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Sarah Seekircher

(Sub-)Urbia und Überall. Reportagen, Hörspiele und andere Hauptsächlichkeiten.

1. 3. 2010 - 06:02

SMS vom AMS

Unter 21 Jahre alt, arbeitslos und mehr oder weniger frustriert. Das ist das Publikum im „AMS Jugendliche“ in Wien. Ein Bericht über das Warten und Harren auf einen Job.

Keine Arbeit - vom Leben ohne Job

10 Uhr vormittags auf dem Gumpendorfer Gürtel: In drei Spuren donnern die Autos an dem Gebäude mit dem blau-weiß-roten AMS-Logo vorbei. Wenn man genau hinsieht, ist auf dem Schild "AMS Jugendliche" zu lesen. Am Gehsteig stehen junge Leute in Dreier- oder Zweiergrüppchen herum. Man trägt schwarze Lederjacken, trinkt Cola light, spielt mit dem Handy, raucht ein, zwei Zigaretten, bevor man das Gebäude betritt.

Die Glas-Schiebetür öffnet sich und die 17-jährige Michelle (Name geändert) tritt mit zwei anderen Mädchen heraus. Die schwarz gefärbten und geglätteten Haare wehen im Wind. Während Michelle redet, zupft sie ihr kurzes Kleidchen zurecht. Am Anfang war es "leiwand", ausschlafen und zuhause bleiben zu können. Aber dann ist Michelle fad geworden. Anstatt sich zu fadisieren, würde sie lieber eine Lehre als Bürokauffrau machen. Aber Michelle hat schlechte Schulnoten und glaubt nicht mehr daran, dass sie mit ihrem Zeugnis einen Job bekommt. Auch das AMS hat ihr bis jetzt nicht weitergeholfen. "Man wird nicht wirklich beraten und dann wirst, ob du willst oder nicht, in einen Kurs g'steckt", beschwert sie sich.

AMS-Karrieren beginnen in einer kleinen, freundlich gelb gestrichenen Halle, die "Service-Bereich" heißt. An der Wand hängt ein Zettel mit der Überschrift "Wollen Sie Polizistin oder Polizist werden?", daneben ein Poster mit Infos über den Kulturpass sowie eine Tabelle mit den Auszahlungsdaten des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Hinter fünf Schaltern stehen die Jugendlichen Schlange, um sich als arbeitslos zu melden. Die meisten von ihnen suchen eine Lehrstelle.

arbeitslosengeld

apa/barbara gindl

Unter den Wartenden befinden sich nicht nur die üblichen Verdächtigen. Auch junge Leute, "von denen man nicht glauben würde, dass sie arbeitslos sind", landen hier, erzählt Gabriele Halbauer vom "AMS Jugendlíche". Damit meint sie diejenigen, die die Schule mit guten Noten abgeschlossen haben, die motiviert sind, die sich auf ihren ersten Job freuen. Natürlich gebe es auch viele junge Arbeitslose mit schlechten Schulnoten, denen grundlegende Kenntnisse in Deutsch und Mathematik fehlen, und von denen die Firmen "nicht gerade begeistert" seien. In ganz Österreich gibt es über 55.000 Jugendliche ohne Arbeit oder Lehrstelle, in Wien allein sind es 12.000.

Im "Service-Bereich" dreht auch ein Security seine Runden. Er ist da, falls die Jugendlichen mal lauter werden. Und wegen der verschiedenen Nationalitäten und so. Oder falls sie wieder einmal chatten, anstatt Bewerbungen zu schreiben. Die sechs Computer-Arbeitsplätze im "Service-Bereich" sind nämlich ausschließlich für die Jobsuche gedacht.

An einem dieser Computer sitzt Maria, die auf der Suche nach einer Lehrstelle als Bürokauffrau ist. Sie ist nicht alleine hier. Auf den Computer-Arbeitsplätzen daneben sitzen zwei Freundinnen von ihr. "Die müssen auch einen Job finden", erklärt Maria. "Am liebsten im Gastgewerbe", fügen die Freundinnen hinzu. Maria und ihre Freundinnen stehen ganz am Anfang ihrer Arbeitssuche. Da denkt man noch positiv. "Wenn man Lust hat, eine Arbeit zu finden, und du willst das wirklich, dann kann auch man eine Arbeit finden", sagen sie. In den Augen manch anderer Jugendliche hier mag das ziemlich rührig klingen.

Denn in den drei Stockwerken über dem "Service-Bereich" ist vielen die Lust auf Jobsuche vergangen. Hier tummeln sich die "Problemfälle" des AMS, also die Jugendlichen, die schon länger auf Job- bzw. Lehrstellensuche sind. Sie, die mit hängenden Köpfen in den Gängen warten, haben alle einen Termin bei einem der 100 AMS-Berater im "AMS Jugendliche". Im Viertelstunden-Takt gehen die Türen der Beraterzimmer auf, der nächste kommt dran, dann geht die Tür wieder zu.

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apa/barbara gindl

Grundsätzlich bekommt jeder Jugendliche in Wien, der sich längere Zeit vergeblich um eine Lehrstelle bemüht, einen Platz in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte oder zumindest in einem AMS-Kurs. Nicht selten landen die Absolventen von überbetrieblichen Lehrwerkstätten aber nach dem Abschluss wieder beim AMS.

Gerade ist der 19-jährige Miro (Name geändert) aus einem Beratungszimmer herausgekommen. Er hat gestern ein SMS vom AMS bekommen: "Terminerinnerung. Sie haben morgen 24. 2. 2010 um 13.15 Uhr Ihren Termin beim AMS Jugendliche. Achtung: Rückantwort nicht möglich." "Scheiße, AMS" hätte er sich in dem Moment gedacht, erzählt er lachend. Trotzdem ist er hingegangen.

Miro hat vor sechs Monaten seine Lehrstelle verloren, weil er in der Berufsschule einem anderen Burschen das Kiefer gebrochen hat. "Der hat mich Hurensohn genannt", erklärt er. Jetzt sucht Miro wieder einen neuen Job. Der lässt aber auf sich warten, einstweilen muss er wieder einen AMS-Kurs machen. Seine Begeisterung darüber hält sich in Grenzen.

Dass einige seiner Kunden "nicht gerade positiv" gestimmt zu ihm kommen, nimmt Roman Ranosz nicht persönlich. Er ist einer von 100 Beratern im "AMS Jugendliche". Jede Viertelstunde geben sich bei ihm die jungen Leute die Türklinke in die Hand. Je länger die Jobsuche dauert, desto schlechter geht es den Jugendlichen psychisch, weiß Ranosz.

Für Miro jedenfalls scheint die Vorstellung, wieder einen Job zu bekommen, in weite Ferne gerückt zu sein. "Wenn man arbeitet, ist das sicher schön", meint er, " du stehst auf, du hast einen normalen Tagesablauf, du hast Ziele."