Erstellt am: 7. 12. 2012 - 11:22 Uhr
Loud, louder, Meinsachtfünf
"Klar hatten wir Ehrfurcht und waren ganz schön nervös. Aber schon beim Spielen des ersten Songs waren diese Gefühle weg und es hat einfach nur Spaß gemacht", meint Gitarrist Heinz Wolf von M185, als ich die Band nach ihrem Konzert verschwitzt im drerssing room antreffe.
Klar, es ist eine große Aufgabe in dem "heiligen" Konzertraum des großen Sendestudios im Radiokulturhaus zu spielen. Viele internationale Künstlerinnen und Künstler haben dort bei einer FM4 Radio Session schon das Publikum begeisternt. Und wenn dann einmal im Jahr die Gewinner des Amadeus FM4 Awards eingeladen werden, dann kann man die Ehre nachvollziehen, auf der gleichen Bühne wie Feist & Co. zu stehen.
Ich muss gleich vorweg sagen, dass die fünf Wiener Musiker von M185 diese Herausforderung großartig gemeistert und darüber hinaus mit ihrer Setlist viel Mut bewiesen haben.
Pamela Rußmann
Die körperlich spürbare Extase
Knisternde Geräusche schwirren durch den Sendesaal, als Sänger Wolfram und Gitarrist Heinz ihre Gitarren einstöpseln. Joerg Skischally lässt hinter seinem Keyboard-, Effekt- und Samplertisch einen flächige Sound entstehen und als Bassist Alexander Diesenreiter dazu mit tief grabenden Tönen einsteigt, beginnt die anschwellende Lautstärke die Magengrube zu massieren. Ich war zwar nicht bei der den ebenfalls legendär leuten Radio Session der Herren von Kreisky, aber M185 lassen das Radiokulturhaus mit einer Lautstärke erzittern, die ich so bei einer unserer Sessions noch nie gehört habe.
Pamela Rußmann
Das Eröffnungsstück "500 Second From The Sun" klingt, als würde ein voll beladener Noisegüterzug durchs Publikum preschen und über die aufsteigenden Sitzreihen schließlich abheben, um unaufhaltsam auf die Sonne zuzusteuern.
Auch bei "Strange Weather" erzeugen die fünf Musiker mit treibende Beat und die immerzu gleichen Riffs einen unwiderstehlichen, hypnotischen Sog. Durch die gezielten Wiederholungen erzeugt jeder Harmoniewechsel tiefe Glücksgefühle und verleiht der Melodieführung noch mehr Bedeutung. Vor allem das Schlagzeugspiel von Roland Reiter fasziniert mich dermaßen, dass ich meine Augen von seinen eleganten und energischen Bewegungen nicht abwenden kann. Die Rhythmuswechsel vom folgenden, großartig poppigen Stück "The City And The Beat" werden mit derartiger Präzision und Coolness vorgetragen, als wäre es das natürlichste der Welt, von einem eher schleppenden Beat zu einem fast doppelt so schnellen Groove zu skippen.
Pamela Rußmann
Mit Rohdiamanten und Bäsersatz zur Bühnenparty
Mit dem vierten Song, der den Arbeitstitel "Springthing" trägt, pärsentieren M185 dann ein ganz neues Stück der Öffentlichtkeit. Denn eigentlich arbeiten die Wiener gerade an ihrem neuen Album. Es erfordert Mut, work in progress gleich bei einer Radio Session vorzustellen. Aber es hat sich gelohnt, denn "Springthing" ist ein fetzig und federleichtes Rockstück, das stark an Iggy & The Stooges und "I wanna be your dog" erinnert. Auch hier projeziert sofort mein Kopfkino Bilder vor mein inneres Auge: einen staubigen Highway, auf dem fünf clevere Ganoven im Rausch der Musik auf einen eigenwilligen road trip gehen.
Pamela Rußmann
Auch das brandneue Lied "Mt. Plywood" weiß zu gefallen. Aus dem dichten und breiten Rockfluss schält sich allmählich ein für M185-Verhältnisse geradezu poppiger Refrain. Mit einem augenzwinkernden Solo und Händeklatschen bricht der Drive der Nummer plötzlich ab und geht in eine andere Richtung. Mit einer großartigen Gesangslinie und rhythmischen Gitarrenakkorden, die an David Bowies "Fame" erinnern, funkelt dieser Rohdiamant geheimnisvoll und macht deutlich, dass M185 zu recht einer der besten Acts aus Österreich sind.
Pamela Rußmann
Mit "Two Tone Song" werden flockige und recht frische Töne angeschlagen, die das Rockquartett von der Stimmung her sogar in Richtung 1960ies schielen lassen. Und bei dem fast schon punkigen Stück "ShShShSh" brettern M185 dann derart druckvoll dahin, dass mir die Luft wegbleibt. Nicht nur wegen der Lautstärke. Aber das wirklichen As schütteln die Wiener Musiker gegen Ende mit "JumpCuts" aus den Ärmeln. Ein komplexes und beeindruckendes Stück, das die verspielte Experimentierfreude mit krautrockigen und repetitiven Elementen mischt.
Pamela Rußmann
Zum krönenden Abschluss holen M185 für "The Rift" und ihren Partycrasherhit "Space Bum Rocket Kid" drei Blechbläser zu sich und im wilden, noisigen Schlussstück treibt es sogar das Publikum auf die Bühne, um die Extase der Band zu teilen und eine kleine Tanzparty zu feiern.
Mit diesem schönen Bild verlasse ich das Radiokulturhaus, gehe hinaus in die eisige Dezemberkälte und freue mich schon auf das neue Album der fünf Jungs und denke mir, 2013 wird wohl ein großartiges Jahr.
In der FM4 Homebase und im Video-Stream
Die FM4 Radio Sessiom mit M185 gibt es am Dienstag, 11. Dezember 2012 in der FM4 Homebase (19-22 Uhr) zu hören. Ab dann ist auch der VIdeo-Stream des Konzertes für sieben Tage hier online.