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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

26. 3. 2017 - 13:23

Die Wüste, die Flüchtigkeit und die Liebe

Berührend schön und betörend melancholisch. "Dorado", das neue Album von Son Of The Velvet Rat, entführt uns von Graz in die kalifornische Wüste. Zu hören im FM4 Soundpark.

Schon in die ersten Töne habe ich mich verliebt. Das balladeske und ergfreifende Stück "Copper Hill" besticht durch herrlich traurige Bläsersätze, ein schleppendes Schlagzeug, sehnsuchtsvolle Mundharmonika-Linien und das raue und gleichzeitg intime Timbre des Grazers Georg Altziebler. Der Refrain, der wie die untergehende Sonne die letzten wärmenden Strahlen auf uns wirft, wird von Georgs Frau Heike stimmlich unterstützt und schwingt sich auf zu einem nachhaltigen Mantra der Popmusik. Ist es doch diese "Lüge", dieses Versprechen nach Vollkommenheit, der so viele Musiker im Bemühen, den perfekten Song zu schreiben, hinterherjagen. Georg ist einer davon und wird nicht müde, seine musikalische Ausdrucksform von Jahr zu Jahr zu verfeinern.

Das neue Album "Dorado" selbst ist ein Versprechen, das sich ganz der großen Liebe zur Musik verschreibt. Ein Versprechen, seine Gefühle und Wünsche ernst zu nehmen, um sie mit der Sprache wundervoller Song auszudrücken. Und über allem spannt sich der weite Himmel der kalifornischen Wüste.

Bandfoto Son Of The Velvet Rat

Dieter Sajovic

Die Wüste

Schon öfters habe ich von der österreichsichen Band Son Of The Velvet Rat geschwärmt, die bereits mit ihrem Album "Animals" Graz verlassen haben, um in Nashville aufzunehmen. Vor sechs Jahren haben sie mit "Red Chamber Music" ihr bis dato stimmigstes Werk abgeliefert, bei der die amerikanische Country-Sängerin Lucinda Williams mitgewirkt hat. Schon damals habe ich mich gefragt, ob man das noch toppen kann. Nach der letzten Platte "Firedancer" veröffentlichen Son Of The Velvet Rat nun "Dorado" und wieder haben es Georg Altziebler und seine Frau Heike geschafft, ein unglaublich berührendes Album zu schaffen, wobei diesmal die Vorzeichen ganz andere waren.

Albumcover "Dorado" von Son Of The Velvet Rat

Son Of The Velvet Rat

Mittlerweile leben Georg und Heike mit ihrem Sohn die gute Hälfte des Jahres in der kalifornischen Wüste, wärhend der Rest in Europa, hauptsächlich beim Touren zugebracht wird, wobei da Graz noch immer als Basis fungiert. Die vielen guten Kontakte in den USA haben Son Of The Velvet Rat zum ersten Mal ein amerikanisches Label beschert, Fluff & Gravey. Sich bei einer derart großen Konkurrenz als östereichische Band durchzusetzen ist schon eine Kunst. Grund dafür ist sicherlich auch Musiker Joe Henry, den Georg und Heike als Produzent gewinnen konnten. Er hat schon mit Größen wie Elvis Costello, Amiee Mann, Ani DiFranco oder Solomon Burke im Studio gearbeitet. Für das Album "Dorado", das in nur wenigen Tagen aufgenommen wurde, hat Joe Henry seine Studiomusiker dazugeholt, die auch schon für Bob Dylan oder Tom Waits gespielt haben. Diese hochkarätige Besetzung hat die Songs von Son Of The Velvet Rat klanglich auf eine neue Ebene gehoben.

Die Single "Blood Red Shoes" ist ein gutes Beispiel für den gefühlvollen, detailreichen und emotional durchdringenden Sound. Angefangen von dem zart-geschmeidigen Schlagzeuggroove über die spährischen Gitarren, sanften Klavierakkorde und die betörende Stimme von Victoria Williams sitzt hier jeder Ton und jeder Schlag. Es ist eine unglaublich starke Basis, die Georgs Stimme noch mehr Kraft verleiht.



Die Flüchtigkeit

Son Of The Velvet Rat live:

  • 31. März: Spring Festival, Feldbach
  • 1. April: Ku:L, Ölbarn
  • 7. April: Lendhafen, Klagenfurt
  • 8. April: Astnersaal, Wörgl
  • 20. April: KUD Channel Zero, Ljubliana, Slovenia
  • 5. Mai: Container25, Wolfsberg
  • 12. Mai: Marenzihaus, Leibnitz
  • 13. Mai: Sargfabrik, Wien
  • 19. Mai: Kino Ebensee, Ebensee
  • 20. Mai: PPC, Graz
  • 10. Juni: Tivoli, Vorarlberg
  • 11. Juni: Lost Weekend 'The Munich Sessions', München
  • 22. Juni: Rhiz, Wien

Thematisch dreht sich das Album "Dorado" um die flüchtigen Momente im Leben eines Reisenden, eines Suchenden und entwurzelten Menschen. Manchmal werden allgemeine Themen wie bei "Copper Hill" nur durch den Ortsnamen geerdet, manchmal steckt sogar eine selbst erlebte Geschichte dahinter. Bei "Starlite Motel" singt Georg von einer nächtlichen Schießerei vor seinem Hotel, die er am Tag danach recherchiert hat und schaft daraus das Bild einer zerütteten Gesellschaft. Die angezerrten Gitarrenlinien im Gleichklang mit der Mundharmonika jagen einem eine Gänsehaut ein.

Das beschwingte und fröhlich anmutende "Surfer Joe" ist mit seinen verhallten Slide-Gitarren, dem stampfenden Rhythmus, dem grabenden Bass und den großartigen Bläsersätzen einer realen Person gewidmet, die allerdings weder Joe heißt, noch Surfer ist. Das wäre Georg viel zu konkret, geht es doch meist um das Abbilden eines Gefühls, einer Erinnerung oder eines kurzen Eindrucks, der sich in der Seele des Musikers verankert hat. Und genau das macht die Songs von "Dorado" so einzigartig und irgendwie auch allgemeingültig und zeitlos schön. Das letzte Stück "Franklin Avenue" ist mit seinen fallenden Blättern auf der Straße von Los Angeles vielleicht noch die Ballade mit dem realsten Bezug, wobei auch hier viel mehr mitschwingt, als die kunstvolle Beschreibung eines urbanen Raums.

Son Of The Velvet Rat

Moni Haworth

Die Liebe

Will man einen roten Faden durch dieses grandiose Album "Dorado" finden, dann ist es neben der erwähnten Flüchtigkeit am ehesten die Liebe. Die Liebe zur Musik, die Liebe zum Leben, zu den kleinen Dingen die große Gefühle auslösen können. Das Annehmen der Vergänglichkeit mit dem Wissen, dass alles von tiefer Liebe durchdrungen ist.

Am Eindrücklichsten ist da das herzzerreißend schöne Stück "Love's The Devil's Foe", das als schichtes Liebeslied gehört werden kann, aber auch als das große Gegenkonstukt zu einer verrückter werdenden Welt, die jeden Tag ein Stück mehr aus den Fugen zu geraten scheint. Zugleich verhandelt es auch den archaischen Kampf zwischen Gut und Böse, begleitet von sanftem Schlagzeug, melancholischen Melodica-Melodien, zarten Akustikgitarren und den schönen Backing-Vocals von Heike und Miriam Bichler. Eine der stärksten Nummern, die trotz vordergründiger Schwermut die Hoffnung und das Leben feiert. So ist "Dorado" ein zeitloses, berührendes und zutiefst menschliches Album geworden, das sich nach jedem Mal hören ein Stück mehr im Herzen einnistet.

Sonntagnacht im FM4 Soundpark:

  • 01:00 bis ca. 02:00 Uhr: Listening Session mit Georg und Heike von Son Of The Velvet Rat zum Album "Dorado"
  • 02:00 bis ca. 03:00 Uhr: Lisa Schneider im Interview mit Markus Gratzl anlässlich 10 Tage Teenbeat Club
  • 03:00 bisc ca. 04:15 Uhr: FM4 Soundpark in the Mix - Electronic March 2017
  • 04:15 bisc ca. 04:45 Uhr: Elli Uda, das Album "Above & Beyond" in the Mix
  • 04:45 bisc ca. 05:45 Uhr: Listening Session mit Anna und Paul von HVOB durch das neue Album "Silk"
  • 05:45 bis 06:00 Uhr: FM4 Schnitzelbeats mit Al Bird Sputnik