Erstellt am: 16. 1. 2013 - 16:46 Uhr
WKR-Ball neu
Der Wiener Korporations-Ring (WKR) ist eine Vereinigung von schlagenden Studentenverbindungen, oder wie es offiziell heißt von "farbentragenden Wiener Hochschul-Korporationen". Zu seinen Grundsätzen gehören das "Bekenntnis zum angestammten Volkstum im Rahmen der abendländischen Kulturgemeinschaft" und der "Grundsatz der geregelten, pflichtgemäßen Körperertüchtigung".
Die Burschenschafter fechten Mensuren, bei denen sie einander Schnitte im Gesicht zufügen, und stehen des öfteren in der Kritik wegen ihrer Nähe zu rechtsextremen Gedankengut.
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Demonstrationen gegen den „Wiener Korporationsball“ fanden in den letzten Jahren genauso regelmäßig statt, wie der Ball selbst. 2012 geriet die Veranstaltung der schlagenden Studentenverbindungen besonders heftig in die Kritik, weil sie ausgerechnet am Internationalen Holocaust-Gedenktag stattfand. Für die Kritiker stellt der Ball ein Vernetzungstreffen österreichischer und internationaler Rechtsextremer dar.
Die Hofburg-Betriebsges.m.b.H. versprach nach den Protesten im Vorjahr, dass es den WKR-Ball in Zukunft nicht mehr in dem traditionsreichen Gebäude geben würde. Doch nun ist alles anders: Der Ball wurde umbenannt in "Akademikerball" und anstatt vom WKR selbst diesmal von der FPÖ angemeldet. Das soll wohl den Eindruck erwecken, dass es sich um einen gänzlich anderen Ball handle. Gefeiert wird im Februar und wieder in der Wiener Hofburg. Eine erste Protestaktion gegen die Veranstaltung fand bereits heute statt.
Christoph Weiss
Zur Aktion aufgerufen hatten Aktivistinnen und Aktivisten der im Vorjahr gegründeten Plattform Jetzt Zeichen setzen. Darin sind unter anderem das Mauthausen Komitee, der Verein Gedenkdienst und die Isrealitische Kultusgemeinde (IKG) vertreten. Benjamin Gilkarov, Jugendreferent der IKG, sagte während der heutigen Protestaktion: "Es ist ein Schlag ins Gesicht, wenn dieser Ball jetzt wieder stattfinden kann, nur einfach unter einem anderen Namen". Der Antisemitismus in Europa sei deutlich im Steigen begriffen - das bemerke seine Organisation unter anderem an ungarischen Juden, die beim IKG in Wien Mitglied werden: "Erst letzte Woche haben sich zwei Menschen aus Budapest bei uns eingeschrieben. Sie sind aus Budapest nach Wien gezogen, weil sie es vor Antisemitismus in Ungarn nicht mehr aushalten". In so einer Zeit, so Gilkarov, sei ein neuer, umbenannter WKR-Ball in der Hofburg unerträglich. "Es ist eine Schande für Österreich".
Das Wort „Schande“ steht auch auf Flugzetteln, die die Aktivisten heute verteilten – und zwar an Gäste des Fünf-Sterne-Hotels Sacher. Das traditionsreiche Etablissement ist Mitgesellschafter der Hofburg-Betriebsges.m.b.H.
Wolfgang Moitzi von der Plattform "Jetzt Zeichen Setzen" will die Gäste darauf aufmerksam machen: "Das Hotel Sacher unterstützt einen Ball, bei dem sich viele Rechtsextreme aus ganz Europa treffen. Ich denke, das ist den Hotelgästen sicher nicht recht". Wolfgang Moitzi wünscht sich von den Eigentümern des Hotel Sacher, "dass sie ihr Versprechen vom letzten Jahr einhalten - also dass der WKR-Ball in der Hofburg nicht mehr stattfinden soll."
Christoph Weiss
Seitens der schlagenden Studentenverbindungen gibt man sich keine Mühe, die Querverbindungen zwischen dem alten und dem neuen Ball zu verschleiern. In der schriftlichen Einladung zum Ball heißt es wörtlich: „Der Wiener Akademikerball ist ein Ball von Korporierten für Korporierte“.
Christoph Weiss
Die Geschäftsführung des Hotel Sacher war für FM4 heute nicht erreichbar, um zum Vorwurf der Plattform "Jetzt Zeichen Setzen" Stellung zu nehmen. Reagiert hat - schon im Vorjahr - ein anderer Mitgesellschafter der Hofburg-Betriebsges.m.b.H.: Die Casinos Austria AG plädierte imVorjahr dafür, „Organisationen, die die nötige Distanz zu einschlägigem Gedankengut vermissen lassen, keine Bühne zu geben“. Einigkeit dürfte darüber bei der Hofburg Betriebsges.m.b.H. nicht herrschen - die Casinos Austria AG ist heute kein Mitgesellschafter mehr, angeblich aufgrund der Meinungsverschiedenheiten und des gebrochenen Versprechens rund um den Ball.
Der heutige Protest gegen den „Akademikerball“ wird wohl nicht der letzte gewesen sein. Seitens der Plattform Jetzt Zeichen Setzen folgen bereits diese Woche weitere Aktionen.