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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

28. 4. 2011 - 10:26

Von Mining am Inn über Tolmin bis Wacken

Das Nova Rock wird freilich lässig, abseits davon erlaube ich mir eine "dezent" Metal-lastige Festival-Empfehlungsreise. Die Nörgler sollen doch daheim bleiben.

Offen gesagt, ödet mich das allgemeine Gesuder gegen Festivals mittlerweile so sehr an, wie das Gewetter gegen Bands, die so "dreist" sind mit ihrer Musik auch noch Geld verdienen zu wollen. Wobei ich hier nicht nur vom Gejammer jener Damen und Herren rede, die in den Foren unserer schönen Website nicht müde werden, gegen das Nova Rock im Speziellen und Festivals im Allgemeinen zu schimpfen, auch ich selbst ertappe mich manchmal dabei.

Sicher, Festivals sind eine ganz eigene Sache und ausschließlich wegen der Musik fahren wahrscheinlich die wenigsten hin. Man gönnt sich ja sonst nichts, also wird es wieder mal Zeit für eine kleine 3-Tages-Anarchie inkl. Übernachtung auf dem Campingplatz (mit Glück ohne Gatsch) und Besäufnis bis zum Abwinken. Mein persönlicher "Klassiker" ist da zum Beispiel jenes für immer in mein Gehirn eingebranntes Bild jenes Festivalbesuchers, der mit von der Sonne verbranntem nackten Oberkörper, Schlapphut Modell "Vietnam", Augen auf Halbmast, ausgerüstet mit Bier in sengender Hitze leicht schwankend vor der Bühne steht und mit zu Teufelshorn geformter Hand begeistert irgend einen Bandnamen Richtung Bühne grölt. Mit viel Glück tritt die so lautstark gelobpreiste Formation sogar auch gerade auf.

Vor der Bühne, da ist die einzige Wahrheit

Publikum for der Blue Stage des Nova Rock 09.

Patrick Wally

Trotz mitunter nervender Zeitgenossen brachte es einmal ein Bekannter von mir auf den Punkt, als ich ihn, der normalerweise auf der Bühne hinter dem Schlagzeug sitzt, auf einem Festival im Publikum traf. "Hier vor der Bühne, da ist die einzige Wahrheit", meinte er damals und jedes Mal wenn ich kurz davor bin wieder herumzumosern, fällt mir zum Glück genau dieser Satz wieder ein und lasse mich mit Freuden auf das ein, was da auf einer solchen Festivalbühne passiert. Auf einem Festival zu sein und herumzumeckern ist nämlich genau so dämlich, wie im Urlaub dauernd darüber zu nörgeln, dass daheim eh alles viel besser ist. In beiden Fällen sollte man dann doch lieber daheim bleiben und seiner Umwelt nicht auf die Nerven gehen.

Zugegebenermaßen kann man auf manches verzichten wie jenen furchtbaren Auftritt eines sich als Guns N' Roses verkleideten Axl Rose, Momente wie auf dem Nova Rock 2009, als ein selbstironischer Mike Patton beim Comeback von Faith No More mit Gehstock auf die Bühne humpelt oder das letzte Nine Inch Nails Konzert in Österreich bei strömendem Regen möchte ich jedoch keinesfalls missen. Genau wegen solcher Highlights muss man mich wirklich nicht großartig überreden, jedes Jahr aufs Neue wieder zum Nova Rock zu pilgern und auch in diesem Jahr war ich sogar schon im Jänner so frei, meiner Vorfreude Ausdruck zu verleihen, auch wenn zu dem Zeitpunkt Kaliber wie Cavalera Conspiracy, Danzig, Clutch, Korn, Motörhead und Wolfmother noch nicht einmal angekündigt waren.

Ja, ich gehe gern auf Festivals, auch wenn nach drei Tagen manchmal ein gewisser musikalischer Übersättigungsgrad eintritt und zur Abwechslung sei hier neben dem bereits erwähnten Nova Rock auch einmal auf ein paar andere Veranstaltungen hingewiesen, die vielleicht eher in die Kategorie "special interest" fallen und wer nun Metal dabei denkt, ist gar ein Schelm.

Metalfest Open Air Austria (27. bis 29. Mai)

Metalfest

Warum aber in die Ferne schweifen, wenn der gute Metal so nah und auch zeitlich schon in greifbarer Nähe liegt. Schon in einem Monat trifft sich in Mining am Inn so beinahe fast alles, was in Sachen Metal Rang und Namen hat. Die Bandbreite des gepflegten Lärms reicht von Black-, Death- und Thrash-Metal bis zu Metalcore und sogar Wurschtcore(!), was immer nun Letzteres auch sein mag. Weder vor Wacken noch vor dem With Full Force muss sich dieses Festival mit Bands wie Primordial, Amorphis, Watain, Amon Amarth, Entombed, Belphegor, Sodom und The Sorrow ganz sicher nicht verstecken.

With Full Force (1. bis 3. Juli)

With Full Force

Neben dem weiter unten allseits bekannten Wacken ebenso eine langjährige Institution, wenn es um die Darbietung kerniger Gitarrenklänge unter freiem Himmel geht, wobei im Programm des WFF auch Hardcore und Punk ein wenig mehr Platz finden. Neben den dort schon fast jährlichen Stammgästen Volbeat finden sich in der Liste auch Bands wie Agnostic Front, Madball, Satyricon, Six Feet Under, Samael und die sehr großartigen Betzefer. Leider ist der nördlich von Leipzig gelegene Segelflugplatz Roitzschjora bei Löbnitz nicht gerade um die Ecke von Österreich, wer aber von 1. bis 3. Juli Zeit hat, dem sei die Reise empfohlen.

Metalcamp 11 (11. bis 17. Juli)

Metalcamp11

Nicht ganz zu Unrecht trägt dieses Festival den Untertitel "Headbangers Holidays", erstreckt sich die Dauer dieses in Tolmin (Slowenien) stattfindenden Festivals doch immerhin über eine ganz Woche. Ob man bei diesem Lineup allerdings erholt zurückkommen wird, steht auf einem anderen Blatt. Neben Slayer(!), Kreator, Arch Enemy, Kylesa und Moonspell absolvieren auch die legendären Brujeria dort einen ihrer seltenen Auftritte in Europa.

Bang Your Head Festival (15. bis 16. Juli)

Bang Your Head

Für nicht ganz so fortgeschrittene Camperinnen und Camper empfiehlt sich dieses zweitägige Themen-Wochenende in Balingen im deutschen Baden Württemberg. Ähnlich wie Wacken, das auch mit gerade mal 800 Leuten anfing, hat auch hier 1996 mit 600 Besuchern alles erst mal recht klein begonnen. Leider ist auch Balingen von Österreich aus gesehen nicht gerade um die Ecke gelegen, für Slayer, Overkill, D-A-D und Legion Of The Damned kann man aber schon auch mal ein paar Kilometer auf sich nehmen.

Wacken Open Air (4. bis 6. August)

W:O:A

Das (no na) vermutlich bekannteste und lt. Veranstaltern weltweit größte Metal-Festival findet im kleinen knapp über 1.800 Einwohner zählenden Wacken in Schleswig-Holstein statt. Empfehlen muss man es an sich nicht mehr, denn der Bekanntheitsgrad dieser Veranstaltung macht selbst vor kleinen Metalspelunken in Hawaii nicht halt, wo Menschen auf Konzerten in Wacken-Shirts durch die Gegend rennen. Abgesehen davon ist das W:O:A auch in diesem Jahr bereits so restlos ausverkauft wie schon in den letzten Jahren. Kein Wunder bei einer so hochkarätigen Liste auftretender Bands wie u.a. Accuser, Morgoth, Mayhem, Kreator und Kyuss Lives! Terminstress Vorort wäre für mich garantiert, trotzdem an dieser Stelle "a note to myself" für 2012: rechtzeitig Karten besorgen und packen für Wacken.

Kaltenbach Open Air 2011 leider abgesagt

Zu guter Letzt leider eine traurige Nachricht, denn das seit 2003 jährlich stattfindende Kaltenbach Open Air in Spital am Semmering findet in diesem Jahr zum ersten Mal nicht statt. Bei jenem Festival, das immer eine selten dagewesene und exzellent ausgesuchte Mixtur extrem heftiger Bands kredenzte, tut das besonders weh. Wie gerne hätte ich es an dieser Stelle angekündigt und mit Lobpreisung überhäuft, denn die bisher dort aufgetretenen Bands wie Primordial, Dying Fetus oder Satyricon hätten auch für dieses Jahr einige erwarten lassen und das Kaltenbach zu einem Pflichtbesuch gemacht. Laut einem Statement der Veranstalter auf deren Website soll das aber nicht das endgültige Aus bedeuten, denn man will neue Konzepte und Wege finden, um 2012 mit dem Kaltenbach Open Air wieder am Start zu sein. Wir drücken die Daumen.