Erstellt am: 2. 2. 2014 - 06:00 Uhr
Der Super(ball)sonntag
Es wird ein historisches Spiel. Vielleicht sogar das beste Finale in der Geschichte der National Football League (NFL). So tönt es seit zwei Wochen nicht nur durch die amerikanischen Medien.
Und selbst für die, die keine spezielle Leidenschaft für diesen Sport hegen, könnte es diesmal eine äußerst spannende Super Bowl Nacht geben. Denn mit den Denver Broncos und den Seattle Seahawks kämpfen die zwei besten Mannschaften mit gleichzeitig zwei sehr unterschiedliche Systemen um die Vince Lombardi Trophäe.
Selbst die erfolgreichsten Hollywood Drehbuchautoren hätten sich dieses Zusammentreffen nicht besser ausdenken können: kinoreife Dramatik und große Emotionen sind vorprogrammiert.
Vorbereitungen
Für die Nacht des größten Sportevents braucht man neben viel Knabbergebäck, richtigem Essen und genug koffeinhaltigen Getränken ein Grundverständnis der Regeln. Und dazu benötigt es - wie Dave Dempsey hier schon bemerkt hat - nicht einmal drei Minuten:
Und damit kann es schon los gehen!
Der erfahrene Spielmacher der Broncos
Die Schlüsselfunktion des Quaterbacks besetzen bei diesem Super Bowl zwei sehr gegensätzliche Charaktere.
APA/EPA/BOB PEARSON
Sechzehn Jahre NFL-Erfahrung, enorme Ausdauer und einen "goldenen Wurfarm" bringt Denver Broncos Nummer 18, Peyton Manning mit ins Spiel. Er hat in dieser Saison den historischen Rekord von 55 Touchdown-Pässen aufgestellt. Kaum zu glauben, wenn man weiß, dass Peyton Manning vor zwei Jahren nach vier Nackenoperationen eine Halswirbelbandscheibe entfernt und durch eine Titanplatte mit mehreren Schrauben ersetzt wurde. Der enorme Muskelschwund machte seinen Oberkörper zu dem eines Zwölfjährigen. Und nicht nur das, er verlor auch seinen Startplatz gegen Andrew Luck und musste unter Tränen seine Indianapolis Colts verlassen. Jene Mannschaft, die er 2006 zum Sieg im Super Bowl XLI geführt hat.
Die mentale Stärke, mit der sich Peyton Manning zurück in die Riege der Most Valuable Players (MVP) gekämpft hat (Samstagnacht wurde er zum fünften Mal mit diesem Titel beehrt), macht ihn zum Favoriten im Finale. Abgesehen davon trägt er schon einen heißbegehrten Super Bowl-Ring und hat eine derart starke Saison hinter sich, dass er eigentlich gar nicht verlieren kann. Dabei hilft ihm nicht zuletzt sein gelassener Humor und Charme, den er im "Interview" mit Anchorman Ron Burgundy alias Will Ferrell kürzlich wieder bewiesen hat.
Der junge Spielmacher der Seahawks
Eigentlich könnte er genauso gut in der Baseball-Profiliga spielen. Doch schlussendlich hat sich Russell Wilson dann doch für den Football entschieden. Und somit steht der Sechsundzwanzigjährige in seinem zweiten NFL-Jahr mit den Seattle Seahawks bereits im Finale.
Dorthin hat ihn sein extremer Eifer und das unermüdliche Training gebracht. Ein früherer Teamkollegen im College sagt von Russell Wilson, er sei wie ein Roboter gewesen. Verständlich, schließlich wußte er schon damals, dass er seine 1,80 Meter Größe durch Fitness und Muskelkraft kompensieren muss.
Lustiges Detail: Wilson und Manning haben sich schon einmal gegenüber gestanden, als Russell gerade mal Sechzehn war. Damals hat er an Peytons "Passing Academy" teilgenommen. Und während seinen Draft-Vorbereitungen wurde Russell sogar von den Broncos nach Denver eingeladen, wo sich Wilson und Manning in der Umkleidekabine begegnet sind. Die Begegnung beim heutigen Super Bowl wird sicher nicht so "freundlich" ausfallen.
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Der Headchoach der Seattle Seahawks Pete Carroll musste zwar anfangs noch vom Teambesitzer überzeugt werden, Russell Wilson an Bord zu holen, doch schon bald beeindruckt er seinen Coach, der den jungen Spieler in seinem ersten Jahr gleich zum Quarterback gemacht hat. Der Erfog hat dieser Entscheidung Carrolls Recht gegeben. Die Schnelligkeit wird Wilson in der Super Bowl Nacht zum gefährlichen Spieler machen. Sowohl sein starkes Laufspiel also auch das Tempo beim Abspiel des Balls werden Broncos Defensive Schwierigkeiten bereiten.
Was die Inszenierung betrifft, so gibt Russell Wilson den fleißigen Quarterback, immer am Studieren der Spielzüge und Analysieren vergangener Spiele. Seinen Tag soll er um sechs Uhr früh mit Footballvideos als Vorbereitung beginnen. Darüber hinaus strotzt er geradezu vor Selbstvertrauen und betont immer wieder, wie stark sein Glauben ihn mache. Trotzdem wird der Druck enorm sein, wenn Wilson sich zum ersten Mal hinter seinem vollbärtigen Center Max Unger in Position bringt, um den ersten Spielzug auszuführen.
#1 Defensive …
Was für einen Sieg der Seattle Seahawks spricht, ist die Defensive. Neben First Safety Earl Thomas und Cornerback Byron Maxwell wird vor allem Richard Sherman gefürchtet. Der Seahawk-Spieler mit dem losen Mundwerk hat die Superbowl-Träume von Colin Kaepernick und den 49ers dreißig Sekunden vor Schluss des Championship Spiels platzen lassen, als er einen Zweikampf gegen Wide Receiver Michael Craptree gewann und ihm den Ball vor der Nase wegschnappte. Ein Moment, der vor allem durch das anschließende, hitzköpfige "Interview" mit Sherman eine Woche lang für Gesprächsstoff sorgte.
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Den sogenannten "trash talk", das verbale Anfeinden auf dem Spielfeld, beherrscht Seattles Defensive, allen voran die berüchtigte "Legion Of Boom", perfekt und diese psychologische Kriegsführung ist bei einem derart großen und wichtigen Spiel nicht zu unterschätzen. Denn wenn die Nerven blank liegen und die Defensive extremen Druck auf die Offensive der Broncos macht, dann kann es selbst dem erfahrenen Peyton Manning passieren, dass ein zu schnell abgespielten Ball abgefangen wird und das Spiel plötzlich umdreht.
Aber auch die Offensive mit dem Duo Russell Wilson und dem genesenen Wide Receiver Percy Harvin hat Potential, viele Punkte einzufahren. Nicht zu vergessen Runningback Marshawn Lynch, der keine Worte verlieren mag, sondern lieber Taten folgen lässt und in der regulär Season zwölf Touchsowns für Seattle erzielte.
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… versus #1 Offensive
Die Denver Broncos stehen dieses Jahr mit ihrer Offensive an der Spitze der Liga. Unglaubliche 475,3 Yards pro Spiel haben sich die Broncos erkämpft und damit im Schnitt beeindruckende 37,9 Punkte zielen können. Und nicht nur diese Zahlen sprechen für Denver.
Peyton Manning hat gleich mehrere Trümpfe im Ärmel. Mit Demaryius Thomas, Eric Decker, Wes Welker und Julian Thomas, die alle nach dieser Saison über 10 Touchdowns auf ihrem Konto haben, hat der Star-Quarterback gleich vier Anspiel-Stationen. Alle möglichen Routen dieser Receiver abzudecken, das wird ein großes Rätsel, dass die Seahaws zu knacken haben.
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Und dann wären da noch die Runningbacks Knowshon Moreno (ebenfalls zehn Touchdowns in dieser Saison) sowie Rookie Monte Ball, der mit vier Touchdowns in seinem ersten Jahr eine mehr als gute Figur gemacht hat.
Denvers Defensive wird sicher ein Knackpunkt in diesem Superbowl Spiel. Durchwachsen war die Saison von Defensiv-Koordinator Jack del Rio. Und auch wenn in den Playoffs viel nachjustiert wurde, so hat Tackle Terrance Knighton die schwierige Aufgabe, sich mit seiner Defensiv-Mannschaft gegen die physisch extrem starke Offensive der Seahawks durchzusetzen.
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Das wichtige "Rundherum"
Zu guter Letzt wird auch das Wetter beim Super Bowl im Open Air MetLife Stadion in New Jersey ein Faktor sein. Dort, wo vor knapp zwei Wochen noch tonnenweise Schnee lag, was an das Spiel der Philadelphia Eagles gegen die Detroit Lions erinnert. Bei guten zwanzig Zentimeter Neuschnee am Feld hat dort Runningback LeSean McCoy einen Mund voll Schnee getankt, sehr zur Belustigung der Zuschauer und Kommentatoren.
Während vor wenigen Tagen noch überlegt wurde, den Super Bowl eventuell zu verschieben und an einem anderen Ort auszutragen, sieht die Wetterlage mittlerweile wieder verhältnismäßig gut aus. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wird es wahrscheinlich der kälteste Super Bowl aller Zeiten, trotzdem dürfte Peyton Manning sich nicht schwer tun, gute Pässe zu werfen. Sollte jedoch starker Wind herrschen und damit auch die Temperaturen fallen, so hätten die hartgesottenen Seahawks sicherlich einen Vorteil.
Ebenfalls für Seattle spricht ihre treue Fanlegion, der "12te Spieler", wie sie liebevoll von ihrem Team genannt wird. Zwar wird das MetLife Stadium nicht zum gleichen Hexenkessel wie das CenturyLink Field in Seattle, aber mit ihrer unvergleichlichen Lautstärken werden wohl die Seahawks-Anhänger die Broncos-Fans übertönen.
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Neben dem sportlichen Aspekt lockt auch die groß inszenierte Show rund um den Super Bowl prognostizierte 500.000 Besucher nach New York. Bei eisigen minus sechs Grad tummeln sich Menschenmassen in der Fanmeile am Timesquare, um unter anderem einen Blick auf die Lombardi Trophäe zu erhaschen.
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Im Stadion selbst wird Sänger Bruno Mars in der Halbzeit sicher für ein fulminantes Konzert sorgen. Schließlich hat sich der Hawaiianer seine Lieblingsband, die Red Hot Chilli Peppers als Unterstützung auf die Bühne eingeladen. Auf diese Kombination darf man ebenso gespannt sein, wie auf das Singen der amerikanischen Hymne. 2014 fällt diese Ehre dem Opernstar Renee Fleming zu. Somit wird uns wohl eine ohrenhaarsträubende Interpretation wie vor drei Jahren hoffentlich erspart bleiben.
Wer also wird sich beim Super Bowl XLVIII die Vince Lombardi Trophäe holen? Die beste Defensive der Liga oder doch die beste Offensive? Wird Peyton Maning sein Comeback-Jahr mit einem weiteren Super Bowl Ring abschließen oder wird Jungspund Russell Wilson in seinem zweiten Jahr das schaffen, woran der frische Quarterback Colin Kaepernick letztes Jahr mit seinen 49ers gescheitert ist?
Die Entscheidung fällt heute Nacht. Und egal wie das Spiel ausgeht, es wird hoffentlich eines der besten NFL-Finalspiele der Geschichte werden.