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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

5. 10. 2012 - 06:02

Oliver Ressler

Ein Künstler aus Wien analysiert und kritisiert durch Kurzfilme und Videoinstallationen Machtverhältnisse in der Gesellschaft. Oliver Ressler ist für den Elevate Artivism Award nominiert.

Elevate Artivism Award: Stimmt ab und entscheidet wer gewinnt.

Die Nominierten:

Alles übers Elevate und die Nominees des Elevate Artivism Awards unter fm4.orf.at/elevate

Oliver Resslers Website ist so schnörkellos wie inhaltsreich. Alle seine Projekte, zurückreichend bis Mitte der 90er Jahre, sind jeweils durch Link, Text und Video übersichtlich dokumentiert. Politisches Interesse und gesellschaftspolitische Gegenkultur sind die zwei wichtigsten Motivationsfaktoren, die Ressler in seinem Schaffen antreiben.

In seiner künstlerischen Arbeit analysiert und kritisiert Oliver Ressler Machtverhältnisse in der Gesellschaft, versucht aber auch, über eine ausschließliche Analyse und Kritik des Bestehenden hinauszugehen. Einige seiner Arbeiten fokussieren auf Widerstandsformen, die man in der sogenannten Anti-Globalisierungsbewegung oder in jenen Bewegungen findet, die das Reagieren (bzw. Nicht-Reagieren) der Staaten und Konzerne auf den Klimawandel bekämpfen. Die Aktualität der Arbeiten und die konkrete Verbindung mit Aktivismus sticht besonders hervor - vor allem seit der globalen Finanzkrise und dem Aufbrechen autoritärer Strukturen in Nordafrika und dem nahen Osten.

Oliver Ressler ist bei den Elevate Awards in der von FM4 präsentierten Kategorie "Artivism" nominiert. Wir haben mit ihm über einige Aspekte seiner Arbeit gesprochen.

Oliver Ressler

Oliver Ressler

Oliver Ressler über ...

... seine Rolle bei politischen (Gegen)Bewegungen:

"Als Künstler oder Künstlergruppe kann man nicht so etwas wie eine soziale Bewegung herstellen. Deshalb sehe ich die Funktion meiner Arbeit darin, an bestehende soziale Widerstandbewegungen anzudocken und zu versuchen, über deren Sichtweisen eine bestimmte Form einer Aufarbeitung der Bewegung herzustellen."

... seine Recherchemethoden:

"Ich verstehe mich als Teil der jeweiligen Bewegungen, über die ich meine Arbeiten mache. Dann bin ich natürlich vor Ort, wenn es Demonstrationen oder Blockaden oder verschiedene widerständische Aktivitäten gibt. Natürlich informiere ich mich auch über Medien und das Internet und eine Vielfalt an Informationsquellen, von persönlichen Kontakten bis hin zu Texten und Videos über und zu Bewegungen."

... über seine Arbeitsweise:

"Für das letzte Projekt 'Take The Square' habe ich zum Beispiel eine Zeit lang in Athen, Madrid und New York gelebt und mit einem Team von zwei weiteren Leuten zusammengearbeitet. Wir haben nicht nur bestehende Versammlungen aufgenommen, sondern Leute auch eingeladen, an Versammlungen teilzunehmen, die ich selbst organisiert habe. Ziel war, dass zentrale Protagonist/innen dieser Platzbesetzungsbewegungen zu ganz bestimmten Themen und Fragestellungen diskutieren, die mir eminent wichtig erscheinen. Da geht es vor allem um Fragen der Organisierung, um die Art und Weise, wie Versammlungen abgehalten und wie Entscheidungen gefällt werden. Wie direkte Demokratie innerhalb dieser Bewegungen funktioniert und beispielgebend für eine größere, soziale, demokratische Organisation von Gesellschaft sein könnte. Diese Gespräche dauern oft bis zu vier Stunden und finden immer an den (öffentlichen) Plätzen statt, die zentral für die jeweilige Bewegung sind."



... die mediale Verbreitung seiner Arbeit:

"Neben Website und Newsletter bin ich jemand, der ohnehin auch international ausstellt und dessen Videos auf der ganzen Welt gezeigt werden. Da gibt es immer wieder auch Einladungen, aktuelle Projekte zu zeigen. Dann gibt es auch viel Eigeninitiative, bestimmte Projekte in bestimmten Kontexten zu zeigen. Mir ist es zum Beispiel immer auch ganz wichtig, wenn ich neue Projekte mache, die in bestimmten Ländern aufgenommen wurden, dass diese Projekte, Filme und Installationen auch wieder in die jeweiligen Länder zurückfließen."

... sein aktuellstes Projekt:

"Ich arbeite momentan an einem Projekt zu den Rohstoffmärkten in der Schweiz mit Fokus auf Genf, weil ich dort zur Zeit Artist in Residence bin. Die Rohstoffmärkte sind eine Branche, die sehr undurchsichtig ist und von den Konzernen absichtlich so belassen wird. Es existiert systematische Steuerhinterziehung, die vor allem auf extreme Steuerverluste in jenen Ländern zurückläuft, in denen die Rohstoffe hergestellt oder abgebaut werden. Diese Gelder, die nicht über Steuern abgegeben werden, fließen dann direkt zu den Managern dieser gigantisch großen Rohstoffkonzerne, die selbst in der Schweiz, wo die große Mehrzahl der weltweiten Rohstoffkonzerne beheimatet ist, nicht wirklich bekannt sind."