Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Wer in Zukunft Haare lassen muss"

Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

25. 2. 2013 - 07:00

Wer in Zukunft Haare lassen muss

Eine Woche hat man über die neuen, angekündigten Drogen-Haartests gerätselt. Jetzt ist klar: Es geht um Abstinenzkontrollen für Fahrzeuglenker.

Als Kollege Paul Pant vor kurzem im Selbstversuch testen wollte, wie brauchbar die angekündigten Haartests bei Drogenverdacht sind - da war die Aufregung sehr groß. Nicht nur hatte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Status Quo der österreichischen Substitutionspraxis gerüttelt, gleichzeitig hat sie eben auch vorgeschlagen, künftig statt auf Harn verstärkt auf Haare zu setzen. Zur Kontrolle, versteht sich.

Und da es beim Thema Drogen in einer Zeit, wo die Hälfte aller Politiker sowie die meisten Experten für ein Ende des Kampfes sind, während die anderen weiter auf Repression beharren, oft recht emotional hergeht, waren auch bei diesem Vorstoß etliche panische Reaktionen zu vermelden.

Denn erstens hat die Ministerin nicht von einer "Abschaffung" der Substitution gesprochen, sondern davon, die Medikamente der Wahl zu überdenken. Und zweitens wurde sie großflächig "falsch verstanden".

Am generellen Prinzip der Substitution rüttle in Österreich niemand, so Mikl-Leitner, ihr gehe es in erster Linie darum die Vergabepraxis der sogenannten retardierten Morphine zu überdenken, und da sieht sie in erster Linie den Gesundheitsminister in der Pflicht. (Wiewohl Befürworter der Substitol/Compensan Therapie dem entgegenhalten, dass man keineswegs davon sprechen kann, dass retardierte Morphine die "bösen" und alle anderen die "guten" Ersatzmedikamente sind. Dafür sein diese Fragen viel zu komplex, und verschiedene Menschen sprechen besser oder schlechter auf verschiedene Medikamente an.)

Dennoch war der Schaden - auch durch vereinzelte Medienberichte - bereits angerichtet, Mitarbeiter der Suchthilfe berichteten von verunsicherten Patienten, die um ihre Medikation fürchten.

Johanna Mikl Leitner

APA

Und nun, da sich diese Spannungen offenbar glätten lassen, relativiert man seitens des Ministeriums eben auch gleich den zweiten umstrittenen Plan - die Sache mit den Haaren.

Diverse Schreckensszenarien wurden da bereits entworfen, etwa von 16-jährigen Schülern, die unangekündigt Haarproben in der Schule abgeben müssen, weil etwa ein Lehrer einen Verdacht äußert, und dann in der Folge, auch wenn sie nur einmal vor Monaten auf einer Party an einem Joint zogen, tatsächlich ein Problem bekommen. Ein Drogenproblem und zwar eines mit der Polizei.

Doch auch hier ist die Empörung der Realität um viele Schritte voraus, Mikl-Leitner erklärt nun: Der Kern des Vorstoßes ist ein anderer. Auch wenn das in Vergangenheit nicht immer so klar war.

Denn wie die Innenministerin im FM4 Interview am Freitag ankündigte, werden derlei Haartests aktuell in Wien in Pilotversuchen getestet und anschließend evaluiert. Anschließend ist daran gedacht, Fahrzeuglenker, die wegen Führerscheinentzuges unter amtsärztlicher Überwachung stehen (etwa für sechs Monate) in Zukunft mit Hilfe dieser Haartests zu kontrollieren, statt eben regelmäßig pinkeln zu lassen.

Davon verspricht man sich ein aufschlussreicheres und verlässlicheres Bild darüber, ob der oder die Lenker/in in diesen Monaten eben illegale Substanzen konsumiert hat oder nicht. Denn derzeit hat man bei Harntests etwa das Problem, dass gewisse Substanzen wie THC relativ lange nachweisbar sind, während härtere Drogen wie etwa Kokain schon nach wenigen Tagen nicht mehr im Harn zu finden sind.

Wie das dann in der Praxis aussehen wird, dürfte sich nach der Pilotierung entscheiden, im Zuge dessen muss man natürlich auch diverse Probleme wie die unterschiedliche Speicherkapazität unterschiedlicher Haarfarben in den Griff bekommen, aber auch die etwaigen Kosten einer Umstellung.

Das Gespräch mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hört ihr auch am Montag in FM4 Connected (15-19).

Für Menschen, die kiffen und Autofahren, könnten dann also durchaus härtere Zeiten anbrechen, alle anderen müssen sich aber nicht davor fürchten, dass dein Freund und Helfer künftig auch zu deinem Frisör wird.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Interview

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