Erstellt am: 10. 2. 2011 - 14:33 Uhr
Die Sehnsucht nach der Apokalypse
Zombie Schwerpunkt in der Homebase (10.2)
- Roli Gratzer und Michael Fiedler haben sich den Zombie-Games gewidmet, Markus Keuschnigg stellt "The Walking Dead" vor.
- Zombie-Experte Martin Nechvatal im Interview
- Zohombie: Ein Mixtape für die Untoten
Es beginnt mit einem Unfall. Im Atomkraftwerk, dem Genlabor, der regierungsnahen Forschungseinrichtung für biologische Kampfstoffe. Etwas läuft schief und der Patient Zero verbreitet die Seuche (oder eben nicht). Und ganz egal, ob die Infizierten sterben und wiederauferstehen (bitte beachten Sie den religiösen Aspekt) oder durch das Virus, den Fluch, die Strahlungsfolgen auf rudimentäre Instinkte wie Hirne fressen und shoppen reduziert werden - es verbreitet sich rasend schnell. Und seriöse einschlägige Akteure wie die Zombie research Society, das Zombiesurivalwiki oder Max Brooks, Autor des "Zombie Survival Guides" werden nicht müde zu betonen: Die Zombieapokalypse ist keine Frage des ob, sondern eine Frage des wann. Wie beruhigend, dass sich auch andere Menschen ernsthaft mit Fragen der perfekten Bewaffnung (Alu-Baseballschläger), der Wohnsituation (verbarrikadierbare Türen und Fenster, Vorräte, Fluchttunnel) und Migrationszielen (einsame Insel, die hoch genug aus dem Meer ragt, um die noch andauernde Klimaerwärmung zu überstehen) beschäftigen. Wir sind also besser vorbereitet, wenn es soweit ist. Noch vor dem regelmässigen Konsum einschlägiger Filme oder Studien und gleich nach dem Erstellen einer stets griffbereiten Checkliste, sind Computerspiele das beste Training für den Ernstfall.

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Trapped Dead
Ein aktuelles Zombie-Trainingsspiel ist Trapped Dead, das klassischen Genre-Erzählstrukturen folgt: Zwei Studenten auf dem Weg ins College übersehen die Anzeichen der beginnenden Epidemie. Das Benzin ist alle, an der nächsten Tankstelle warten aber schon die ersten lebenden Toten und zum Glück auch der gute, alte Baseballschläger. Dummerweise wird der betrunkene Beifahrer gebissen und das nahegelegene G. A. Romero-Krankenhaus ist auch schon überrannt worden. Wenigstens finden wir dort einen ersten Verbündeten, den paranoiden Professor Harper. Im Laufe des Spieles sammeln sich weitere klassische Spielfiguren, vom dicken Sheriff über die schöne Reporterin bis zum Vietnam-Veteranen zu einer Survivalgruppe, die sich durch ebenfalls klassische Szenarien metzeln, einer Einkaufsstrasse, einem Güterbahnhof, einem Schießsstand.

Michael Fiedler Radio FM4
Laut Eigendefinition ist "Trapped Dead" ein Taktik-Echtzeit-Spiel, aber das stimmt nicht so ganz. Man kann den Spielfluß jederzeit unterbrechen und den Figuren neue Befehle geben. Das ist zwar ganz praktisch, wenn plötzlich eine Horde Untoter aus einer Seitenstrasse kommt, aber erstens denkbar unrealistisch (es ist keine Frage des ob!), weil das Leben auch nach Ausbruch der Zombieapokalypse keine Pausetaste hat, und zweitens meist unnötig: Trapped Dead frönt der alten Schule der langsamen Zombies, denen man entspannt im Schlenderschritt entkommt. Viel schwerwiegender ist aber, dass die taktischen Möglichkeiten zu kurz kommen. Letztlich läuft jede Konfrontation mit den Wiedergängern gleich ab. Ein Partymitglied läuft voraus und lockt eine überschaubare Anzahl von Gegnern an, die dann möglichst mit Nahkampfwaffen erledigt werden. Wenn die Übermacht zu groß ist, sorgen der Sheriff mit der doppelläufigen Schrotflinte und der Veteran mit dem Scharfschützengewehr für Ruhe. Das Bauen von Fallen oder Barrikaden spielt ebensowenig eine Rolle wie Vorräte, bleibt die Blutkonserve als Wurfgeschoß, mit der sich die Untoten für einige Zeit foppen lassen. Als Training für den Ernstfall ist Trapped Dead leider gar nichts, da ist der Strassenkampf die letzte, verzweifelte Option. Direkter Konfrontation geht man dann am besten durch Flucht aus dem Weg, wobei in die Überlebenschancen durch mitnahme langsamerer Personen gesteigert werden kann.

Michael Fiedler Radio FM4
Red Dead Redemption: Undead Nightmare
Gar nicht taktisch ist das Vorgehen im kürzlich erschienenen "Red Dead Redemption: Undead Nightmare", das Roland Gratzer getestet hat:
Die Grundstruktur des großartigen Western-Shooters aus den unermüdlichen Programmierstuben von Rockstar ist bekannt. Revolverheld John Marston ist endlich zu seiner Familie heimgekehrt und führt ein belangloses Farmerleben. Gattin Abigail ist immer noch alles andere als ein braves Weibchen und der Sohnemann liest immer noch lieber Bücher als sich mit Hinterladern und Rinderpflege zu beschäftigen. Aber irgendwas ist faul im mittleren Westen.

Rockstar Games
Als der Alkoholiker-Onkel Stunden später als üblich von seiner Sauftour heimkehrt, ist er grün im Gesicht und hat große Probleme mit seiner Aussprache. Einmal nicht hingeschaut und schon beißt er Abigail in den Hals. Die wiederum schnappt sich den Sohn und beide winden sich gurgelnd am Boden. Marston ist leicht überfordert, fesselt die beiden und legt sie auf’s Bett. Als er aus Recherchezwecken in der benachbarten Stadt ankommt, ist alles voller untoter Monster mit gesegnetem Appetit. Die Suche nach Überlebenden und Gegengift beginnt.

Rockstar Games
"Red Dead Redemption" war und ist ein unfassbar stimmiges Westernspiel, in dem nicht einmal minutenlange Reitpassagen langweilig sind. Jetzt haben die Entwickler einfach ein paar Zombies reingeworfen, die Grundfarbe rot mit grün ausgetauscht und die große Überraschung ist: Es funktioniert! Zwar sind die amüsanten gesellschaftskritischen Zwischendialoge nicht mehr ganz so häufig, was aber auch kein Wunder ist. Schließlich muss man nichtinfizierte Personen wirklich mit der Lupe suchen. Das, was noch übrig ist, sorgt aber trotzdem für leichtes Lächeln in den wenigen Entspannungspausen des Gemetzels:
„What’s going on here?“
„It’s the fault of the government and the foreigners. We should close that damn border once and for all.”
“I think we are going a little bit off topic right now.”

Rockstar Games
Die Anforderungen sind höher geworden. Ohne Headshot geht nix, was bei den unkoordinierten Bewegungen der Gegner nicht immer leicht ist. Deshalb ist fast immer Nahkampf gefragt. Blöderweise beißen die grindigen Zombies wirklich, was das Zeug hält. Wer das Urspiel noch gut kennt, freut sich über alte Bekannte wie den nekrophilen Totengräber und den sozialdarwinistischen Wissenschafter (der allerdings nur kurz überlebt). Taktisch anspruchsvoll ist die Schlacht um die Prärie nicht unbedingt. Aber Cowboys spielen ohnehin lieber Russisches Roulette und nicht Schach.

Rockstar Games