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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

3. 4. 2009 - 15:57

Animalische Sehnsucht

Graz - Nashville - und zurück. Das animalische Sehnsuchtsalbum von Son Of The Velvet Rat.

Letzte Woche, als ich enthusiastisch mit der neuen Son Of The Velvet Rat Platte in der Hand durch die Musikredaktion gelaufen bin, meinte mein Kollege B. zu mir: "Ich möchte gerne einmal so alt sein, wie Georg Altziebler kingt."

Es stimmt schon, die Songs des Grazer Sängers klingen sehr gereift und durchwachsen. Allerdings hat er den Weg der akustischen Traurigkeit schon Anfang der Neunziger mit Pure Lane und Bloom 05 eingeschlagen. Was unter dem Namen Son Of the Velvet Rat schon seit Jahren komponiert wird, findet in dem neuen Werk "Animals" nun seine Perfektion.

Auch wenn es immer leicht zu sagen ist, das neueste Album sei das Beste, so hat Georg Altziebler diesmal selbst das Gefühl, etwas Größeres geschaffen zu haben. Selbst wenn er es nie so ausdrücken würde, sondern lieber ein wenig abschwächt:

"Ganz leise habe ich schon das Gefühl, dass dieses Album rund und gelungen ist. Ich bin damit ganz zufrieden."

Vollkommenheitsstreben

Ingo Pertramer

Der Song "Sand Mountain", der mit wundervollen Klavierakkorden und kratzenden, verhallten Geräuschen in die Welt von "Animals" einführt, weckt gleich zu Beginn ein tiefes Gefühl der Sehnsucht. So singt Georg Altziebler von Wünschen und Träumen, die man immer mit sich herum trägt und die öfter auf Sand als auf Felsen gebaut sind.

Die Sehnsucht findet sich oft als roter Faden in den Werken von Son Of The Velvet Rat. Allerdings nicht immer in der uns üblichen Gebräuchlichkeit.

"Es geht nicht immer um Sehnsucht nach Menschen oder Stimmungen, sondern auch immer um das beschnittene, eigene Ich. Um die eigene Unzulänglichkeit. Wenn man von Sehnsucht spricht, kann man sagen, dass es sich auch immer um ein Sehnen nach der eigenen persönlichen Vollkommenheit handelt."

So wird einem das Herz angenehm schwer, wenn man Textzeilen wie die folgenden hört:

lend me your ear for my secrets to tell
not all of them - some of them
those that are too hard to keep
lend me your brain, lend me your eyes to see through
and when I'm sad, lend me your eyes to weep

(Son Of The Velvet Rat - "Come Help Me")

Vom amerikanischen Country zum europäischen Folk

M.Nemeskal, J.Knoth , M.Wegscheidler, R.Rygalyk, W.Gröbchen, Ch.Marek, B.Thalhammer

Wie schon das letzte Album "Loss & Love" wurde auch "Animals" in Nashville Tennesee mit Studiomusikern aufgenommen. Während das letzte Werk stark von der amerikanischen Countryatmosphäre beeinflusst war, ist Georg Altziebler diesmal mit einer konkreten Idee für eine veränderte Soundästhetik an die Aufnahmen herangegangen.

"Ich wollte eigentlich bewusst das Album europäischer anlegen. Es war ganz lustig das zu kommunizieren, da die Studiomusiker in Nashville immer zuerst das ihnen Naheliegenste probieren. Und wenn man im vorhinein Anweisung gibt, 'das brauchst du gar nicht zu probieren, mach lieber das Gegenteil oder was ganz anderes' oder Melodien auch mit ganz anderen Instrumenten zu spielen, dann hält das nicht nur den Sound, sondern auch die Musiker frisch."

So eine Anweisung war zum Beispiel für die Nummer "Same Monkey (in a different zoo)", die Bläser sollten beim Einspielen an die Rolling Stones Platte Exile On Main Street denken. Auch wenn das Ergebnis viel weicher und weniger funkig klingt, war doch der Versuch, sich aus den eigenen persönlichen Mustern und Hörgewohnheiten herauszuholen, sehr erfolgreich.

Ingo Pertramer

Darüber hinaus bedurfte es einer ausgewogenen und hervorragenden Produktion, die einmal mehr der Ex-Wilco-Drummer Ken Coomer übernommen hat. Nicht nur, dass er zur klanglichen Transparenz und den abwechslungsreichen Arrangements beigetragen hat, Ken setzte sich auch selbst hinters Schlagzeug, um mit seiner entspannten und zugleich groovigen Art eine solide Basis für die Songs zu schaffen.

Die drei Bonusstücke, die sich am Ende des Albums finden (inklusive einer neuen, langsamen Version von "Fall With Me"), wurden während einer Session in Berlin aufgenommen. Neben der langjährigen Live-Band, bestehend aus Albrecht Klinger, Christian Eiter und der Orgelspielerin und grandiosen Background-Stimme Heike Binder, war für den Rhythmus der Element Of Crime Schlagzeuger Richard Pappik verantwortlich. Das Ergebnis ist weitaus roher und kantiger als der Rest der Platte. Ein schöner Kontrast.

Zwischen Affen und Federvieh

Son Of the Velvet Rat

Das Cover der neuen Son Of The Velvet Rat-Platte "Animals", erschienen auf Monkey Music, zeigt einen Strand von Santa Monica. Im Hintergrund ein relativ heruntergekommener Vergnügungspark. Und auch hier darf ein Vogel nicht fehlen.

Was spätestens beim zweiten Hördurchgang auffällt: Es tummeln sich viele Tiere auf dem Album. Affen, Papageien, Tauben und Federvieh aller Art. Konzept steckt jedoch keines dahinter.

"Ich habe erst im Nachhinein bemerkt, dass das Album recht animalisch geworden ist. Es ging mir eher um das Parabelhafte in den Songs, das bei mir schon immer vorhanden war. Und dieses Mal ist es ein bisschen gehäufter."

Trotzdem passt der Vogel als Metapher, als Sinnbild für Freiheit ganz gut für diese Platte. Und wie Georg noch ergänzt:

"Außerdem können Vögel oft gut singen. Und das ist etwas, was viele Menschen gerne können würden. Abgesehen vom Fliegen."

Singen kann Georg Altziebler auf alle Fälle. Noch dazu ist "Animals" das bislang stimmigste und ausgewogenste Album des Grazer Musikers. Unbedingt reinhören!

Tipp:

Am Freitag, 3. April (Erscheinungstag des Albums), sind Son Of The Velvet Rat als Duo im Marenzihaus in Leibnitz zu Gast. Beginn: 20 Uhr.