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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

7. 8. 2012 - 08:23

Ich spiel dann mal offline

Es begann mit einer Review zu "The Secret World" und endete mit der Erkenntnis, von Online-Rollenspielen jetzt erst mal einfach genug zu haben.

Cover von "The Secret World"

Funcom

"The Secret World" könnte was werden, wenn man von MMOs nicht gerade zufällig genug hat.

Eigentlich hätte das hier ja eine Review zum neuen Online-Rollenspiel "The Secret World" werden sollen, dem neuen Game von Funcom mit Sitz in Oslo. Bereits vor ca. zwei Jahren, als erste Screenshots zu dem Spiel auftauchten, klangen die Informationen dazu recht vielversprechend. Zu lange hatte ich mich schon in diversen Online-Welten mit Elfen, Orcs und anderen Fantasiegestalten aufgehalten, da wurde es einfach mal Zeit für was anderes.

"The Secret World" spielt nämlich zum großen Teil an realen Schauplätzen wie London, Seoul oder New York und in der Gegenwart. Eine willkommene Abwechslung wäre das gewesen... Zumindest vor zwei Jahren, als man in diesem Genre nur reine Fantasy-Welten erkundet hat oder das Weltall erobert wurde.

Sorry, ich bin "Casual Gamer"

Cover von "Age of Conan"

Funcom

"Age of Conan" hätte was werden können, wenn es zum Release damals auch wirklich fertig gewesen wäre.

Zugegebenermaßen bin ich ja eher das, was von so genannten Pro-Gamern (zumeist selbst ernannt) mitunter verächtlich "Casual Gamer" genannt wird. Selbst zu meinen intensivsten Zeiten in World of Warcraft, meinem Einstieg in die Welt der sog. MMORPGs (Massive Multiplayer Online Role-Playing Games), war es nie so wirklich meine Sache, mir mehr als einmal pro Woche einen fixen Termin mit neun oder mehr Mitspielern anzutun, um einem bösen Boss den Garaus zu machen und lässige Items abzustauben. World of Warcraft hat über lange Zeit wirklich Spaß gemacht, mit dem dritten Addon "Cataclysm" war dann allerdings die Luft für mich einfach raus.

Mit dem Erfolg von WoW - zu Spitzenzeiten hatte es immerhin 11 Millionen Abonnenten - ging dann aber eine regelrechte Schwemme an Online-Games los, die dem Erfolg von Blizzard nacheifern wollten. "Age of Conan" von Funcom, den Machern von "The Secret World", machte allein schon wegen der Marke Lust darauf, neue virtuelle Welten zu erkunden. Eine Lust, die mir nach nicht einmal vier Wochen gründlich verging, machte das Spiel zum Release doch tatsächlich den Eindruck, als wäre es noch nicht wirklich fertig, ärgerte wegen teils ziemlich essentieller Bugs und vor allem wegen einem PvP-System (Player versus Player) zum "Kren Reiben".

Die Flut der MMOs

Cover von "Star Wars the Old Republic"

Bioware

"Star Wars the Old Republic" ist eigentlich sehr gelungen, es fehlt allerdings zu sehr das Gefühl, hier wirklich online zu spielen.

Andere Spieleschmieden taten es Funcom gleich und nach "Age of Conan" folgten einige Online-Rollenspiele, bei denen sich im Vorfeld die Berichterstattung meist vor Freude überschlug, um dann später mitsamt den Spielerinnen und Spielern einfach enttäuscht davon zu sein, dass das MMO-Rad wieder einmal nicht neu erfunden wurde. "Herr der Ringe online", "Aion", "Runes of Magic", "Rift" oder "Warhammer Online" waren allesamt recht nett über ein paar Wochen zu spielen, einen über mehrere Wochen hinaus zu halten, schafften sie leider nicht, jedenfalls nicht bei mir. Zu marginal waren die Unterschiede zum WoW-Riesen und es verging keine Minute im Allgemein-Chat eines solchen Spiels, ohne dass die leidige WoW-Diskussion dort aufkam. Selbst "Star Trek Online" fand ich als Fan so dermaßen langweilig, dass ich bereits nach einer Woche genug davon hatte. Einzig "Star Wars the Old Republic" machte über mehrere Monate Spaß. Toll gemacht, ausgezeichnete Story, nur scheitert das Spiel in meinen Augen daran, dass man vermeint in einem gut gemachten Solo-Rollenspiel zu sein und nicht in einer Online-Welt.

"The Secret World" ist eh lässig, aber wieder ein MMO?

Tja, und nun ist "The Secret World" da und vor zwei Jahren wäre dieses neue MMO zur genau richtigen Zeit gekommen. Ja, sie ist fesch gemacht, diese düstere Welt, in der man sich der Fraktion der Illuminaten, Dragons und Templer anschließen kann. Sehr atmosphärisch und teils recht gruselig, nur der eigene Charakter wirkt von der Grafik her etwas hölzern und glänzt durch Schweigsamkeit. Woran es liegt, dass ich bereits nach ein paar Mal Einloggen keine Lust mehr verspürte es zu spielen, liegt aber eigentlich nicht am Spiel selbst.

Cover der nächsten WoW Erweiterung "Mists of Pandaria".

Blizzard

Am 25. September erscheint "Mists of Pandaria", der vierte Aufguss von "World of Warcraft".

Vielleicht liegt es an mir, weil ich der Erwartungshaltung auf ein neues MMO ganz einfach müde bin. Bereits jetzt hält die Online-Spielerinnen- und Spieler-Welt schon wieder den Atem an, weil demnächst "Guild Wars 2" erscheinen soll und erwartungsgemäß pfeifen auch dieses Mal wieder die Spatzen von den Dächern, dass es ganz toll wird. Ein MMO zu Skyrim ist auch bereits angekündigt und laut letzter Pressemitteilung von Blizzard steht am 25. September das vierte WoW-Addon "Mists of Pandaria" an, wo dann wieder alles neu und besser sein soll und man sich u.a. auch als Pandare (ja, sieht aus wie ein Pandabär) durch Azeroth schnetzeln darf. Ich warte ja noch auf die MMOs zu "Duke Nukem", "Quake", "Day of the Tentacle", "Leisure Suit Larry" und "Sam & Max". Es würde mich nicht wundern, würde das alles noch tatsächlich kommen.

Ich spiel dann mal offline... äh... solo

An dieser Stelle möge Christoph Koch mir bitte verzeihen, dass ich den Titel dieser Geschichte in leicht abgewandelter Form von seinem Buch Ich bin dann mal offline frech geklaut habe. Das ist vor allem deshalb ziemlich allerhand von mir, weil ich es wohl kaum schaffen würde, wie er über einen längeren Zeitraum auf Internet und Handy zu verzichten. Für diesen Selbstversuch sei jedenfalls vor Herrn Koch hiermit die imaginäre Mütze gezogen.

Ich bin jedenfalls dieser immer wiederkehrenden hohen und nicht erfüllten Erwartungshaltungen an neue Online-Rollenspiele müde und klinke mich nun mal aus der ganzen Flut an neuen und besseren MMOs aus. Mich erinnert das mittlerweile an die Zeit, als Bands wie Nirvana und Rage Against The Machine auftauchten und jeder mit Gitarre in der Hand und Holzfällerhemd oder wütendem "Yo!" im Gesang einen Plattenvertrag bekam. MMOs sind mittlerweile der Grunge der Spielewelt, wo es teils nicht mehr darum geht, was das Spiel tatsächlich kann, sondern darum, dass es ein MMO ist. Ich spiele derweil wieder ein paar Solospiele, für die ich aus Kopierschutzgründen teils leider auch online sein muss, aber beim Spielen wenigstens halbwegs meine Ruhe habe. So gesehen müsste es im Moment also wohl eher heißen "Ich spiel vielleicht nicht unbedingt offline, aber zumindest mal ein wenig solo." Wenn mal wieder was wirklich Interessantes ansteht, gebt mir Bescheid. Am besten per handgeschriebenem Brief. Ich höre derweil lieber Rage Against The Machine statt Limp Bizkit.

Radio FM4, heute, 7. August, in FM4 Connected ab 15 Uhr:

Online-Rollenspiele ohne Unterlass + "The Secret World"

Als 2004 "World of WarCraft" erschienen ist, waren Online-Rollenspiele nichts Neues - aber keiner hat damals damit gerechnet, wie groß der Markt ein paar Jahre später werden würde. Dank sehr schneller Internetverbindungen, der Cloud und der Tatsache, dass wir ohnehin ständig online sind, wendet sich auch die Videospielindustrie immer mehr der Welt der sogenannten MMOs (Massively Multiplayer Online-Games) zu. Doch wie innovativ sind die vielen neu auf den Markt schwemmenden Online-Rollenspiele wirklich? Sind sie auch für Neueinsteiger/innen interessant? Christian Holzmann, bei FM4 nicht nur Experte für harte Gitarren-Sounds, sondern auch für MMOs ist, analysiert diese Fragen und berichtet darüber hinaus über das neue Geheimbünde-Rollenspiel "The Secret World".