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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

11. 8. 2013 - 10:23

Halt mich!

Fünf Acts, die beim FM4 Frequency Festival zum Schmusen einladen.

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Kapitulation. Man muss ja bei so einem Festival nicht immer bloß die Faust in die Luft strecken, Pogo tanzen und schwitzen. Es soll auch Momente der Zärtlichkeit geben: Zum geschmeidig Schunkeln, zum Kuscheln und eventuell vielleicht gar zum Schmusen. Es sollen auf Festivals gar schon große, die Geschichte erschütternde Lieben angebahnt worden sein.

Welche Acts bieten sich da denn dieses Jahr besonders gut an? Zum verträumt Sich-Einander-In-Die-Augen-Schauen? Vor allem zum Beispiel die ganz wunderbare Regina Spektor. Die ursprünglich aus Russland stammende New Yorker Musikerin hat in ihrem Piano-Pop mit starkem Folk-Einschlag etliche, ja, doch, zauberhafte Songs im Gepäck, die zum Schwelgen einladen. Das alles ist aber kein Wischiwaschi oder schmalziges Lalelu, sonder immer auch tiefschürfend und mit ordentlich Reibungspotenzial ausgestattet. Mal dramatisch donnernd und das Herz erschüttternd, dann wieder schön pathosbeladen oder auch leise beschwingt: Die Stücke von Regina Spektor sind immer kleine Manifeste der Feingeistigkeit.

Etwas ganz anderes macht Slow Magic. Slow Magic - ein Produzent und Musiker, über den kaum etwas bekannt ist und der sich hinter einer Maske versteckt. Das macht man heutzutage so. Slow Magic bastelt weichgezeichnete Schlafzimmerelektronik, die vor allem unter den Vorzeichen von Chillwave steht. Geschmeidig, verwaschen und vernebelt. Synthesizer knüpfen nostalgisch gefärbte Teppiche, die Beats poltern gar putzig. Herrlich lässt sich hierzu gemütlich Schaukeln, man hält das Händchen eines lieben Menschen, denkt an die vergangene Nacht und vergisst, dass er gerade einmal 14.25 Uhr ist und die Sonne giftig an der Schädeldecke sticht. Muss Liebe schön sein.

Am oberen Ende der Intensitätsskala operiert bekanntlich das englische Duo Hurts. Die große Spalterband. Kaum jemand buchstabiert Pathos deutlicher und gleißender als Hurts. Das hat auch Til Schweiger schon vor Jahren erkannt und einen Song von Hurts in irgendeinem seiner komischen Lieber-Onkel-Filme mit lustig-niedlichem Namen verbraten. So klingt die Musik von Hurts aber natürlich auch: Hier wird das große Gefühl und die große Gefühligkeit angerufen. Hurts wollen den ganzen Pop und in drei, vier iher Songs gelingt es ihnen auch, das ganz gewaltige Schlachtschiff zu stemmen. Hier wird gespürt. Tränen müssen fließen.

Wir wollen aber natürlich nicht auf einen östereichischen Eintrag in unserer kleinen Schmuse-Ecke vergessen: Catastrophe and Cure. Ja genau, das sind die, die den FM4 Amadeus Award gewonnen haben, es soll nicht verschwiegen werden. Catastrophe and Cure, schön melancholischer, verträumter und ja verschmuster Indiepop. Bestens geeignet auch für den Slowfox in der Indiedisco. Falls es so etwas noch gibt. Auf Englisch gesungen und in Unpeinlich.

Besonders verzärtelt und sehr gut ist ein junger, englischer Mann namens Chad Valley. Viel, viel zu unberühmt eigentlich dieser Supertyp. Chad Valley baut ganz putzige Heimwerker-Beats und wunderbar süßlichen Synthie-Pop. Musik, die nach Erdbeeren riecht und die Sehnsucht in ihrer DNA führt. Auch hier kann man den Geist der Chillwave erklingen hören und die Wehmut als Glücksgefühl begreifen. Man soll nicht vergessen, Taschentücher mitzunehmen und sich die Lippen einzucremen.