Erstellt am: 30. 12. 2010 - 15:13 Uhr
Konzert des Jahres 2010!?
Sagen wir mal so: Ein technisches Gebrechen hat eure Exit Poll-Hinweise zum Konzert des Jahres geschluckt. Weg. Stellt euch vor, ihr geht auf ein Konzert und verbringt den Abend an der Bar, die Bühne nicht mal annähernd im Blickwinkel geschweige denn im Trichter der akustischen Wahrnehmung. So geht es unserem Exitpoll-Auswertungscomputer, der war an der Bar und hat vergessen sich zu erinnern, geschweige denn die Zugaben zu zählen. Also grabt nochmal in der Erinnerungskiste und sag an: Was war euer Konzerthighlight 2010?
Ich mach mal den streberischen Anfang und gebe mein Erinnerungsprotokoll an das Konzertjahr ab. Die Reihenfolge spielt keine Rolle. (Vergessen hab ich sicher auch einiges, wo ich dabeigewesen sein will!)
We Were Promised Jetpacks/ Chelsea Wien
Traditionell beginnt das Konzertjahr für mich mit dem FM4 Geburtstagsfest. Das war auch super, aber waren die Frostbeulen erstmal warmmassiert und der Schlaf nachgeholt, ging es fröhlich weiter. In einem durchgeknallten vollgepacktem Chelsea haben We Were Promised Jetpacks ein Sonntagskonzert gespielt. Sonntagskonzerte: immer schwierig, weil Sonntage meist tote Tage in Wien sind. Ich erinnere mich an irre Stimmgewalt und großen Überraschungsmoment ob der euphorischen Stimmung einer hungrigen Band und eines ebenso hungrigen wie dankbaren Publikums.
Japandroids/ Arena Wien, Kuudes Linja Helsinki
Das erste Mal genau einen Tag nach dem We Were Promised Jetpacks Konzert gesehen. Japandroids: bestes Konzert, weil energetisch gebündelt. Duale Pop-Punk-Harmonien. Morgen sterbe ich, aber noch ist nicht morgen. Dabei waren zu dem Gig fast alle wegen der Hauptband gekommen, das waren die hier im Bild nicht wiederzuerkennenden Big Pink.
ondrusova
Ein zufälliges Konzertwiedersehen dann sechs Monate später, man muss die Zufälle akzeptieren, wie sie kommen. Vier Tage in Helsinki verbracht, um sich mit Arcade Fires neuem Album "Suburbs" und ihrer finnischen Konzertpremiere auseinanderzusetzen und genau vier T-Shirts dafür eingepackt.
ondrusova
Davon ein Bandshirt mit dem Aufzug "No God. Only Japandroids" und dann spielen die kanadischen Hunde zufällig auch noch am gleichen Tag wie Arcade Fire in der Stadt. Alles ein Zeichen dort hinzupilgern! Das Tageslicht der finnischen Nacht musste auch ein geographisch ungeschickter Mensch wie ich ausnutzen, um nach dem Best-Of-Hit-Konzert von Arcade Fire den Schuppen zu finden, in dem ich nochmal Zeugin davon werden konnte, dass Japandroids einfach eine spitzenmässige Liveband sind. Weil unkontrolliertes Tanzen zu sehr lauter Musik sehr wichtig ist.
Ja, Panik/ Poolbar Feldkirch
Das mit dem Donaufestival-Auftritt (siehe Bild) ist sich nicht ganz ausgegangen zum Mitsingen, also ab in den Zug Richtung Feldkirch und sich nochmal davon überzeugen, ob und wie diese Band mit dem Album, das ich ein Jahr lang am rechten Fleck spazieren geführt habe, was kann. Freakout!
ondrusova
Beatsteaks/ Nova Rock Festival
ondrusova
Früher, so erzählt man mir, bin ich knapp vor Konzertbeginn in die Venue gekommen, habe Wasser getrunken, mich nach der letzten Zugabe wieder heim vertschüsst und habe die interne Denkmaschine angeworfen. Abhängen war nicht drin. Reden sowieso nicht. Heute sind mir die Umstände eines Konzertereignisses genauso wichtig, wie das eigentliche Konzert. Sei es die Venue, sei es das Interview davor, die Begleitung oder von mir aus die Wasserflasche, die ich am Eingang immer abgeben muss. Der Tag macht die Musik zur Musik. Die Beatsteaks waren mir immer ein wenig egal. Ich dachte, ich brauch sie nicht, sie brauchen mich schon mal gar nicht, aber jetzt haben sie mich. Wer es nach einem wahnsinnig heißen Nova Rock Festival ft. einem Zwangsjackenkonzert von Green Day schafft, sich so sympathisch, witzig und musikalisch mitreißend zu präsentieren, dass einem selbst die apokalyptischen Zustände wie der sich kurz vor der Öffnung befindliche Sturm&Hagel-Himmel wie ein alter Kindergartenfreund erscheint - hey, der hat ein Stockerlplatz und meinen Fanstatus verdient.
ondrusova
Pavement/ Butlins Center Minehead, UK/ Arena, Wien
Alexandra Augustin
Und dann haben sie sich also nach elf Jahren endlich reuniert und die Zuspätgeborenen konnten sich endlich das Abschlussexamen im Wahlfach Lo-Fi-Indie abholen. Ich zähle mich zu denen, die mit Auszeichnung bestanden haben. Ich habe geklatscht, geschrien, getanzt vor Glück. Wowee Zowee. Eines dieser Konzerte, die endlos dauern könnten.
Belle&Sebastian/ Krankenbett, Internetleitung Las Vegas
Nach dem Gonzales Sunny Side Up-Auftritt hab ich erstmal die Stimme und den dazugehörige gesunden Menschenverstand verloren.
ondrusova
Der Wecker hat nämlich zur amerikanischen Headliner-Konzertzeit geläutet. Irgendwas 7 Uhr in der Früh oder 8 auf oder 9 gar. Ich hab jedenfalls den Computer angeworfen um niesend nach Las Vegas zu gucken. Anlässlich des 21. Geburtstages von Matador Records hat das Label ihre vertraglichen Lieblingsartists nach Las Vegas zum Labeljubiläums-Festivalgig geschickt. Ich habe meine Altersheim-Zukunft gesehen, als ich Belle&Sebastian im Livevideostream buffering Modus zuhören konnte, wie sie ihr neues Album "Write About Love" präsentieren. Live! Im Internet! Irre!
Foals/ Flex, Wien
Das Foto sagt alles. Bestes Beispiel für super korrespondierendes Energielevel zwischen allen Beteiligten. Vor der Bühne, auf der Bühne, vor dem Publikum, auf dem Publikum. Total Life Forever!
ondrusova
The best of the rest
Grinderman im Gasometer, weil herrliche Rettung des Rock´n´Roll, ohne Midlife-Crisis-Theorie bestätigt zu bekommen. Habe jede Minute vom Konzert sehr genossen mit zeitweise runtergeklappter Kinnlade, dann wieder mit crooked face ob der wahnwitzigen Texte. Bestes!
ondrusova
Tricky am Berlin Festival, weil er weiß, wie man dramaturgische Konzertbögen schafft und alle mitnimmt.
Faith No More in Wiesen, weil jeder Tag mit einer Mike Patton-Liveperformance ein guter Tag ist. (Fairerweise muss auch gesagt werden: file under: Nostalgie)
Broken Social Scene im Flex, weil ich ganz vorne links gestanden bin und es nie zuviel Gitarren und nie zuwenig Trompeten geben kann.
The Raveonettes beim Off Festival, weil ich genau ein Lied gehört habe zwecks Überschneidung und Wahnsinn, dafür war es gleich das bBeste Lied, nämlich "Last Dance" und das alleine war schon die Reise wert.
Aber die größte Konzertüberraschung auf meiner ersten Polen-Reise zum Off Festival war eine gewisse Merrill Garbus aka tune-yards, die das Zelt so sehr zum Beben gebracht hat, dass ich nicht anders konnte als nach anfänglicher Erdbeben-Panik mitzuhüpfen.
Ich geh letztendlich doch nur auf Konzerte, weil der abgesteckte Rahmen von Beginn und Ende alle möglichen Emotionen versammeln, hochschrauben, loslösen kann, denen man im Alltag ja sonst doch nur hinterherjagt und dann verpasst.
Aber jetzt zu euch==
- Rewind 2010 - FM4 Jahresrückblick
Tippt bitte eure Best-Of-2010-Konzerterfahrungen als Resümée ins Forum. Welches Konzert ist euch besonders in Erinnerung geblieben? Ein Festivalauftritt vielleicht? Mumford&Sons oder doch LCD Soundsystem? Von welchem Konzert hast du dir die Setlist mitgenommen?
ondrusova
Wie weit bist du gefahren um deine Lieblingsband live zu sehen? Arcade Fire in München? Hast du beim letzten Fettes Brot Konzert gar eine Träne für Bettina verdrückt? Warst du bei dem einen unterbesuchten Konzert (oder waren es mehr als der eine Gig?!) vor 10 Leuten, von dem du weißt, in fünf Jahren will und wird jeder dabeigewesen sein? Hat dich der National Sänger, als er in der Arena durch das Publikum gelaufen ist, angestupst und begleitet dich das heute noch durch den Tagtraum? Erste Reihe bei Air in der Staatsoper? Moment, du hast doch nicht alle drei Österreich Termine von Caribou gesehen? Falls du dich nur anonym traust der Welt mitzuteilen, dass du bei aller Liebe zum tagesaktuellen Pop-Geschehen noch immer findest, dass die Bob Dylan Konzerte im Sommer einfach unbesiegbar und die besten waren, na los, sprich!