Erstellt am: 6. 1. 2014 - 06:00 Uhr
"Die Evolution hat kein Ziel"
Doppelzimmer
Montag, 6. Jänner, 13-15 Uhr auf Radio FM4 und anschließend hier im Stream und als Podcast verfügbar (siehe unten)
„Ich rede mein unbekanntes Gegenüber gerne an. Auf der Straße oder in der Warteschlange im Supermarkt. Meine Kinder finden das sehr peinlich. Aber die ÖsterreicherInnen mögen, wenn man auf sie zukommt; und plaudern dann auch fröhlich drauf los!“
Renée Schroeder ist in Brasilien zur Welt gekommen. Ihre Eltern, aus Luxenburg stammend, sind aus beruflichen Gründen ausgewandert und nach Europa zurückgekehrt, als sich die politische Lage in Brasilien zugespitzt hatte. Mit 14 Jahren stand Renée Schroeder dann im ersten Schnee ihres Lebens und zwar in Bruck an der Mur in der Steiermark.
„Wir haben etwas gemeinsam,“ begrüße ich die Wissenschaftlerin, als sie zu uns ins Studio kommt. Sie sieht mich nachdenklich an, prüfend. Dann sagt sie: „ Sie kommen aus Bruck an der Mur.“ Mir bleibt der Mund offen stehen. Woher sie das wisse, frage ich. Ich habe so einen Klang in der Stimme, eben wie jemand, der aus Bruck an der Mur komme, erwidert sie. Macht sie sich lustig? Nein, sie ist eine kluge Beobachterin. Sie verknüpft Sachverhalte rasend schnell zu einem neuen Ganzen und wirft dadurch noch mehr Fragen auf, als man davor hatte.
ORF Radio FM4
So ging es mir mit ihrem Buch „Die Henne und das Ei“.
Die Biochemikerin fängt an mit dem Höhlengleichnis von Platon und endet mit der Forderung, dass man Männer aus ihrer Aktivität befreien müsse, um ihnen zu ermöglichen, begehrt zu werden.
Renée Schröder machte sich in dem Buch auf die Suche nach dem Ursprung des Lebens und verknüpft dabei philosophische Theorien und Fragen mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und streut soziologische Beobachtungen und ihren wachen Blick auf unsere Welt darüber. Es gibt nicht viele Menschen, denen es gelingt, in größerem Zusammenhang zu denken; Genderfragen mit der Ribonukleinsäure zu verbinden und mich als Nicht-Naturwissenschaftlerin dabei mitzunehmen.
Renée Schroeder hat in Wien Biochemie studiert und leitet seit 2005 das Department für Biochemie und Zellbiologie an der Uni Wien. 2002 wird sie zur Wissenschaftlerin des Jahres gewählt und 2003 als zweite Frau als Mitglied der naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 2012 wird ihr Buch „Die Henne und das Ei“ zum Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Medizin gekürt und im selben Jahr tritt sie aus der Akademie der Wissenschaften wieder aus. Es sei eine Ansammlung alter Männer, die nur an sich selbst, aber an keinem Austausch interessiert seien, kommentiert sie den Männerbund. Sie, die sich als Atheistin, als Feministin und überzeugte Wissenschaftlerin bezeichnet, gibt nicht viel auf Strukturen, die dir vorschreiben, was du zu denken hast.
Das Gespräch wurde aufgezeichnet, bevor die neue Regierung Wissenschaftsagenden in das Wirtschaftsministerium eingegliedert hat. Überblick und Kommentar dazu finden sich hier und hier.
Zuerst wird man.
Dann arbeitet man.
Dann ist man.
Wir diskutieren, ob die Reihenfolge im Leben tatsächlich so sein muss und die Forscherin Schroeder erzählt, dass sie ihr Privatleben und ihr Berufsleben nie getrennt habe. Beide Söhne seien immer in ihren Arbeitsalltag integriert gewesen.
ORF Radio FM4
„War nicht immer einfach“, erinnert sie sich nachdenklich – und setzt ein breites Lächeln nach. „Jetzt saßen wir gemeinsam auf der Schulbank“, erzählt sie. „Wir haben zusammen die Landwirtschaftsschule absolviert, weil wir einen alten Bauernhof gekauft haben, der als Nutzfläche gewidmet ist und dafür muss man LandwirtIn sein.“ Sie habe ungeheuer viel gelernt und beschäftige sich seither viel mit Kräutern und Essenzen.
Im nächsten Satz redet sie mit Vehemenz über die Nachhaltigkeit unserer Handlungen und stiftet zur Rettung der Welt an.
FM4 Interviewpodcast
Musikalisches, Politisches, Gesellschaftliches findet sich hier in seiner Gesamtlänge, denn Interviews sind selten nach den im Radio gewohnten drei Minuten vorbei.
In Renée Schroeders neuem Buch „Von Menschen, Zellen und Waschmaschinen“ geht es um ein Aussteigen aus dem Wachstumsdilemma, es geht um Bildung und um die Antwort darauf, warum die Waschmaschine eine der wichtigen Entdeckungen für die Zivilisation war. „Meine Großmutter hatte plötzlich Zeit, zu lesen, als eine Waschmaschine im Haus stand. Und meine Mutter hatte Zeit, zu lernen.“
Nachhören
Das Doppelzimmer mit der Biochemikerin Renée Schröder steht 7 Tage als Stream und Podcast bereit:
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Diese Musik lief im Doppelzimmer:
Caxambu | Almir Guineto |
I Wonder | Sixto Rodriguez |
Total Quality Woman | Gustav |
This World Is Going Up In Flames | Charles Bradley |
Leader (Jukebox Champions Rx) | Dj Vadim ft. ASM |
Spinnin' | Speech Debelle |
Weltretten 4 Minus | Eins Zwo |
Joao Gilberto | Aquarela do Brasil |
Das Zelt | Jeans Team |
Will Do | TV On The Radio |
Disparate Youth | Santigold |
22nd century | Nina Simone |
Let It Rain | S3 (Brenk Sinatra & Miles Bonny) |
Lied gegen die Schwerkraft | Peter Licht |
I Believe In Miracles | Jackson Sisters |