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Martin Pieper

radio FM4

Martin Pieper

Ist Moderator und Chefredakteur von seinem Lieblingssender. Hat sein Hobby zum Beruf gemacht.

31. 7. 2015 - 14:19

Menschenwürdige Unterkünfte für Flüchtlinge

Aufnahmestopp in Traiskirchen, Asylquartiere werden Regierungssache und mehr Geld für unbetreute minderjährige Flüchtlinge. Viel hat sich in den letzten Stunden beim Thema Flüchtlingsmisere getan. Und so könnt ihr konkret helfen.

"Wir brauchen einen Systemwechsel"
Die Situation in Traiskirchen ist mehr als angespannt, die Flüchtlings-Krise findet kein Ende. Rund 4.500 Personen leben derzeit auf dem Gelände des Erstaufnahmezentrums. Ein Lokalaugenschein.

Ich habe euch was mitgebracht: Hass, Hass, Hass!
Besonders rund ums Thema Flüchtlinge tauchen derzeit die grauslichsten hasserfüllten Postings im Netz auf. Aber wie damit umgehen?

Die Flüchtlingsproblematik in Österreich hat gestern auch international für Schlagzeilen gesorgt. Amnesty International fordert den Zugang zum Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen, um zu überprüfen, ob die Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht sind. In den letzten Stunden hat sich einiges getan:

  • Niederösterreich hat einen Aufnahmestopp in Traiskirchen erlassen. Dieser tritt ab Mitte der Woche in Kraft. Dann sollen vorerst keine neuen Flüchtlinge und Asylwerber in dem völlig überbelegten Erstaufnahmezentrum mehr aufgenommen werden. "Die medizinische und hygienische Lage erfordert diese Maßnahme", meint Landeshauptmann Pröll von der ÖVP.
  • Asylquartiere werden Regierungssache: Der Bund soll künftig in Gemeinden und Bezirken selbst Grundstücke mieten oder kaufen können, um darauf Flüchtlingsunterkünfte einzurichten. Eine Reaktion auf die Tatsache, dass viele Bundesländer immer noch nicht ihre Aufnahmequoten erfüllen. Bis Ende Juli hätten 6.500 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden sollen. Bundeskanzler Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Mitterlehner (ÖVP) haben dafür ein Verfassungsgesetz angekündigt, wofür sie aber eine Zweidrittel-Mehrheit und somit weitere Unterstützung anderer Parteien benötigen.
  • Das Geld für unbetreute minderjährige Flüchtlinge wird erhöht: Statt bisher 77 Euro steht für die Betreuung Minderjähriger in Wohngruppen ab morgen 95 Euro pro Tag zur Verfügung. Die Erhöhung des Betreuungsgeldes war eine der dringenden Forderungen von NGOs und Kinderanwälten. Die jährlichen Mehrkosten dafür werden mit 32 Millionen Euro beziffert.
  • Alle 50 unbegleiteten minderjährigen Mädchen, die sich derzeit in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen befinden, werden von der Stadt Wien aufgenommen und in eine leer stehende Liegenschaft gebracht.
  • Laut Innenministerium sollen Asylwerber nach der Erstaufnahme auch direkt an die Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und Hilfswerk übergeben werden können, nicht nur an die Bundesländer.
Zelte in Traiskirchen

APA / Roland Schlager

Konkret helfen

Die Caritas, insbesondere der Omni.Bus Traiskirchen und die Selimiye-Moschee tun außerhalb des Lagers, was sie können, um zu helfen. Das Lager selbst, in der Zuständigkeit des Innenministeriums, wird von der privaten Sicherheitsfirma ORS betreut und bleibt für NGOs und Journalisten weiterhin Sperrzone. Man ist auf die Bilder und Berichte von Flüchtlingen selbst angewiesen, um in das Herz einer katastrophalen Situation zu blicken.

Für Traiskirchen

#refugeeswelcome

FM4 stellt Initiativen vor, die die Situation von Flüchtlingen in Österreich verbessern wollen. Wir sind über alle weiteren Hinweise über NGOs und engagierte Privatinitiativen dankbar.

Kontakt: fm4@orf.at. Weitere Informationen auf fm4.orf.at/refugeeswelcome

Der Omni.Bus in Traiskirchen ist nach wie vor eine gute Adresse für aktuelle Infos über die Lage in Traiskirchen. Ein Blick auf die Facebook-Seite der Caritas schadet nie.

"Was uns momentan am meisten fehlt, sind Geldspenden. Wir haben 20.000 Euro für Schlafsäcke ausgegeben. Wir brauchen dringend jemanden, der den Omni.Bus hauptamtlich betreut. Einige von uns arbeiten seit Wochen ohne Pause, opfern jeden Abend und jedes Wochenende, und wir sind am Limit."

Wer einen Schlafsack spenden will und finanzielle Unterstützung leisten kann, hier die Kontonummer:
RBI BIC: RZBAATWW
IBAN: AT16 3100 0004 0405 0050
Kennwort: "Schlafsack/Traiskirchen"

Flüchtlingskind in Traiskirchen

Omni.Bus Caritas

Die Caritas sucht aber neben der ganz konkreten Soforthilfe auch für längerfristige Lösungen noch dringend Partner. Es geht um Wohnraum.

"Lieber Bürgermeister, liebe Landeshauptleute, liebe Pfarrer, liebe Bischöfe, liebe Firmen, liebe Privatpersonen: Bitte schaut nochmal, ob Ihr eine Wohnung habt, die Ihr zur Verfügung stellen könnt."

Wer sich angesprochen fühlt, möge sich schleunigst bei der "Machbar in Not, Wohnungen für Flüchtlinge"-Initiative der Caritas melden.

Zeichen setzen in Wien

Unter dem etwas umständlichen Titel: Die schweigende Mehrheit sagt Ja! findet schon seit letztem Sonntag eine 24/7 - Dauerkundgebung auf dem Platz gleich neben der Wiener Staatsoper statt, die sich für eine humanere Flüchtlingspolitik einsetzt. Das aktuelle Lesungs-, Musik- und Diskussionsprogramm dieser Aktion, die vielleicht nicht von ungefähr genau dort stattfindet, wo einst Christoph Schlingensief seinen "Ausländer Raus"-Container installierte, wird ständig aktualisiert. Nach Gustav, Dirk Stermann oder dem Nino aus Wien haben sich für Freitag Abend etwa Clara Luzia, Ana Threat oder Eloui samt Ernesty International angesagt. Das Team hinter "der schweigenden Mehrheit" sucht übrigens noch dringend allerlei PerformerInnen für die nächsten Tage.

St. Pölten hilft Traiskirchen

Falls ihr im Raum St. Pölten Sachspenden für Traiskirchen abgeben wollt: am Dienstag (15 bis 17 Uhr) und am Donnerstag (9 bis 11 Uhr) könnt ihr in der Veranstaltungshalle vom frei:raum, Herzogenburger Straße 12, Spielsachen (Bälle, Malsachen, Stofftiere), Toilett-Artikel (Rasierer, Binden, ...), Decken, Schlafsäcke und Schuhe spenden. Bekleidungen oder größere, sperrige Sachen wie Kinderbetten und Kinderwagen werden derzeit nicht benötigt.

Flüchtlinge ohne Dach in Traiskirchen

APA/EINSATZDOKU.AT

Drachenbootrennen in Niederösterreich

Im Waldviertel in Litschau könnt ihr am Samstag beim Drachenbootrennen rund um den Herrensee mitfahren und anfeuern. Das Team "Mesopotamia Dragon" wird mit syrischen und afghanischen Flüchtlingen an den Start gehen.

Flüchtlinge Willkommen in Salzburg

Die Facebook-Seite "Flüchtlinge Willkommen in Salzburg" listet nicht nur auf, wie man rund ums Salzkammergut Flüchtlingen etwas Gutes tun kann, sie laden auch ein zum Refugees Welcome Afternoon am Sonntag von 15 bis 19 Uhr im Volksgarten Park. Dort kann man mit Flüchtlingen einen schönen Nachmittag verbringen, sich gegenseitig austauschen und Spaß haben. Bitte nehmt Spiele mit, die man im Park gemeinsam spielen kann (Federball, Slackline, Boccia,...) und was ihr Trinken und Essen wollt.

In ganz Österreich

Unsere #refugeeswelcome T-Shirts sind bei euch immer noch sehr beliebt - danke dafür! Das freut uns und den Verein Purple Sheep, denn mit dem Reinerlös wird die Flüchtlingsbetreuung im Freunde Schützen Haus unterstützt. Zu jedem Leiberl gibt es nun auch #refugeewelcome-Pickerl gratis dazu, damit ihr in eurem Umfeld ein Zeichen setzen könnt und diese Welt ein bisschen menschenfreundlicher macht. Die Shirts könnt ihr bei uns im FM4 Shop bestellen. Haben wir schon erwähnt, dass die Leiberl aus Baumwolle aus biologischem Anbau gefertigt wurden?

Refugees Welcome T-Shirt

FM4 / Alex Wagner

Und sollten unsere Shirts mal wieder ausverkauft sein: Auch die Plattform refugeeswelcome.at verkauft Benefizleiberl und will damit in privaten und öffentlichen Räumen ein Statement für eine offenherzige und unterstützende Haltung gegenüber asylsuchenden Menschen in Österreich abgeben. Die Privatinitiative von Karin Mayer und Ute Mayrhofer unterstützt mit den Shirts den Verein "Hemayat", der psychotherapeutische Hilfe für Flüchtlinge zur Verarbeitung von Traumata anbietet.

Platz für Flüchtlinge in den Gemeinden

Das Netzwerk #aufstehn geht einen ganz pragmatischen Weg, um Flüchtlingen zu helfen. Sie finden, dass es in den Gemeinden genug Platz für Flüchtlinge gibt, die BürgermeisterInnen aber aus Angst, ihren Job zu verlieren, keine aufnehmen wollen. Auf ihrer Website kannst du deinem Bürgermeister oder deiner Bürgermeisterin via Formular ganz einfach eine Email schreiben und ihnen mitteilen, dass du es befürwortest, wenn in deiner Gemeinde Flüchtlinge aufgenommen werden.