Erstellt am: 7. 3. 2014 - 17:32 Uhr
Flimmern
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Der assoziative Wochenrückblick
Jemand der angeblich Graffiti-Writer Puber ist, der - wie er in einer Schlagzeile genannt wird - Feind aller Hausverwaltungen, ist seit Donnerstag in Haft. Feinde der Hausverwaltungen sind meine Helden, Hausverwaltungen sind die Nachgeburt der Gentrifizierung.
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Der Schweizer Graffiti-Writer PUBER hat in Wien seit Monaten gehörig für Aufregung gesorgt. Nun ist er laut Medienberichten verhaftet worden.
Wir alle wollen junge, freshe Wohnbezirke mit von Künstlern gestalteten Hausfassaden. Wenn Graffiti schön ist, finden wir das auch schön. Weil: Kunst hat schön zu sein. Dass Kunst auch etwas mit Subversion, Widerstand gegen Kapital, Widerstand gegen normative ästhetische Ordnungen, Widerstand gegen die Verdrängung von Einkommensschwächeren aus den Städten zu tun hat, das können wir theoretisch akzeptieren. Nicht aber, wenn die Front von unseren Wohnhäusern mit Tags bombardiert ist. Ist ja nicht schön. Und wenn man konsequent Kunst und urbane Umweltbehübschung gleichsetzt, dann bleibt da kein Platz für nicht-institutionell-legitimierte urbane Intervention. Aber man kommt so einfacher durchs Leben. "Kunst muss gefährlich sein". Das ist ein Zitat, das so oft auftaucht, dass man es keinem Urheber zuordnen kann.
APA/HELMUT FOHRINGER
Wenn es keine Wohnungen unter zehn Euro pro Quadratmeter gibt und wir Immobilienmaklern unser ganzes Leben offen legen müssen, damit wir überhaupt etwas mieten dürfen, dann finden wir das auch nicht schön.
Was machen wir also, wenn jemand, der beschuldigt wird, Wiens Graffiti-Bomber Nummer Eins (zumindest der letzten beiden Jahre) zu sein, verhaftet wird?
a) Wir denken drüber nach, was wir für ein Verhältnis zu Stadt und öffentlichen Raum haben. Oder:
b) Wir verurteilen und denunzieren schneller als die Polizei ermittelt. Wir fordern: Keine Gnade für Menschen, deren künstlerische Praxis es ist, ihren Namen in den öffentlichen Raum zu setzten, wenn wir das nicht schön finden und deren Aktionen nicht von Gewista, internationalen Getränke-Produzenten, Jugend-Radiosendern, Popkultur-Magazinen oder Street Art-Galerien legitimiert sind.
Wenn jemand seinen Namen auf eine Hauswand tagt, dann hat das mit Ego und Repräsentation zu tun. Aber nicht nur von ihm, sondern auch von all den Menschen, denen in der Stadt zwischen unseren Bioläden und Design-Boutiquen kein Platz gelassen wird.
Ich möchte hier meinen Freund Felix F. zitieren, der auf FB zu der Causa Puber geschrieben hat: "In ein paar Jahren würdet ihr x-stellige Euro-Beträge ausgeben, dass euch Puber was in eure Designhotelrestaurants oder ichhabeineweissewanddagehörtwashin Wohnungen malt."
natalie brunner
Übrigens: Kanye West, der Louis Vuitton-Don, macht jetzt auch Kunst. Wenn er auf ein Haus taggen würde, dann würde er es aber wahrscheinlich vorher kaufen. Kanye hat aber nicht nur sehr viel Geld, sondern in letzter Zeit auch Alpträume wegen Österreich. Richard Lugner und Medienpersonal, das es lustig findet, die rassistische Praxis des Black Face zu diesem gesellschaftlichen Highlight Österreichs noch einmal aus dem Keller zu holen und Kanye Wests Frau Kim K.so richtig zu diskriminieren, indem man sie fragt was sie von N*** in Vienna hält.
Hat Oliver Pocher, der so locker das N-word (in Anlehnung an einen Songtitel von Kanye) verwendet, schon mal etwas von Sklaverei und Kolonialismus gehört, und darüber nachgedacht, wie viel Gewalt, Elend und Tod an diesem Wort klebt?
Wenn ein Rapper für sich selbst das N-Wort verwendet und damit seine Existenz in Bezug zu Sklaverei und heutigen Rassismus setzt, dann ist es etwas ganz anderes, als wenn weiße Mitteleuropäer, deren Vorfahren in der Geschichte der Sklaverei auf der Täterseite standen, dieses Wort verwenden.
Chris Stephan ist der Mann, der sich das Gesicht schwarz angemalten hat, um sich als Kanye West auszugeben. Ihm war angeblich nicht klar, dass Blackfacing eine rassistische Praxis ist. Amerika ist ja auch weit weg.
TMZ.com
Auf Facebook gibt es eine Entschuldigung, bei der der Mann öffentlich zugibt, dass er nicht weiß, dass es rassistisch sein könnte, sich das Gesicht schwarz anzumalen, zumal man selber ja auch Araber ist. Was hat das damit zu tun? Was soll das heißen? Dass man als Nicht-Teil der österreichischen Mehrheitsgesellschaft nicht rassistisch sein kann?
"Es tut mir unheimlich leid, dass die Geschichte so in die Hose ging und komplett falsch verstanden wurde. Ich bin selbst Araber, geboren in Österreich! Ich wollte mit dieser Aktion in keinster Weise rassistisch sein und entschuldige mich nochmals dafür bei allen, die sich angegriffen gefühlt haben!"
Wo bei diesen Taten die Schnittstellen zu Humor sind, sollte Dave Chappelle mit dem verbalen Baseball-Schläger klären.
Kanye West jedenfalls betonte Medienberichten zu Folge seiner Frau gegenüber, dass er so viel Geld hat, dass sie nie mehr im Leben für Geld mit anderen Männern ausgehen oder nach Österreich fahren muss. Wenn die Scharniere der Welten-Logik gut geölt wären, würde Kanye West die Lugner City und die Gegend rundherum (wo auch ich wohne) mit ausgewählt hässlichen Tags zubomben.
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