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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

20. 6. 2009 - 15:04

Comebacks und Abschiede am Tag 1 des Nova Rock

Pop-Metal von Sonic Syndicate, ein zwangloses Interview mit Mastodon Bassist Troy Sanders, selbstironische Faith No More und Abschied mit abruptem Ende von Nine Inch Nails.

Sonic Syndicate

Dominique Hammer (ORF.at)

Diese Band müsste ihren Stil gar nicht als "(Un)true nuclear metal" bezeichnen, um ihren Kritikern vorab den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eigentlich bräuchte man sich die Band nur einmal live ansehen, denn was da am frühen Nachmittag in einer knappen halben Stunde auf der "Blue Stage" geboten wurde, entlockte einem ein freudiges "Ja aber Hallo".

Ja, gut, Angriffsfläche bieten Sonic Syndicate ausreichend, denn ein wenig stylisch wirkt das sicher, trotzdem haben sie genau jene richtige Balance aus Hartwurst-Gitarren kombiniert mit schönen Melodeien drauf, die auch viele ihrer schwedischen Kollegen auszeichnen. Das erinnerte schon fast an das furiose Konzert von "Bloodsimple", die nun zwar nicht aus Schweden sind, vor zwei Jahren aber an gleicher Stelle in glühender Nachmittagshitze eine Menge Staub im wahrsten Sinne des Wortes aufwirbelten. Ansagen wie "I want you to jump up and down now" bei einem Song wie "Flashback" wären allerdings nicht einmal notwendig, denn nur wer ein wenig fad im Tanzbein ist, wäre da ruhig stehen geblieben.

Dominique Hammer (ORF.at)

Ob man Aufforderungen zu "Walls Of Death" oder "Mosh Pits" jetzt wirklich braucht, soll ein jeder und eine jede für sich selbst entscheiden, solange niemand dabei verletzt wird. So oder so haben die Schweden mit ihrer Mischung aus Metal-/Hardcore und Pop-Hooks an diesem Nachmittag einige Fans hinzugewonnen.

"Uns selbst nehmen wir nicht so ernst, wie unsere Musik"

Troy Sanders, seines Zeichens Bassist und Sänger bei den Komplex-Metallern Mastodon, ist einer, mit dem sicher ein jeder gern mal auf ein Bier gehen würde. So komplex und sehr ernst deren Musik ist, so ungezwungen und unverkrampft gibt er sich im Interview, das Susi Ondrusova und ich mit ihm führen durften. Die Tatsache, dass er eben eine eine über 2-tägige Reise mit dem Bus aus Oslo hinter sich hatte, merkte man ihm ebenso nicht an.

Wer es also noch nicht weiß, Mastodon sind einfach ungezwungene Typen, die sich aus Jux auch schon mal bei Tätigkeiten wie Sitzen auf dem Klo, Zähneputzen und Zehennägel lackieren ablichten lassen, wie vor einiger Zeit im Visions-Magazin. Zwar nähmen Mastodon ihre Musik selbstverständlich sehr ernst, mit sich selbst und ihrem Lebensstil halten sie das aber keinesfalls so. Zu bierenst nähmen sie sich allerdings überhaupt nicht und sind weiterhin für zwanglose Späße zu haben, wie am nächsten Foto zu sehen.

Troy Sanders von Mastodon mit FM4 Sprechblase, in der folgender Text steht: It's nice to see you... but I miss my dog more.

FM4 Ondrusova

Schönen Gruß von Troy Sanders, dem Bassisten der großen Matodon

Um 20 Uhr 5 wurde es dann aber auf der Red Stage tasächlich ernst, denn Mastodon hauten das geneigte Publikum mit Wucht und Finesse, die so im Metal ihresgleichen sucht, um. Mastodon Fans werden mich jetzt steinigen (brauchen sie nicht, ich hab mich bereits selbst gegeiselt), aber ich machte mich tatsächlich nach dem dritten Song auf den Weg Richtung "Blue Stage". Dort spielten danach nämlich unser aller Helden Faith No More und Nine Inch Nails. Die einen hatten sich ja eben wiedervereinigt, die anderen nennen ihre aktuelle Tournee "Wave Goodbye Tour" und da darf man die Nine Inch Nails schon gar nicht versäumen.

Übrigens kündigte Herr Sanders für nächstes Jahr eine ausgedehnte Clubtour zum 10-jährigen Jubiläum von Mastodon an, die sie auch durch Europa führen wird. Wir freuen uns schon.

Reunited and it feels so good

I was a fool to ever leave your side
Me minus you is such a lonely ride
The breakup we had has made me lonesome and sad
I realize I love you
'Cause I want you bad, hey, hey

Mike Patton von Faith No More im roten Anzug.

Dominique Hammer

Ich kann mir so richtig vorstellen, wie Mike Patton in seinem Tourbus sitzt und feist grinsend ausheckt, was er mit seinen wiedervereinten Faith No More dem geneigten Publikum als ersten Song bei einem Konzert zu kredenzen gedenkt. Nichts da von wegen "Midlife Crisis" (hätte auch gepasst) oder "We Care A Lot" (gab es leider gar nicht), nein, eine smoothe Nummer von "Peaches & Herb" mit dem passenden Titel "Reunited" sollte es sein. Wer also zu Faith No More gekommen war und sich sogleich den harten Rock erwartete, ist vielleicht Richtung "Blue Stage" zu Slipknot und Metallica geflüchtet, alle anderen - und derer waren es eigentlich gar nicht einmal so viele wie erwartet - wurden mit einem Faith No More Konzert belohnt, das keinerlei Wünsche offen ließ (gut, fast keine, siehe eingangs erwähntes und von mir schmerzlich vermisstes "We Care A Lot").

Billy Gould von Faith No More.

Dominique Hammer

So gern ich die großen Mastodon gesehen hätte, meine Wahl zugunsten von Faith No More habe ich in keinster Weise auch nur für eine Sekunde bereut, denn wie schmerzlich man diese Band vermisste, wurde einem bei diesem Auftritt erst so richtig bewusst und es war fast etwas ungewohnt, wenn Mike Patton seine Mitmusiker nicht wie sonst bei Fantomas regelrecht dirigiert.

Wie auf ihrer letzten Tournee vor 12 Jahren trat die Band wieder in feinem Tuch gekleidet auf, sprich in Anzügen. Mike Patton wählte dieses Mal allerdings ein knalliges rot, passend zur Farbe des Vorhanges im Bühnenhintergrund. Nun ja, über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

Mike Patton von Faith No More.

Dominique Hammer

Alles andere als Selbstironie hätte bei Faith No More - und speziell bei Herrn Patton - freilich gewundert, betrat der doch die Bühne mit einem Krückstock in der Hand. Ob selbiger tatsächlich ein Selbstironie-Utensil oder wegen einer Verletzung vom Konzert in Berlin notwendig war, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. Ein Interview mit Herrn Patton blieb uns leider verwehrt.

Roddy Bottum von Faith No More.

Dominique Hammer

Auf den lockeren Einstieg folgte denn auch das erwartete Best Of-Programm. Was auch sonst, denn neues Album gibt es im Moment keines und ob eines kommt, weiß auch noch niemand so wirklich. Nummern wie "Midlife Crisis", "Just A Man", Evidence" oder "Epic" rauschten da in einer Präzision heraus, als hätte die Band nie aufgehört zusammen zu spielen. Der Beginn von "Stripsearch" wurde gar mit den Klängen von Vangelis' "Chariots of Fire" aufgepeppt.

Mike Patton ließ es sich auch nicht nehmen, ein wenig zu dissen und sprach von ein paar "horrible Metalbands", nannte selbige aber nicht beim Namen. Überhaupt war er generell in recht fröhlicher Laune, außer während eines kleinen Disputs mit dem Monitormischer, mit dem er zu Beginn wohl nicht so zufrieden war. Das Erklimmen der Bühne eines Herrn aus dem Publikum, der das später bei den Nine Inch Nails übrigens noch einmal machte, nahm er aber mit Humor.

Jon Hudson von Faith No More.

Dominique Hammer

Im Grunde genommen war das genau jenes Faith No More Konzert, wie ich und wahrscheinlich die meisten sich erwartet hatten. Niemand aus der Band macht einen Hehl aus seinem Alter oder gar einen auf berufsjugendlich frisch. Vielleicht macht sie genau das so glaubwürdig, egal ob sie eine smoothe Jazznummer spielen, "Easy" von den Commodores und "Pokerface" von Lady Gaga covern oder mit "Midlife Crisis" einfach die Rocksau geben.

Wer diesen Reunion-Auftritt gesehen hat, wird das Versäumnis von Slipknot und Mastodon nicht bereut haben, wenngleich es keine leichte Wahl war. Klar, Reunion Tourneen wie diese haben immer den Beigeschmack der Geldscheffelei, insbesondere, wenn es kein neues Album gibt. Wenn die Band allerdings mit solcher Spielfreude dabei ist und man ein solches Konzert geboten bekommt, wer will sich da noch beschweren? Ich jedenfalls nicht, zumindest nicht bei Faith No More. Bleibt also zu hoffen, dass Mike Patton, Jon Hudson (Git.), Billy Gould (Bass), Mike Bordin (Drums) und Roddy Bottum (Keyboard) sich auch zu einem neuen Album aufraffen können.

Abschied der Nine Inch Nails mit abruptem Ende

Man soll ja niemals nie sagen, aber Trent Reznor scheint mit seiner Abschiedstournee wirklich ernst machen zu wollen. Fast kam es einem von Beginn an vor, als wollte er noch einmal diese Band in aller Härte agieren lassen und der mittlerweile ziemlich durchtrainierte Herr Reznor, an den sich viele noch nicht so recht gewöhnen können oder wollen, strotzte regelrecht vor Energie, als er mit Nine Inch Nails bei fast 15 Minuten Verspätung den Headliner auf der Red Stage gab.

Trent Reznor von Nine Inch Nails.

Dominique Hammer

Es waren bisher einige Konzerte, die ich von ihm sehen durfte, allerdings habe ich kein einziges so dermaßen hart in Erinnerung. Es machte fast den Anschein, als wollte er es auf seine "Wave Goodbye 09 Tour" wirklich noch einmal wissen. Kann aber auch gut sein, dass er nicht gedachte, einen Gegenpol zu den fast zeitgleich auftretenden Metallica bilden zu wollen. Man verstehe das nicht falsch, es war kein verzweifeltes "dagegen Anspielen", es waren die wahrscheinlich härtesten Nine Inch Nails ever.

Teils waren die Songs nicht wieder zu erkennen, was nicht negativ gemeint ist. Vielmehr waren das alles eher von Elektronik entschlackte und sehr gitarrenlastige Versionen, die die Nine Inch Nails da zum Besten gaben und wie bei Faith No More davor war das ebenso eine Art Best Of-Programm. "Terrible Lie", "Wish", "The Day The World Went Away", "Piggy", "March Of The Pigs" oder (no na) "Hurt", es sollte wohl das Programm werden, das der Nine Inch Nails-Fan von Herrn Reznor zum Abschied hören will und man bekam es auch.

Dominique Hammer

Mein persönlicher Höhepunkt des Konzerts war die Coverversion von Gary Numans "Metal", die der Meister in einer extrem langen und epischen Version zum Besten gab. Sehr schön, denn ein Song von jenem Herren, der laut Trent Reznor eine der Hauptinspirationsquellen für seine Musik war, gehörte auf jeden Fall ins Abschiedsprogramm.

Wie auf Kommando setzte dann während "The Day The World Went Away" tatsächlich der schon den ganzen Tag befürchtete Starkregen ein, was leider eine ziemliche Abwanderung des Publikums zur Folge hatte. Susi Ondrusova und ich ließen uns davon selbstverständlich nicht beirren, was uns zwar das Attribut "waschlnass" einbrachte, aber was tut man nicht alles für Trent Reznor, der schließlich zum letzten Mal in Österreich auftrat.

Trent Reznor von Nine Inch Nails.

Dominique Hammer

The sound of metal...

Und dann passierte es leider. Während "Head Like A Hole" fiel mitten im Song der Strom aus. Ende, aus, alles dunkel und Schluss war es mit Nine Inch Nails. Zwar harrten die Fans noch eine Weile aus, aber als das Licht auf der Bühne wieder erleuchtete, wurde bereits ohne Kommentar mit dem Abbau begonnen. Ein solches Ende eines großartigen Abschiedkonzerts hatten sich weder Nine Inch Nails und schon gar nicht deren getreue Fans verdient. Das kann es einfach nicht gewesen sein und hiermit bestehen ich darauf, dass Nine Inch Nails noch einmal nach Österreich kommen, und sei es nur, um "Head Like A Hole" fertig zu spielen.

Trent Reznor von Nine Inch Nails.

Dominique Hammer

Am 2. Tag geht es weiter

Zwar mit Ausnahme von Killswitch Engage und Monster Magnet nicht ganz so hart wie am Tag 1, vermutlich werden sich diese Damen und Herren aber nicht davon abhalten lassen, ein wenig durch den Gatsch zu hüpfen.

Publikum for der Blue Stage des Nova Rock 09.

Patrick Wally