfen, nimmt dann erst den Bogen und spielt und spielt und spielt. Der Hals des Kontrabasses wird zur Verlängerung von Mayrs Haarzopf, der Körper des Musikers verschmilzt mit dem Körper des Instruments und es entsteht eine perfekte Einheit.

Klingt womöglich hochtrabend und kitschig, war aber tatsächlich so. Gut, dass dieses Set mitgeschnitten wurde. Und Kuratorin Parisini hatte Recht, als sie vor dem Konzert sagte: "Was jetzt folgt ist nach der Stille der beste aller Sounds." Der tosende Applaus für Manu Mayr hält zu Recht minutenlang an.

"I am messing with the devil"

In vier Tagen Popfest habe ich bereits zwei Theremine im Einsatz gesehen, doch die Meisterin auf diesem Instrument ist immer noch Dorit Chrysler, der letzte Act des Popfests 2014. Und was für ein Abschluss das war! Die Stimmung ihres Intros lässt sich wohl am besten mit den Worten "Twin Peaks" beschreiben. Schauderhaft schön schwebt die Musik der Frau Chrysler durch die mächtige Karlskirche.

Kurz gibt es technische Probleme. "Wahrscheinlich weil ich so satanisch sein wollte. War ja klar, dass ich da Probleme in der Kirche bekomme.", erzählt sie mir schmunzelnd nach ihrem Set. Doch schnell nimmt sie ihren Kurs wieder auf und zieht uns alle mit rein in ihre Welt aus dunklen Melodien und Knef'schem Gesang. Die Münder stehen offen, der Atem stockt, wer es noch nicht war ist jetzt Fan dieser Musikerin.

"Ich glaube an die Zukunft des österreichischen Pop.", sind Dorit Chryslers letzte Worte an diesem Abend. Wir glauben auch daran, vor allem nach so einem starken Festival. See you next year Popfest!