Erstellt am: 20. 5. 2014 - 20:15 Uhr
Schwerelos zwischen Rock und Melancholie
M185 auf FM4:
- M185 bei der FM4 Radiosession
- M185 gewinnen den FM4 Award beim Amadeus 2012
- M185 und ihr Album "Let The Light In"
- m185.org
Ein straightes Gitarrenriff und schon setzten Bass und Schlagzeug ein, treiben den Groove von der ersten Sekunde an unaufhaltsam voran. Zwischen den halb gesprochenen, halb gesungen Vocals wechseln sich kreischende Gitarrenakkorde mit wilden Saxophon-Soli ab. Auf gute und eingängige Harmonien wird nicht vergessen, um alles zusammen in gerade einmal zweieinhalb Minuten in eine Song-Struktur zu gießen.
Die Wiener M185 präsentieren sich gleich mit dem Eröffnungsstück "Russell" von ihrer neuen Platte "Everything Is Up" als kompakte Einheit mit wuchtigem Sound und einem klaren Verständnis dafür, wie guter und frischer Indierock 2014 klingen kann. Und dafür brauchen die fünf Musiker nicht mehr, als die einfachen Laute: "Sh Sh Sh".
Wenn Musik "einfach so" passiert
Manchmal brauchte es nur einen intensiven Abend, an dem M185 in ihrem Keller der Musik freien Lauf gelassen haben und schon war ein neuer Song im Kasten. Zwischen den fünf Jungs ist scheinbar eine musikalische Verbindung gewachsen, die weit über die versprachlichte Verständigung hinausgeht.
M185 / Siluh Records
So ist eines der Herzstücke des Albums "Mt. Plywood" dadurch entstanden, dass im Zusammenspiel die Zügel locker gelassen wurden. Es ist eine groß angelegte Song-Trilogie, die das Thema Zeit auf unterschiedlich abstrakten Ebenen verhandelt. Musikalisch sind M185 von einem eingängigen Refrain des ersten Teils "Mt. Plywood I (The Years)" ganz von selbst in den herrlich verschleppten Rhythmus von "Mt. Plywood II (Flotsam Jetsam)" gekippt. Was zu Anfang sehr dekonstruiert klingt, wird nach und nach in einem gemächlichen Groove-Fluss zu einem eigenwilligen musikalischen Freiraum, der nahtlos in das große Finale "Mt. Plywood III (The Matter Of Time)" mündet. Mit Stadionrock-Geste und Sprach-Samples türmen M185 hier Schicht auf Schicht übereinander und lassen ihren Sound mächtig strahlen.
Ebenfalls ein Highlight von "Everything Is Up" ist die zweite Single "Soon". Das eingängigste Popstück, das M185 bisher geschrieben haben. Ein perfekter Sommer-feel-good-Song mit gehöriger Portion Melancholie und einem auf allen Ebenen gelungenen Video. M185 und Regisseur Reinhold Bidner erzählen darin vom Schicksal einer Gitarrenverzerrerkästchens, das Zeitlebens nur mit den Fußen der Musiker getreten wird und sich eines Konzerttages auf in die weite Welt von Berlin macht.
Alles in der Schwebe
M185 auf Tour
- 21. Mai: Album-Release Party Flex, Wien
- 06. Juni: Red Box, Mödling
- 07. Juni: Seewiesenfest, Kleinreifling
- 28. Juni: Donauinselfest, Wien
So konkret und strukturiert die Songs von "Everything Is Up" sind, so spiegelt das Vexierbild am schönen Cover die vielschichtigen Andeutungen der Texte wider. Schließlich geht es auf dem Album nicht unbedingt um eine rein positive Weltsicht sondern eher darum, dass alles in der Schwebe, alles im Fluss ist. Stellvertretend dafür könnte man den Titel "Jump Cuts" hernehmen. Ein fast schon funkiges Rockmonster, das reduziert druckvoll nach vorne treibt. Die jump cuts, der sprunghafte Filmschnitt, steht hier für die Erinnerungen an eine Geschichte die sich vor dem inneren Auge immer mehr aufzulösen beginnt.
(c) Martin Stöbrich
In der Musik von M185 steckt mehr, als der erste Höreindruck vermuten lässt. Das clevere Spiel mit musikalischer Ein- und inhaltlicher Mehrdeutigkeit, der sehr konkrete und zugleich diffuse Flächensound, die Songstrukturen, die immer wieder explosionsartig aufgebrochen werden: Das alles haben die fünf Wiener Musiker in eine ganz eigene Form gebracht, die sie mittlerweile unverwechselbar macht. Die Neuerung steckt bei "Everything Is Up" eben im Detail. So wie man beim Bild des Plattencovers erst durch mehrmaliges Hinsehen alle verschiedenen Facetten erkennen kann. Und genau das macht dieses neue Album so spannend und verleiht ihm eine hohe musikalische und aufmerksamkeitstechnische Halbwertszeit. Und das ist vielleicht das Wichtigste, in dieser Zeit des gesellschaftlichen Turbokonsums.