Erstellt am: 25. 1. 2014 - 11:11 Uhr
Akademikerball: Streifzug durch die Demonacht
Gerade einmal bis 18:30 hielt das Großaufgebot der Polizei das weiträumige und fragwürdige Platzverbot in der Wiener Innenstadt aufrecht. Eine Handvoll PolizistInnen stand bei der Albertina plötzlich etwa 200 DemonstrantInnen gegenüber, die einfach die Absperrungsgitter wegschoben. Die Größe des abgesperrten Areals hätten wahrscheinlich auch 10.000 PolizistInnen nicht abschirmen können.
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- Polizeistadt Wien: Der Menschenrechtsanwalt Georg Bürstmayr hält die sicherheitspolizeilichen Maßnahmen anlässlich des Akademikerballs für unverhältnismäßig und verfassungswidrig. (Christoph Weiss, 23.1.2014)
- Dieselben Vorgänge, dasselbe Klientel: Der WKR-Ball bleibt auch nach seiner Umbenennung in Akademikerball die gleiche Veranstaltung. Ein Interview mit dem Politikwissenschaftler Bernhard Weidinger. (24.01.2014)
- The daily Blumenau. Friday Edition, 24-01-14: Lose-Lose-Lose: #politik #demokultur #polizei
Danach ging es Schlag auf Schlag. Die zunächst lauten aber friedlichen Demonstrationszüge zerstreuten sich über die ganze Innenstadt mit gewaltbereiten DemonstrantInnen mittendrin, dazwischen verschreckte BallbesucherInnen und Polizeieinheiten, die sichtlich mit der ihnen gestellten Aufgabe - einen geordneten Ablauf der Demonstrationen und des Balls zu gewährleisten - kämpften.
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Während also um 19 Uhr am Ring noch AktivistInnen debattierten – selber überrascht über den leichten Zugang zur Sperrzone - wohin nun weitergezogen werden solle, brannten am Stephansplatz schon die bengalischen Feuer. PolizistInnen wurden mit Steinen, Bierflaschen und Mülltonnen attackiert. Am Graben wurden Schaufenster eingeschlagen und eine kleine Einheit oberösterreichischer Polizisten war plötzlich von DemonstrantInnen umringt und musste die Köpfe hinhalten für die aufgestaute Wut gegen den Aufmarsch der säbelschwingenden und nicht-säbelschwingenden rechten Recken in der Wiener Hofburg.
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Danach folgte ein „Räuber und Gendarm-Spiel“ zwischen RandalierInnen und PolizistInnen. Mit dem Resultat: eine Spur der Verwüstung durch die Innenstadt, 14 Festnahmen und zahlreichen Verletzen. Es lief also so einiges aus dem Ruder. Sowohl Demo-Organisatoren als auch die Polizei haben darin versagt, die gewaltbereiten DemonstrantInnen abzuschirmen. Von den Provokationen der FPÖ im Vorfeld mit angemeldeten Geister-Demos, die nie stattgefunden haben ganz zu schweigen.
Die logische Konsequenz aus so einem Durcheinander und der verbalen Aufrüstung im Vorfeld: Alles andere als Deeskalation. Ab 20 Uhr machte die Polizei Ernst- zum Beispiel mit einem Polizeikessel hinter dem Burgtheater. Ob gewaltbereiter Schläger oder friedlicher Sitzstreikender spielte dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Auch viele sehr junge DemonstrantInnen machten so Bekanntschaft mit der Staatsgewalt und dem Pfefferspray. Ist das die erstrebenswerte Variante der politischen Bildung in Österreich?
Die Plattform „Offensive gegen Rechts“ spricht nun von einem völlig überzogenen Polizeieinsatz mit „massiver Polizeigewalt“ und mindestens 25 Verletzten die in ihrer Infozentrale ärztlich versorgt werden mussten. Dazu etwa 100 weitere Personen die „nur“ mit blauen Flecken und einem Schrecken davon kamen. Die Wiener Rettung musste mit gezählten acht Rettungswägen und einem Katastrophenzug zur Infozentrale der Demo-Plattform ausrücken. Die Polizei spricht in einer Aussendung von fünf verletzten PolizistInnen und 17 DemonstrantInnen. Jede/r einzelne zu viel.
Paul Pant