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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

28. 11. 2014 - 10:26

10 Jahre und kein bisschen fad

World of Warcraft begeistert seit 2004 die Massen. Mit der zum runden Jubiläum erschienenen fünften Erweiterung "Warlords of Draenor" gelang Blizzard eine äußerst gelungene Fortsetzung.

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Bereits vor zwei Jahren war ich der Flut an MMORPGs (Massive Multiplayer Online Roleplaying Game) einigermaßen überdrüssig und entgegen meinem damaligen Vorhaben, diese Art von Spielen zu meiden, ließ ich mich doch zur vor zwei Jahren erschienenen Erweiterung "Mists of Pandaria" hinreißen. Später ist man freilich immer schlauer, aber ich hätte auf mich hören sollen. Pandaria vermochte mich nicht einmal so lange an die World of Warcraft zu fesseln, um auch nur einen meiner Charaktere auf wenigstens Maximalstufe 90 zu bringen.

Pandare aus der World of Warcraft Erweiterung Mists of Pandaria.

Blizzard Entertainment

Ein Pandare aus dem Vorgänger "Mists of Pandaria". Eh lieb.

Die Teilnahme an organisierten Schlachtzügen schloss ich nicht einmal im Ansatz in Erwägung. Freundinnen und Freunde asiatischer Kampfkultur, knuspriger Ente mit Ananas und dem Finden der eigenen Mitte mögen mir verzeihen, aber mir war diese Addon leider zu sehr "Hallo liebe Kinder, hier kommt der Kasperl".

Als dann im letzten Jahr die inzwischen fünfte Erweiterung namens "Warlords of Draenor" angekündigt wurde, ließ mich das erst einmal auch noch relativ kalt. Sicher war der damals veröffentlichte Cinematic-Trailer wieder ein Fantasyschmaus für Auge und Ohr und der böse Schelm in mir war versucht zu vermuten, bei Blizzard würde man inzwischen mehr Zeit in die Cinematics von World of Warcraft stecken, als in das Spiel selbst. In jedem Fall darf man gespannt sein, ob der 2016 erscheinende Warcraft Film das Niveau dieser Cinematics wird halten können. Die Erwartungshaltung ist jedenfalls groß.

Wie die Geschichte im Spiel selbst weiter erzählt wird, möchte ich nun hier nicht vorweg nehmen. Nur so viel, der am Ende von "Mists of Pandaria" entthronte Kriegshäuptling Garrosh Höllschrei kehrt mit Hilfe eines Zeitmanipulators 35 Jahre zurück auf den Planeten Draenor. Durch die neu entstandene Zeitlinie gründet er mit den dort lebenden Anführern der Orks die "Eiserne Horde", mit der er Azeroth erobern will.

Spannend daran ist, dass es sich bei Draenor um die frühere Version der Scherbenwelt aus der zweiten Erweiterung "The Burning Crusade" handelt, nur ist dieses Mal eben alles anders. Wer Fantasy Geschichten liebt, wird hier mit Sicherheit voll auf seine Kosten kommen.

Nuhb Grühnohr.

Blizzard Entertainment

Alle wieder gleich "Nuhb"

Technische Details wie die Erhöhung des Maximallevels von Stufe 90 auf 100 waren zu erwarten und wie bei jeder Erweiterung üblich, ist bei Hardcore-Gamern zum Teil das Geweine wieder groß. Irgendwie muss die Geschichte nun mal weitergehen und die in diversen 10 bis 20 Mann Schlachtzügen erworbenen Superduper-Epic-Items zum Posen im Chat sind nun spätestens nach zwei Levelaufstiegen nur noch Krempel. Bei jedem Hanswurst-Händler im Spiel bekommt man dann für ein paar Stücke Ingame-Stücke Gold wesentlich bessere Ausrüstungsgegenstände. Ein Spiel, das sich bei jeder Erweiterung wiederholt.

Immerhin verpasste man dem Gros der Charaktere einen Feinschliff im Aussehen, das bei einem 10 Jahre alten Spiel dann doch schon teils etwas altbacken daher kam und längst überfällig war. Die Blutelfen müssen sich noch in Geduld üben, deren überarbeitete Charaktermodelle waren noch nicht fertig. Prinzipiell ist diese Politur zwar ein kleines, aber nicht ganz unwichtiges Detail.

Die Garnison

Was viele - und auch mich - dann viel mehr aufhorchen ließ, war die Einführung der Garnison. Eine Art "Housing", das sich die WoW-Fangemeinde von schon seit fast Anbeginn des Spiels wünschte und von Blizzard sehr gut in die Handlung integriert wurde. Als die einzige Hoffnung von Azeroth errichtet man als Spieler in Draenor eine Garnison, um den Einfall der Eisernen Horde in Azeroth zu verhindern. Keine Frage, nur ich als Kommandant dieser Garnison kann Azeroth vor der eisernen Horde retten... wie ungefähr 10 Millionen andere Kommandantinnen und Kommandanten auch. Wir alle lassen uns gern auf diese Illusion ein und mutieren hier zu Helden. In einem Spiel geht eben alles.

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Das Hauptgebäude der Garnison (Level 2) mit Kommandantin (Level 100, yay)

World of Warcraft hat mich schon lange nicht mehr so dermaßen gepackt, wie mit Warlords of Draenor. Irgendwie hat Blizzard es geschafft, die Neugierde auf diese virtuelle Welt zu wecken. Da stört es nicht einmal, wenn man sich nicht mehr auf Flugreittieren fortbewegen kann, sondern sich in Draenor nur noch auf dem Boden bewegen darf.

Blizzard Entertainment

Die letzten Tage waren zwar einigermaßen intensiv, so dermaßen viel Zeit wie in den ersten Jahren des Spiels will ich allerdings nicht mehr investieren. Den einen oder anderen Abend werde ich in den nächsten Monaten aber bestimmt ganz gerne in Draenor verbringen. Sei es mit dem Ausbau meiner Garnison oder um mit alten wieder zurückgekehrten Gildenkumpels diverse Schurken zu vernichten oder selbst von ihnen vernichtet zu werden. Auch das gehört eben dazu.

Schlechter Start mit langen Wartezeiten

Was nicht dazugehört, und diesen Kritikpunkt muss ich in Richtung Blizzard leider anbringen, ist der wahrscheinlich technisch katastrophalste Start einer neuen Erweiterung seit Anbeginn von World of Warcraft. Ich selbst habe es zum Glück nicht direkt mitbekommen, da mein Heimatserver nicht so extrem bevölkert zu sein scheint, aber auf größeren Servern waren Warteschlangen von knapp 5000 Spielern und damit Wartezeiten von mehreren Stunden keine Seltenheit.

Startscreen mit Warteschlange bei World of Warcraft.

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So sollte das nicht unbedingt aussehen, wobei es in diesem Fall noch verschmerzbar ist.

Solche extremen Wartezeiten kennt man eigentlich nur aus Anfangszeiten des Spiels, als Blizzard nicht mit einem solchen Ansturm gerechnet hatte. Wie es aussieht, haben sich aber die Wogen wieder ein wenig gelegt. Ganz ausgestanden scheint es teilweise noch nicht zu sein, die Entwickler werden aber offensichtlich nicht müde, lästige Fehler zu beheben und weiterhin zu optimieren.

Warlords of Draenor, ein MMO-Meisterstück

Abseits von technischen Problemen und vorbehaltlich dessen, was an weiterem Content im Spiel auf einen zukommt, inhaltlich gibt es bisher an Warlords of Draenor nichts auszusetzen. Als Musikfanatiker komme ich um eine Parallele zur Musikwelt nicht herum. Nach einem eher schwachen "Album" wie "Mists of Pandaria" haben sie mit "Warlords of Draenor" ein echtes Meisterstück abgeliefert, das bisher durchgehend zu fesseln weiß. Das scheint nicht nur mir so zu gehen, ist die Zahl der Abonenten mit Start des Spiels doch wieder von 7 auf 10 Millionen nach oben geschossen. Schön auch, einige alten Bekannte wieder online zu finden, was auch ein nicht unwesentlicher Aspekt von World of Warcraft ist.

Ladescreen der WoW-Erweiterung Warlords of Draenor.

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Let's rock...

Selbst wenn diverse Quests das übliche Einerlei von "Sammel X von Y hier" oder "töte 20 Schurken da" sein mögen, sie sind zumeist sehr gut in die Storyline verpackt, in der für Fantasy Fans mitreißende Geschichten erzählt werden. Das teils so packend und emotional, dass man sich zwischendurch sagen muss: "Hey, es ist doch nur ein Computerspiel". Diese Tatsache Spielerinnen und Spieler hin und wieder vergessen zu lassen, ist die große Kunst.

Nachdem die Entwicklung am von Blizzard nie offiziell angekündigten Next-Gen MMO mit dem Arbeitstitel "Titan" in diesem Jahr eingestellt wurde, darf man sehr gespannt sein, wie die kalifornische Spieleschmiede "World of Warcraft" in den nächsten Jahren hegen und pflegen wird.

Sicher kann es in einem Spiel über einen so langen Zeitraum auch schon einmal fad werden, wenn jedoch weiterhin solch unterhaltsame Addons wie "Warlords of Draenor" kommen, werden sich manche vielleicht noch während ihrer Pension in Azeroth herumtreiben.