Erstellt am: 16. 6. 2016 - 12:14 Uhr
Songwritersommer
Nach längerer Pause wieder eine kleine Rundschau an aktuellen Musikvideos aus Österreich: Denn zwischen Festivalwahnsinn und Europameisterschaftseuphorie zahlt es sich aus, sich ein paar Minuten Zeit für die schönen Sommersongwriterlieder zu nehmen, die von reduzierter Akustik über breiten Indiesound bis zur großen Rockgeste reichen.
Bernhard Eder - "El Beatle"
Wir starten aus aktuellem Anlass gleich mal mit dem Fußballlied. Aber keine Sorge, wenn sich der Indiemelancholiker Bernhard Eder dem Thema widmet, dann wird daraus kein primitiver Mitgrölsong für das Stadion. Obwohl - das herzerweichende "Dodododo" - das könnte man schon in einer alkoholgeschwängerten Runde mitträllern.
Der Song "El Beatle", eines der Fußballlieder vom Lasvegas Records Sampler "Lieber ein Verliere sein 2", ist dem nordirischen Spieler George Best gewidmet. Aus der Sicht der sehr tragischen Fußballfigur gesungen, besticht "El Beatle" durch den swingenden Charme der Siebziger, komplettiert durch Archiv-Material der Sportplatzeröffnung in Geboltskirchen 1976. Eine runde Sache, auch für Menschen, die sich nicht für das runde Leder interessiert.
Bell Etage - "Seasons"
Es ist nicht nur die markante und wundervolle Stimme von Ernst Tiefenthaler, die den Songs von Bell Etage ihre Dringlichkeit verschafft. Das verspielte Arrangement, die detailverliebte Inszenierung, die erfrischende Energie, all das trägt zum Erfolgsrezept der fünfköpfigen Band aus Wien bei. Nach längerer Pause erscheint das neue Album "fishing for continents", das am 24. Juni im Wiener Fluc präsentiert wird.
Der Vorbote "Seasons" ist ein mitreißendes Stück, irgendwo zwischen akustischem Rock, gefühlvollem Pop und klassischem Singer/Songwritertum angesiedelt. Die ausgewogene und transparente Produktion wird visuell unterstützt von Bildern, die von fünfundzwanzig Schülern eines Polytechnikums stammen. Im Rahmen eines Mukato Projekts haben sie zu einer Vorabversion von "Seasons" ihren Assoziationen freien Lauf gelassen. Das Ergebnis ist ein spannende, kurzweilige und sehr gut zum Song abgestimmte Bilderschau, die ihrerseits wiederum zum Träumen und Assoziieren einlädt.
Fräulein Hona - "La Percée Du Soleil"
Zart und zerbrechliche wirken die Songs der Band Fräulein Hona. Und doch besitzen sie eine innere Kraft und Bestimmtheit, die einen nicht so leicht wieder loslässt. Laut Eigendefinition erzählen ihre Songs "Geschichten von melancholischen Zimtstangen, blauen Matrosen und verlassenen Plätzen", vorgetragen in charmanter, zurückhaltender Art.
Das neue Stück "La Percée Du Soleil", ein akustischer, knöchener und wunderschöner Popsong, wird von einem ungewöhnlichen Tanzvideo begleitet, das mehr und mehr zu einer Theaterperformance wird. Dabei spielt der Ort, an dem gedreht wurde, eine wesentliche Rolle. Er gibt dem Ganzen einen sehr eigenwilligen Rahmen und lässt uns trotz seiner Größe einen scheinbar intimen Einblick in das Geschehen haben.
MIK - "Stones"
Mit Gegensatz zu Fräulein Hona spielt Sänger Michael Tanczos (manche kennen ihn noch von seiner Band Zeronic) bei seinem neuen Projekt MIK eindeutig mit der großen Stadiorock-Geste. Dementsprechend kommt die neue Single "Stones" daher, ein schön produzierter Gitarrenrocksong mit klassisch steigerndem Aufbau, schönem Refrain und einprägsamen Melodien.
Ein gewisses Selbstbewusstsein und Mut gehören dazu, sich als alleiniger Mittelpunkt für ein Video hinzustellen. Dank des cleveren Schnitts und der kunstvollen Montage von Julia Hofer und Joe Schroecker wirken die Bilder und Aufnahmen von "Stones" nie over the top oder gar peinlich, sondern rücken den smarten Sänger mit gekonnter Lässigkeit ins Rampenlicht.
A Life A Song A Cigarette - "Take Me Back"
Zum Schluss ein kleiner Nachtrag, der perfekt in den Indiepop-Reigen passt. Die aktuelle Single aus dem großartigen A Life A Song A Cigarette-Album "All That Glitters Is Not Gold" ist die unüberhörbare Verbeugung der Band vor ihren Idolen. Nicht nur soundtechnisch muss man bei "Take Me Back" oft an die Beatles denken und doch besitzt dieser schöne Popsong genug von dem zart-melancholischen ALASAC-Touch, in den man sich verlieben kann.
Eine witzige Idee und deren liebevolle Umsetzung machen das Video zu "Take Me Back" zu einem ganz besonderen Musikfilmchen. Erzählt wird in ungewöhnlicher Weise der stereotypische Verlauf einer jungen Verliebtheit.
Dabei kommt wie auch schon bei "Blindhearted" der Trick des Videos im Videos zur Anwendung. Die vielen Details und überraschenden Umsetzungen machen das Video zu "Take Me Back" zum großen Spaß.