Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Deutscher Teen-Beat hoch drei"

Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

10. 1. 2011 - 13:57

Deutscher Teen-Beat hoch drei

Ein blutjunges Quartett aus Viersen/Nordrhein-Westfalen mischt endlich die deutsche Indieszene auf. Mit ihrem feinen Debüt "Lightmares" gastiert der Vierer beim FM4 Geburtstagsfest.

Schon vor einiger Zeit habe ich mir über den nicht unkomplizierten Konkurrenzvergleich zwischen Österreich und Deutschland meine Gedanken gemacht. Während wir 2010 bezogen auf unsere Musikszene ein großartiges Jahr hatten, kam aus dem Nachbarland auf dem Indie-Sektor eigentlich kein frischer Wind. Erst jetzt - muss ich zu meiner Schande gestehen - fällt mir das Album "Lightmares" von vier jungen Deutschen in die Hände, das mich wirklich begeistert. Und sie machen ihrem Bandname alle Ehren: Beat! Beat! Beat!

Bandportrait Beat beat beat, am Essen beim Tisch

BeatBeatBeat

Wer hat hier eigentlich seine Hausaufgaben gemacht?

Hinter dem rhythmischen, fast schon onomatopoetischen Namen stecken Joshua Gottmanns (Gesang, Gitarre), Moritz Leppers (Gitarre, Synthesizer), Tim Gerke (Bass) und Marius Lauber (Schlagzeug), die sich vor rund vier Jahren in der Schule zusammengetan haben, nachdem sie ihre gemeinsame Liebe zur Musik entdeckten. Und das im Alter von 16.

Das erstaunliche daran ist, dass Beat! Beat! Beat! derart weit von einer Schülerband entfernt sind, wie Dieter Bohlen von gutem Musikgeschmack. Schon die erste Nummer des Debüts - "Hard To Cherish" - besticht durch wunderschöne Gesangslinien, dem schnarrenden, angezerrten Bass, der stark an die Indie-Hochzeit der 1990er erinnert und einen erfrischenden, rohen und doch satt produzierten Sound. Dieser Song lässt vielleicht gerade wegen seiner Einfachheit an der Oberfläche das Herz jedes Gitarrenpopfans höher schlagen. Neben den melancholisch anmutenden Akkordzerlegungen und dem klassischen Schlagwerk lebt dieser Track von einer dezenten Detailverliebtheit, bei der Gitarrenlinien durch Effekte entfremdet, durch den hintergründigen Klangraum schweben.

Beat Beat Beat Albumcover "Lightmares"

Beat Beat Beat

Was beim Durchforsten von Rezensionen sofort auffällt, ist die übliche Verotung der deutschen Band im globalen, wild wuchernden Musikreferenzwald. Nicht selten wird, gemäß des Alters der Musiker, von "Hausaufgaben" gesprochen, die der junge Vierer brave gemacht habe. Die Vergleiche, die mit Bands wie The Strokes, Klaxons herangezogen werden (der NME nennt sie gar "die deutschen Foals"), wirken wie eine nur oberflächlich gemachte Hausaufgabe der Journalisten.

Klar, wer Mitte der 1990er Jahre erst geboren wurde, hat vermutlich weder Basslinien von Sebadoh noch das dreckige Gitarrenspiel von Pavement wissentlich mit der Muttermilch aufgesogen, aber vielleicht haben Joshua und Co. ja doch den einen oder anderen frühen Jimmy Eat World Song nachgehört, denn gerade die Art und Weise, wie die elektronischen Komponenten auf dem Albums eingesetzt werden, erinnert doch stark an die Zeiten von "Clarity" und "Bleed American". Schon allein deshalb könnte man die Ahnenforschung von "Lightmares" weiter zurückverfolgen, als in die Teenagerzeit von Beat! Beat! Beat!.

Und doch, ein auf die Tanzfläche schielender Disco-Groovesong mit Gitarre wie das dunkle "You're Designer" scheint sich primär an der New Rave Indie Rock Fusion zu bedienen, doch selbst da machen die vier Jungs aus Viersen etwas Eigenes daraus, ohne dabei auch nur im entferntesten an irgendwelchen Copyright Rechten zu kratzen. Und Apropos Hausaufgabe: Viersen ist eine rund 75.000 Einwohnerstadt im Bundesland Nordrhein-Westfalen, die neben Fußballspielern eher Jazzmusiker wie Till Brönner zu ihren Töchtern und Söhnen zählt. Beat! Beat! Beat! sollten da schnellstens in die Listen aufgenommen werden.

Beat Beat Beat Bandfoto

Beat Beat Beat

Leichtsinn statt Schwermut

Wie international der Vierer aus Deutschland klingt, wobei hier vor allem die Kompatibilität mit hippen Schmelztiegeln in Übersee und der nördlichen Musikhauptinsel gemeint ist, hört man an dem kecken, frechen und frischen "Too Short To Bide", das mit seinen nicht einmal drei Minuten auch von einer Strokes-Vampire Weekend-Kooks-Kreuzung stammen könnte. Zappelig und ohne große Reflexion scheinen die Musiker ans Werk zu gehen. Auch wenn das wundervolle, berührende "Bravery" eine gehörige und nicht missen wollende Portion Melancholie vorweist, sind Beat! Beat! Beat! im Großen und Ganze auf der Seite des jugendlichen Leichtsinns angesiedelt und schwelgen nicht so sehr in der traditionellen Schwermut der 1990er. Denn dieser kleinen Sehnsuchtspop-Perle „Bravery“ wird mit dem darauf folgenden "Fireworks" gleich ein zeitgeistiges, charmant wackliges Tanzstück gegenübergestellt, das genau jene Frische widerspiegelt, die man im großartigen Video zu der Charts-Single "We Are Waves" serviert bekommt.

Das schöne an Beat! Beat! Beat! ist die Frische einer Band, die mit ihrem Debüt schon einen derart großen Wurf gemacht hat, dass man sich nach eingehendem Hören von Stücken wie "See It Glisten" oder "Stars" davon wagt zu träumen, was für schöne Songs noch auf uns zukommen werden.

Dementsprechend gespannt bin ich auf den Auftritt von Beat! Beat! Beat! beim FM4 Geburtstagsfest am 22. Jänner in der Wiener Arena, wo die Vier zeigen müssen, dass sie auch auf der Bühne ihre Ungestümtheit mit professionellem Live-Handwerk zu verbinden vermögen. So wie ich das Quartett einschätze, werden sie auch diesen Prüfstein mit jugendlicher Lässigkeit problemlos meistern.