Erstellt am: 29. 5. 2013 - 10:29 Uhr
Tagebuch zum Jahr der Pflicht (21)
marc carnal
Nach dem "Jahr des Verzichts" im Jahr 2011 gilt es heuer, monatliche Pflichten zu bestehen. Mitstreiter sind in der Neigungsgruppe Pflicht jederzeit willkommen.
Jeden Monat stehen drei Aufgaben in Kategorien wie Handwerk, Wissen oder Selbstüberwindung zur Auswahl. Die Leserschaft stimmt darüber ab, welche Pflicht erfüllt werden muss.
Voting Jänner - Kategorie Handwerk
Voting Februar - Kategorie Wissen
Sonntag, 19. Juni
● Läute beim neuen Nachbarn an, um mir einen Korkenzieher auszuborgen. Meiner etwas flapsigen Begrüßung hält der schätzungsweise Mittzwanziger folgendes entgegen: "Ich wünsche einen guten Abend. Gestatten Sie, dass ich mich kurz bei Ihnen vorstelle? Mein Name ist Konrad und es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen." Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
● Was sind das eigentlich für Leutln, die sich vom Firmennamen "SOS Bodyforming" angesprochen fühlen?
Montag, 20. Juni
● Manche Wörter sind verstörend, wenn man sie oft hintereinander ausspricht oder denkt. "Schweiz" zum Beispiel. Schweiz Schweiz Schweiz. Schweizerisch, schweizerischer, am schweizerischten, schweizerischstmöglich, Schweiz, Schweizer, Schweizerinnen, Schweizerkinder, SchweizSchweizSchweizSchweizSchweizSchweiz. Da wird man schnell narrisch. Probieren Sie es doch aus! Sie werden nach nur einer Minute der Schweiz-Wiederholungsschleife die Absurdität erkennen, ein Land so zu benennen. Schweiz Schweiz Schweiz.
● Wenn Gehörlose im Schlaf reden, gestikulieren sie dann in wirrem Gebärdensprachen-Gebrabbel?
Dienstag, 21. Juni
● Nun hat mir ein Vögelchen gezwitschert, dass es einen Surf-Yoga-Kurs besucht. Dabei gilt es, die Übungen auf einem im Wasser befindlichen Brett zu absolvieren. Der merkwürdigste Auswuchs der in letzter Zeit florierenden Yoga-Kombinationen, der mir bisher zu Ohren kam. Schön wären auch folgende Variationen:
- Metzgerei-Power-Yoga
- Slackline-Tantra-Yoga
- Komasäufer-Yoga
- Diabetiker-Hot-Yoga
- FKK-Lach-Yoga
● Die Harfe ist ein vielsaitiges Instrument.
Mittwoch, 22. Juni
● Gratulation an den lieben Herrn Josef! Er hat heute seine Ausbildung zum Brau- und Getränketechniker mit gutem Erfolg bestanden. Er möge sich meiner ehrlichen Bewunderung sicher sein. Ganz unschuldig fühle ich mich ja nicht an der neunmonatigen Tortur, die der fleißige Freund bravourös absolviert hat.
Monatelang lag ich ihm mit meinem Begehr in den Ohren, gemeinsam Bier zu brauen. Im Juli des vergangenen Jahres kochte unser erster Zehnliter-Sud, im nächsten Monat waren es fünfzig Liter, bald hundert. Im September meldete sich der enthusiasmierte Josef beim Österreichischen Getränkeinstitut an, um berufsbegleitend die Kunst des Brauens zu erlernen. Das bedeutete: Tagsüber mit Sechzehnjährigen in der Klasse sitzen, abends und oft bis spätnachts arbeiten. Nun kann mir der Braukollege nicht nur stets bis ins letzte chemische Detail erklären, was wir da eigentlich gerade treiben, sondern auch stolz auf sich sein, dieses zehrende Programm durchgestanden zu haben. Chapeau! Hut! Hat! Sombrero!
● Der Strichpunkt ist der Blinddarm unter den Satzzeichen.
● Ich schau eigentlich nie Filme im Fernsehen. Finde ich nicht kompatibel. Fernsehen ist Trash, Filme werden konzentriert ohne Werbeunterbrechung und fremdbestimmte Uhrzeit angesehen. Im TV Kinofilme zu schauen ist ein bisschen wie Gemälde am Smartphone zu betrachten. Der Vergleich mag windschief sein, aber mir fällt kein besserer ein. Pech gehabt. Ich kann auch nicht immer in Form sein.
Donnerstag, 23. Juni
● Greises Paar hinter mir in der Straßenbahn:
"Da Haider woa jo a Woama."
"A issa neama?"
"Wos?"
"Isa ka Woama mehr?"
"Da Haider is gstorbn."
"Naaaa......?"
"Da Haider is längst scho tot."
"Naaaa.... Waun isn der gstorbn?"
"Geh des waast doch eh."
"Na tragisch."
(Das plätscherte noch einige Zeit so dahin, die Alfons-Jörg-Verwechslung löste sich bis zum Schluss glücklicherweise nicht auf)
● Ich mag Geld sehr gerne.
Freitag, 24. Juni
● Ich stehe im Supermarkt und wiege gerade Kirschen ab, als ein unguter Bekannter an mir vorbeigeht, mich aber keines Blickes würdigt. Ich folge ihm bis zu den Tiefkühlwaren. Er zieht eine Packung Fischstäbchen heraus und geht damit zur Kassa, da verliere ich ihn aus den Augen. Am Nachhauseweg telefoniere ich mit meiner Schwester. Als ich vor meiner Haustüre stehe, befürchte ich kurz, ich hätte meinen Schlüssel in der Arbeit liegen lassen, finde ihn jedoch schnell in meiner Tasche. Schließlich koche ich mir einen köstlichen Auflauf. Und jetzt kommt's: Es war ALLES NUR EIN TRAUM!!! HAHAHA!
● Nicht ganz so schlaue Menschen, die aber sehr schlau wirken wollen, anhand von Sprachmarotten erkennen, Teil 352: Inter-esse mit sorgsam getrennten Silben aussprechen. Soll heißen: "Ich KENNE die lateinische Wortherkunft!"
Samstag, 25. Juni
● Kleines Side Project: Alle Wiener Magistratsdienststellen auswendig lernen. Die größten Herausforderungen bisher sind die MA 14 (Automationsunterstützte Datenverarbeitung, Informations- und Kommunikationstechnologie), die MA 36 (Technische Gewerbeangelegenheiten, behördliche Elektro- und Gasangelegenheiten, Feuerpolizei und Veranstaltungswesen) und die MA 64 (Rechtliche Bau-, Energie-, Eisenbahn- und Luftfahrtangelegenheiten). Für "Wetten, dass" reicht mein Vorhaben wohl nicht, ein bisschen Eindruck schinden zwischendurch sollte aber drinnen sein.
● Sie hören die Glocken der Pfarrkirche Leogang. Zumindest, wenn Sie gerade in Leogang sind und die Glocken der Pfarrkirche läuten.
● Am Mittwoch wird gebacken, am Donnerstag überreicht. Hinweise für Hochzeiten von Freunden, Freundesfreunden oder gar Freundesfreundesfreunden werden nach wie vor entgegengenommen.