Erstellt am: 31. 3. 2016 - 13:26 Uhr
You're at Oculus-Home, Baby!
Oculus Home ist das VR-Pendant zu Onlineshops wie Google Play und iTunes - eine Plattform, auf der man seine Kreditkartendaten hinterlässt und dann jederzeit verschiedenste Apps und Games kaufen kann - nur dass diese im Fall der gerade gestarteten Verkaufsplattform eben für das Oculus Rift gedacht sind, genauer gesagt für die erste offizielle "Consumer Version" des Oculus Rift, dessen Entwicklerversionen sich ja bereits seit 2013 in den Händen bzw. auf den Köpfen einiger Enthusiasten befinden.
Oculus
Für Virtual Reality (VR) als neues Medium ist die Veröffentlichung von Oculus Home ein bedeutender Schritt. Erstens, weil die zu Facebook gehörende Firma Oculus damit in den Geschäftsbereich des Appverkaufs vordringt, der bisher von Apple, Google, Valve (Steam) und Microsoft erfolgreich beackert wurde. Zweitens, weil die bisher von zahlreichen technischen Schwierigkeiten begleitete Benützung von VR-Games und -Apps dank Oculus Home mit einem Schlag bequemer und angenehmer geworden ist.
Oculus
Plug and Play
Das Setup der Software ist einfach: Innerhalb weniger Minuten ist nicht nur der Shop, sondern auch der neue Treiber für das Oculus-Rift-Headset installiert. Dank dem Treiberupdate wirkt die virtuelle Welt sogar bei Benutzung des älteren Rift-Modells (Development Kit 2) wesentlich flüssiger als bisher. Außerdem wird die Brille nun nicht mehr als Bildschirm von Windows verwaltet (was einige Probleme mit sich brachte), sondern als völlig eigenes Gerät. Die Darstellung auf einem herkömmlichen Fernseher oder Monitor ist also völlig unabhängig vom Bild, das an die Brille gesendet wird. Das macht die Benutzung sehr viel einfacher.
Oculus
Wenn auf dem Computer nicht gerade eine VR-Anwendung läuft, dann sieht man in der Brille immer Oculus Home (außer man schließt dieses Programm auch). Das virtuelle Heim wirkt sehr gemütlich: Ein geräumiges Loft mit plätschernden Wasserspielen, einem Kaminfeuer mit merkwürdigen Würfeln darin, herbstlichen Bäumen vor dem Fenster und Kuschelpolstern auf dem Fußboden. Ein großer Browser schwebt in der Luft und lädt zum Stöbern im Spiele-, App- und Filmangebot ein.
CCP
Wer mehr als nur Action im Weltraum will, sei auch auf das hervorragende "Elite: Dangerous" hingewiesen, ebenfalls in Oculus Home erhältlich. Es ist eine ausgewachsene Space Sim, das die gesamte Milchstraße simuliert und nicht nur zum Kämpfen, sondern auch zum gemütlichen Forschen und Entdecken einlädt.
Prominent angepriesen werden natürlich die beiden als sogenannte Launchtitel des Oculus Rift gehandelten Spieletitel "Lucky's Tale" und "EVE: Valkyrie". Bei Letzterem handelt es sich um ein wunderschönes Weltraumkampfspiel, das im selben Universum spielt wie das legendäre Rollenspiel "EVE Online". Das isländische Entwicklerstudio CCP arbeitete seit 2013 an dem Spin-off-Titel "EVE: Valkyrie" und legte damit quasi eine Blaupause für VR-Dogfighting-Games hin.
Oculus
Ein gänzlich unerwartetes Spielgefühl erzeugt der zweite Launchtitel. "Lucky's Tale" ist ein Jump'n'Run-Spiel im Stile alter Nintendo-64-Klassiker, nur wirkt es völlig anders. Weil man beim Spielen ständig über einer miniaturisiert dargestellten Spielwelt schwebt und den kleinen, niedlichen Figuren zusieht, fühlt man sich ein bisschen wie ein Kind, das auf dem Teppichboden herumtollt und ein großartiges Abenteuer mit Spielzeugfiguren erlebt. Mit Figuren allerdings, die sprechen und eine äußerst lebendige, amüsante Geschichte erzählen. "Lucky's Tale" ist so gut, dass wir es in einigen Jahren als Meilenstein von der Größe eines "Super Mario 64" oder "Conker’s Bad Fur Day" betrachten werden. Die vielleicht beste Nachricht: Das Spiel ist kostenlos erhältlich.
E McNeill
Neben diesem Gratisspiel und Vollpreistiteln wie "EVE: Valkyrie" befinden sich in Oculus Home auch einige Games, die zwischen zehn und 20 Euro kosten. Eines dieser Spiele, dessen Entwicklung ich seit der ersten Demoversion im Jahr 2013 verfolge, ist das Indiegame "Darknet". Das abgebildete Foto wird dem großartigen Cyberpunk-Spiel nicht gerecht: Wenn man sich als "Hacker" in seiner abstrakten Umgebung befindet, fühlt man sich gleich in die virtuellen Welten von "Tron", "Neuromancer" und "Snow Crash" versetzt.
Oculus
Das Potenzial der neuen VR-Technologie für Video und Film erkannten auch bereits Regisseure wie David Cronenberg. Bis dessen VR-Film "The Pod" erscheint, wird noch ein wenig Zeit vergehen, aber in Oculus Home gibt es einige sehr gute Beispiele für die Möglichkeiten des neuen Mediums. "Invasion" ist der erste Kurzfilm einer Serie, in der niedliche Hasen und ebenfalls niedliche, aber gemeine Aliens einen höchst amüsanten Konflikt austragen.
Oculus
Auch "Lost" zeigt in nur wenigen Minuten, wie atemberaubend Virtual Reality wirken kann - ich will nicht viel mehr verraten, aber es geht wieder einmal um die Größenverhältnisse, die in Headsets wie dem Rift völlig realistisch wirken.
Oculus
Eine gute Möglichkeit, Oculus Rift oder auch Samsung Gear VR selbst auszuprobieren, gibt es im Vrei, einer Virtual-Reality-Lounge im 7. Wiener Gemeindebezirk.
Oculus bietet drei Apps an, mit denen 360-Grad-Fotos und -Videos von diversen Plattformen (YouTube, Vimeo, Facebook, Twitch etc.) betrachtet werden können. Die Qualität vieler dieser 360-Grad-Videos hinkt den im vorigen Absatz genannten echten VR-Filmen zwar hinterher, dafür gibt es laufend neuen Content, unter dem sich manchmal doch einige Highlights finden lassen. Zuletzt habe ich ein Interview mit Michelle Obama gesehen, die interessante Dinge über ihren und Barack Obamas Umgang mit Social Media erzählt, während man bei ihr im Weißen Haus sitzt und ihre Antworten durch diverse, sehr gut gemachte Einblendungen im virtuellen Raum ergänzt werden. Dieses hervorragende Interviewvideo zeigt gewissermaßen auch eine mögliche Zukunft des Journalismus.