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Paul Pant

Politik und Wirtschaft

17. 12. 2013 - 17:34

Was der 'Wirt' mit dem 'Wissen' schaffen will

Die Regierung ist angelobt, doch statt Lob gibt es Kritik und Demonstrationen. Die Eingliederung des Wissenschaftsministeriums in das Wirtschaftsministerium empört Studierende wie Lehrende.

Die Unis sind schwarz beflaggt, die Anwesenheitspflicht für demonstrierende Studierende ist an vielen Standorten aufgehoben worden und die Rektoren sind verärgert. Klare Worte fand zum Beispiel der eher als besonnen geltende Präsident der Rektorenkonferenz (uniko) Heinrich Schmidinger. Er appellierte an Bundespräsident Heinz Fischer, keine Regierung ohne eigenständiges Wissenschaftsministerium anzugeloben. Erfolglos.

Reinhold MItterlehner

BMWFJ/Hans Ringhofer

Reinhold MItterlehner

Seit Montag gibt es einen 'Doppelminister', der sowohl das Wirtschafts-, als auch das Wissenschaftsressort leiten wird. Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der dazu berufen wurde zwei Ministerien zu vereinen, betonte zwar, dass die Freiheit der Wissenschaft, die Unabhängigkeit der Grundlagenforschung und die Autonomie der Universitäten gewahrt bleiben soll, die Studierendenvertreter und die Opposition konnte er damit noch nicht überzeugen. Sie befürchten einen noch stärkeren Spardruck und eine Ökonomisierung der Studienbedingungen durch die Eingliederung in das Wirtschaftsressort.

Bildungsdemo gegen Wissenschafts/Wirtschaftsministerium

APA/HELMUT FOHRINGER

ÖH-Demo in Wien Dienstagabend

Die traditionellen hundert Tage Schonfrist für einen neuen Minister sollen nicht gelten, heißt es unisono von der Oppositionsbank. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner hält den Vorbehalten im Ö1-Morgenjournal entgegen: "Es geht hier nicht um eine Eingliederung, es geht schon gar nicht um eine Auflösung oder um eine Abschaffung, sondern es geht um eine neue organisatorische Struktur. Da bleibt das Ministerium komplett gleich, was die Abteilungen und die Sektionen betrifft und was die Spitzenbeamten anbelangt."

ÖH-Demo gegen Wirtschafts-/Wissenschaftsministerium

APA/HELMUT FOHRINGER

Es soll also alles beim Alten bleiben. Der ÖH-Bundesvorsitzende Florian Kraushofer (FLÖ) sieht darin allerdings bereits eine gefährliche Drohung: "Es geht schon länger in die Richtung, dass Wissenschaft keinen Selbstzweck mehr hat, sondern nur existieren darf, um der Wirtschaft zu dienen." Mit der Zusammenlegung der Ministerien sei diese Entwicklung jetzt abgeschlossen worden, sagt Kraushofer. Von Mitterlehners Versprechungen, die Grundlagenforschung nicht antasten zu wollen, hält der Studierendenvertreter wenig. Denn: "Es geht hier nicht nur um die Grundlagenforschung, sondern zum Beispiel um die Universität für Angewandte Kunst, die natürlich nicht direkt rentabel ist und sich nicht direkt quantifizieren lässt in ihrem Nutzen." Kraushofer befürchtet, dass in Zusammenarbeit mit einem Wirtschaftsministerium darauf hingewirkt werden wird, "dass alles direkt quantifizierbar und wirtschaftlich genutzt werden muss."

Auch ÖH-Generalsekretärin Viktoria Spielmann (GRAS) befürchtet, dass Bildung noch mehr zur Ware wird und Wissenschaft nur mehr im Zeichen von wirtschaftlichen Interessen stehen wird. Sie sieht mit der Zusammenlegung die schlimmsten Befürchtungen der Unibrennt-Proteste bestätigt. "Die Ökonomisierung der Bildung ist damals sehr stark thematisiert worden und jetzt ist sie voll eingetroffen."

Studierende demonstrieren vor der Uni Wien

APA/HELMUT FOHRINGER

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) hat für Dienstag in vier Universitätsstädten zu Protesten gegen die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums aufgerufen. Mehrere Hochschulen (u.a. Uni Wien, Technische Unis Wien und Graz, Uni für Bodenkultur/Boku) haben den Studierenden für die Teilnahme an den Demonstrationen vorlesungsfrei gegeben.

Wie das künftige Doppelministerium heißen wird, ist übrigens noch nicht entschieden. "Da überlegen wir noch, wir haben aber noch Zeit, weil das Ministeriengesetz erst im Jänner geändert wird", sagt Mitterlehner gegenüber der APA. Wegen der Symbolkraft des Namens macht er sich keine Sorgen: „Symbole entscheiden keine Politik, entscheidend sind vielmehr die Inhalte.“