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Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

14. 4. 2013 - 12:45

Tagebuch zum Jahr der Pflicht (15)

April: Den Gipfel eines der 100 höchsten Berge Österreichs erklimmen

marc carnal

Nach dem "Jahr des Verzichts" im Jahr 2011 gilt es heuer, monatliche Pflichten zu bestehen. Mitstreiter sind in der Neigungsgruppe Pflicht jederzeit willkommen.

Jeden Monat stehen drei Aufgaben in Kategorien wie Handwerk, Wissen oder Selbstüberwindung zur Auswahl. Die Leserschaft stimmt darüber ab, welche Pflicht erfüllt werden muss.

Voting Jänner - Kategorie Handwerk

Voting Februar - Kategorie Wissen

Voting März - Kategorie Musik

Voting April - Kategorie Sport

Sonntag, 7. April

● W. aus Hamburg schreibt mir:

Lieber Marc,

nach zwei Monaten, in denen ich mich nun hauptsächlich der Erfüllung der uns von der Notwendigkeit auferlegten Pflichten gewidmet und Nahrungsaufnahme, soziale Kontakte und Körperhygiene auf ein Mindestmaß beschränkt habe, fühle ich mich nunmehr verpflichtet, Dir auch einen ersten Beweis meines Fleißes zukommen zu lassen.
Ich denke, mit dem angehängten PDF sollte die Erfüllung der ersten zwei Pflichten von meiner Seite - bis irgendwann einmal so etwas wie ein "schickbares Video" erfunden ist - hinlänglich bewiesen sein.
Für nächste Woche ist nun schon trotz der widrigen Wetterbedingungen eine Expedition auf den Waseberg geplant, welcher zwar in leichter Abweichung der uns gestellten Aufgaben nicht zu den höchsten Gipfeln Österreichs, so aber doch zu den drei höchsten Erhebungen Hamburgs gehört.
Ich freue mich schon auf die weiteren uns bevorstehenden Aufgaben.

Dein Jünger aus dem Norden,
W.

1) Die Blasharfentriangel

Die nächsten drei Fotos sollen als unwiderlegbarer Beweis gelten, wie ich nach nächtelänger Planung, zermürbender handwerklicher Ausführung und diszipliniertestem, unermüdlichem Proben schließlich ein gängiges Repertoire von landläufig beliebten Schlagern auf meiner Blasharfentriangel auf Abruf zum Besten geben kann.

W.E.

"Die Fuge" von Johann Sebastian Bach. Man kann auf dieser Aufnahme leider die 4 von mir persönlich aus Schafsdarm hergestellten Saiten nicht erkennen. Sie befinden sich naheliegenderweise dort, wo meine linke Hand gerade mit virtuoser Zärtlichkeit drüber streicht.

W.E.

Medley der größten Hits des Udo Jürgens-Musicals "Ich war noch niemals in New York"

W.E.

"Enter Sandman" - Metallica in der Version von Mambo-Kurt

2) Morsen

Die zwei folgenden Fotos bezeugen wie ich und meine Freundin nach dem erschreckend harten Erlernen des Morsealphabets bei einem romantischen Abendessen überhaupt nur mehr mit Hilfe zweier handelsüblicher Quietschentchen und unserem feinen, geübten Gehör kommunizieren. Hier erzähle ich gerade einen offenbar überaus lustigen Witz.

W.E.

Montag, 8. April

Dieser Eintrag ist in Ihrem Land leider nicht verfügbar.

● Freizeittipp: Im Urlaub letzten Sommer erfanden wir ein gutes Spiel: In der Gruppe sämtliche Prominenten aus Österreich aufzählen. Macht nur mäßig Spaß, verschlingt aber Unmengen an Zeit.

Sehr mittelprächtige Schüttelreime mit drei der 100 höchsten Berge Österreichs:

Hallervorden spielt Witze,
ich klettre auf die Wildspitze.

Im Sommer war ich auf Kur und
bestieg den Ötztaler Urkund.

Den Tierpark schützt ein Hoher Zaun,
doch will sich in den Zoo er haun.

Dienstag, 9. April

● Vorschläge, um die "eingetragene Partnerschaft" besser in den alltäglichen Sprachgebrauch zu integrieren:

  • Bis zur eingetragenen Partnerschaft ist es wieder gut, mein Kind!
  • Monika und Anna haben sich ein neues Eingetragene-Partnerschafts-Bett gekauft.
  • Da wird mein Eingetragene-Partnerschafts-Mann aber nicht begeistert sein, wenn Sie mir solcherlei Avancen machen.
  • Bernd und Flo werden noch die goldene eingetragene Partnerschaft feiern!
  • Scheiße, ich hab meinen Eingetragene-Partnerschafts-Ring beim Rafting verloren!
  • Der sichere Hafen der eingetragenen Partnerschaft.
  • Wir hatten letztes Jahr einen heftigen Eingetragene-Partnerschafts-Krach.

● Das folgende Video verdeutlicht das Verehrenswürdige an der gestern verstorbenen Margaret Thatcher:

Mittwoch, 10. April

● Ich könnte mir so in der Arsch beißen, dass ich gestern tatsächlich in der 89. Minute beim Stand von 1:2 für Malaga den Fernseher mit dem Gedanken "Das wird eh nix mehr" ausgeschaltet habe. Bei dieser Gelegenheit möchte ich endlich mal hell- auf dunkelgrau den Text der Champions League-Hymne kritisieren:

Une grande réunion / Eine große sportliche Veranstaltung / The main event / Ils sont les meilleures / Sie sind die Besten / These are the champions / Die Meister, Die Besten / Les grandes équipes / The champions.

Eine große sportliche Veranstaltung! Ließe sich noch staubiger texten? Wobei das noch immer wesentlich charmanter ist, als die Lyrics der offiziellen Songs zu Sport-Großereignissen der letzten Jahrzehnte:

Moving up, moving down, let your love shine all around / You're gonna be my number one. (Endless Summer, offizieller Song zur Fußball-Europameisterschaft 2012)

Man könnte den Champions League-Komponisten Tony Britten unter dem Motto "Wir bitten den Briten Britten" ja bitten, für eine künftige Schi-WM eine Hymne zu schreiben:

Wir bekommen hier jene Schifahrer zu sehen,
die sich verbandsintern für diese große sportliche Veranstaltung qualifizieren konnten.
Sie messen sich in unterschiedlichen Disziplinen,
auch das Rahmenprogramm lockt viele Besucher.
Slalom! Super G! Abfahrt! Riesenslalom!
Die Besten, die Größten!

● Die Sonne ist da. Kaufe mir mit Herrn Josef ein Eis. Damit setzen wir uns in den Park in die Sonne. Wir beide hassen Eis. Das Herumgeschlecke ist so würdelos. Missmutig würgen wir es hinunter. Danach bin ich verstimmt, weil mein Feuerzeug nicht funktioniert. Wir gehen wieder nach Hause. Endlich Frühling.

marc carnal

Donnerstag, 11. April

● Vor Jahren erstand ich sieben Paar Socken, die mit Wochentagen beschriftet sind. Ich legte nie Wert darauf, nach dem Waschgang die korrekten Paarungen zusammenzustecken. Heute sind zwölf von vierzehn Socken durchlöchert, übrig sind zwei mit der Aufschrift "Monday" geblieben. Nun befürchte ich, dass das jemand sieht und denkt, ich wäre einer, der nach dem Waschen seine Socken mit preußischer Präzision ordnet und zusammensteckt. Nicht auszudenken, wie ramponiert mein Image für die nächsten Jahre wäre, wenn ich die Monday-Socken auch noch versehentlich an einem Montag tragen würde! Man möge mir glauben: So bin ich nicht!

● Ich kann einfach nicht aufhören. Jetzt hab ich schon 100 Übersetzungsvorschläge für An apple a day keeps the doctor away samt zwanzig B-Seiten geschrieben, draußen wird es Frühling und mir fällt nichts Besseres ein, als weiterzumachen.

Durch ein Äpfelchen am Tage
schrumpft des Arztes Auftragslage.

● Der Spritzer-Lauf wurde abgesagt. Im Windschatten der Empörung wäre mir nun genug Publicity für meinen Raucherlauf sicher, dessen Organisation mir schon länger vorschwebt.

Freitag, 12. April

● Die Post ist doch in Wahrheit nur eine Briefkastenfirma!

● Der Fernseher gehört zu den wenigen technischen Geräten, dessen Nicht-Besitz gerne betont wird. "Ich hab ja seit Jahren schon keinen Fernseher mehr" ist zu einer abgegriffenen Parole geworden. Man will sich halt "nicht zumüllen lassen" bla bla. Versuchsweise werde ich in nächster Zeit alternative Nicht-Besitz-Maximen in Alltagsgespräche einweben:

  • "Wir haben ja seit Jahren keine Waschmaschine mehr, wir wollten uns diesem dauernden Schleudern einfach nicht mehr aussetzen."
  • "Ich bin so froh, dass ich endlich meinen Stabmixer verkauft habe."
  • "Eigentlich vermiss ich meinen Diaprojektor gar nicht, im Gegenteil, mir geht es sogar um einiges besser und ich nutze meine Zeit einfach viel bewusster und intensiver."
  • "Für viele ist das ja gar nicht vorstellbar, kein Stimmgerät zu besitzen, aber glaub mir, es ist sehr befreiend!"

Ned a jeder hot a Fangemeinde,
meistens hot ma nur a Menge Feinde.

Trio Lepschi - Helden des Schüttelreims. Schönes Konzert bei Klavierbauer Balas, der im Anschluss Unmengen an selbstgefangenem Fisch und Wein anbietet. Als die Lerchen ihr Morgenchanson anstimmen, sind die Gebliebenen in der Piano-Werkstatt noch mit extatischem Musizieren und Tanzen beschäftigt. Party ist immer, wenn man am wenigsten damit rechnet.

● Herausforderung: Gebärdensprachen-Schüttelreime!

orf

Samstag, 13. April

● Aus dem Schweizerdeutsch-Vokabelheft:

  • Hudigääggälär (Ländlermusikstück)
  • Kremänzer (Alkoholrausch)
  • wasgiischwashäsch (blitzschnell)
  • Dröbsli (Bonbon)
  • Brüällätsch (weinerliches Kind)

● Fantastisch: Die monochrom Markenzeichnungen. 25 Personen mussten insgesamt zwölf verbreitete Logos aus dem Gedächtnis zeichnen. Lässt sich für den Notfall auch gut als Partyspiel adaptieren.

● "Ich könnte dir eine Geschichte von Tieren erzählen, die wie Menschen handeln und sprechen und Stereotype darstellen. Das Ende wird ein moralischer Lehrsatz bilden."
"Das klingt ja fabelhaft!"