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Petra Erdmann

Im Kino und auf Filmfestivals

9. 2. 2015 - 13:34

"Don't hurt the girls when you dance..."

... "(or any other time)". Der schönste Berlinale-Satz stammt von Kurt Cobain, dessen Leben - und einmal nicht sein Tod - auf der Berlinale dokumentiert ist.

„Don´t hurt the girls when you dance (or any other time)“. Diesen Satz hat Kurt Cobain in eines seiner unzähligen Notizbücher gekritzelt. Und weil es in einer Rockumentary so richtig laut krachen muss, hat auch Regisseur Brett Morgen für seine Doku „Cobain – Montage of the Heck“ Cobains Handschrift dutzende Male heftig wie wütend animiert. Das versprochene intime Privat-Archivmaterial („fully authorized by Cobain´s family“) ist in den unbekannten depressiven Teenagerjahren des späteren Nirvana-Messias nicht greifbar. Morgan malt sich auch diese aus. Ein animierter Cobain, depressiv, allein zu Hause beim Zeichnen und Musizieren während seine erste Freundin, die während dessen arbeiten ging und nichts von seinen ersten Heroinexperimenten bemerkt haben will. Cobains Mutter und Schwester und natürlich Mrs. Cobain, Courtney Love fungieren als Talking Heads. Irgendwann wird man das voyeuristische Gefühl nicht los, dass sie allesamt sehr sehr gut bezahlt worden sind vom Doku-Department HBO.

Intime Homemovies, die den Titel „In the Bathroom with Courtney Love“ tragen könnten, zeigen einen abgemagerten Heroinjunkie am Höhepunkt seiner Nirvana-Karriere. Er nimmt mit seiner barbusigen „Hole“-Ehefrau und Töchterchen Frances ein Bad. Oder kuschelt und nuschelt drauf (???) mit seinen Mädchen. Fixereltern mit schlechter Haut auf verwackeltem Videomaterial, das Love erstmals freigegeben hat, machen „Cobain: Montage of the Heck“ richtig unangenehm nahe.

Kurt Cobain mit violetten Haaren und nacktem Oberkörper

The End of Music, LLC

„Cobain – Montage of the Heck“ - Sektion Panorama

Andere Naherlebnisse mit untoten Musiklegenden wie mit Nina Simone („What happened to Nina Simone?“ ) hat die Berlinale ebenso zu bieten wie Paul Dano und John Cusack als jungen und alten Beach Boy Brian Wilson im Berlinale Special Beitrag „Love & Mercy“.
Ein fantastischer Dano spielt Brian Wilson ab 1963, der genug hat von „sun and summer and summer and sun“ zu singen. Während seine Beach-Boys-Brüder auf Japan-Tour gehen, hat Wilson bereits ein Stimmen- und Instrumentengewirr und damit das experimentelle Album „Pet Sounds“ im Kopf, das mit seinen komplexen Tonartwechseln die Happy-Popsong-Ära gegen einen melancholisch düsteren Drogentrip eintauschte.

Schauspieler sitzt hinter Steuerungseinrichtung, Regisseur gibt HInweise

© François Duhamel

Love & Mercy: Paul Dano und Regisseur Bill Pohlad

Berlinale 2015

Null Porn, null Ironie, null Guilty Pleasure
Die Berlinale stolpert über einen bornierten (No)Porn und sein Cast

"Don't hurt the girls when you dance (or any other time)". Der schönste Berlinale-Satz stammt von Kurt Cobain, dessen Leben - und einmal nicht sein Tod - auf der Berlinale dokumentiert ist.

"Ich Frau" - "Du Frau"
Über Ausschweifungen und Umschweife in der Sex- und Genderdebatte bei der Berlinale

Regisseur Bill Pohlad hat Oren Moverman als Co-Autor an Bord geholt, der bereits Todd Haynes konzeptuelles Dylan-Picture „I´m not there“ geschrieben hat. Pohlad schneidet konventioneller aber konzentriert zwischen den 60er Jahren und späten 80er Jahren hin und her. Er räumt den Studioaufnahmen (yeah!) von „Pet Sounds“ viel Zeit ein und zeigt einen verwirrten manisch depressiven Wilson (John Cusack), der sich in die Autoverkäuferin Melissa verliebt, die ihn aus den Fängen des Kontrollfreaks und Therapeuten Dr. Landy befreit. Etwas glatt inszeniert gerät „Love & Life“ vor allem durch die sensible und starke Wilson-Interpretation von Dano und Cusack zum warmen berührenden Biopicture. Von Pop und Love warm und gerne eingelullt verlasse ich das Kino - auch wenn manche psychedelisch versuchte Montage, die einen verwirrten Geisteszustand von Wilson verdeutlichen sollen, sich zu einigen anderen redundanten Over-the-Top-Kitschparts addieren lassen.

Christian Bale und Natalie Portman angezogen am Strand

Melinda Sue Gordon © Dogwood Pictures

„Knight of Cups“ - Berlinale Wettbewerb

Das Terrence Malick Desaster

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Christian Bale, Cate Blanchett und Natalie Portman. Die A-Stars sind schnell zur Stelle, wenn die öffentlichkeitsscheue Regie-Legende Terrence Malick („Badlands“ , 1973 - einer meiner Lieblingsfilme) seinen siebten Spielfilm inszeniert. Doch die belanglose Werbeästhetik von Stränden im Gegenlicht und Bilder voller stummer Model-Frauentypen sind bloß leere Bild- und Stichwortgeber für stereotype, eitle, männliche Hirngespinste über den (Un-)Sinn des Lebens. Dieser „Knight of Cups“, der gestern Abend Premiere im Berlinale Wettbewerb hatte, bringt in mir den enttäuschenden Ärger auf, wie sein Vorgänger „To the Wonder“ (2012). Ärgerlich. Hochgeschätzer Mr. Malick, ein zwischen Sex-Hotelpartys und seiner Ehefrau (Cate Blanchett) zerrissener Hollywood-Stars namens Rick (Christian Bale) treibt mich in eine veritable Fankrise.