Erstellt am: 20. 9. 2010 - 16:25 Uhr
Kipferl, Haider und die Humankapital-Produktion
Steiermarkwahl 2010
Am 26. September wird in der Steiermark ein neuer Landtag gewählt. FM4 berichtet vor Ort von den Wahlkampfveranstaltungen der jeweiligen Parteien und beleuchtet das Viertel, in dem die Wahlkampfveranstaltungen stattfinden.
- 14.9.: KPÖ im Grazer Stadtbezirk Gries
- 18.9.: Die Grünen in Voitsberg
- 20.9.: Die Kleinparteien FPÖ, BZÖ und CPÖ
- 22.9.: Die ÖVP in Feldbach
- 23.9.: Die SPÖ in Tieschen
Fünf Uhr morgens vor einer Fabrik in Kindberg. Das FPÖ-Wahlkampfteam ist früh aufgestanden, um im sozialdemokratischen Kerngebiet Kipferl zu verteilen. Die Arbeiter nehmen das Gratis-Frühstück gerne an, manch einer nimmt sich auch eine Wahlbroschüre mit. Spitzenkandidat Gerhard Kurzmann wirkt fit. Mit Eiern wird er hier nicht beworfen, seiner drohenden Immunitätsaufhebung sieht er gelassen entgegen.
APA/Herbert Neubauer
Auslöser der juristischen Debatten war das kleine Browsergame Moschee Baba, mit dem es der freiheitliche Spitzenkandidat bundesweit in die Nachrichten geschafft hat. Das Spiel war gleich wieder offline, drei FPÖ-Bürgermeister sind deshalb aus der Partei ausgetreten. Nicht zuletzt deshalb scheint die FPÖ in den letzten Wochen ein bisschen zu stagnieren, das allerdings auf hohem Niveau.
FPÖ Steiermark
Der potentielle Königsmacher
2005 hat es knapp nicht zum Einzug in den Landtag gereicht. Nächsten Sonntag wäre alles unter einer Verdoppelung der Wählerstimmen eine Enttäuschung. Zehn Prozent sind zwar auch nicht die Welt, in der derzeitigen Situation könnte dieses Votum aber reichen, um den Landeshauptmann zu bestimmen. Bleiben SPÖ und ÖVP gleichauf, werden die beiden entweder ihre glücklose Koalition fortsetzen (zu sehr sie dank Proporz sowieso irgendwie gezwungen sind) oder umgarnen den blauen Wiedereinsteiger in die legislative Realität des Bundeslandes. Weder Voves noch Schützenhöfer haben dieses Szenario bisher abgelehnt und die Volkspartei hat sich bereits in der Ära Klasnic immer von der FPÖ auf den Chefsessel hieven lassen. Thematisch bleiben die Blauen bei ihrem alt bewährten Themenmix Ausländer, Integration, Sozialmissbrauch.
Der ehemalige Südtirol-Sprecher und Verfechter der deutschen Sprache Kurzmann muss bei seinen Wahlkampfauftritten allerdings immer wieder auf den Wiener Über-Vater HC Strache zurückgreifen, um zünftige Stimmung inklusive Gegendemo zu erzeugen. Die beschauliche Kipferl-Verteilung bleibt da die Ausnahme.
Der omnipräsente und tote Übervater
Auf einen nicht mehr unter den Lebenden weilenden Über-Vater greift BZÖ-Spitzenkandidat Gerald Grosz zurück, nämlich sein politisches Vorbild Jörg Haider. Gleich zu Beginn des Wahlkampfes präsentierte Grosz das Buch "Jörg und die Steiermark", in dem auf die besondere Beziehung des Wahlkärntners mit der grünen Mark hingewiesen werden soll. Außerdem verleiht er seit heuer die "Dr. Jörg Haider Medaille für Verdienste um die politische Erneuerung". Und auch das Plakatdesign erinnert stark an die Haider-Glaseinschenk-Sujets des Haiderwahlkampfes 2008.
BZÖ
APA/Georg Hochmuth
Der 33-jährige Multifunktionär pendelt derzeit zwischen Gemeinderat Graz und Nationalrat in Wien. Sollte es mit dem Einzug in den Landtag nichts werden, für den es ein Grundmandat braucht, will er sich aus der Politik zurückziehen. Inhaltlich will er das selbe Klientel wie die FPÖ bedienen, kritisierte das Moschee-Spiel aber um vieles schärfer als SPÖ und ÖVP.
Ansonsten steht im Programm viel von sozialer Sicherheit und Kampf gegen Sozialmissbrauch. Zum Besen, mit dem bei der Gemeinderatswahl 2008 gegriffen hat, "um Graz zu säubern", hat Grosz bisher nicht ausgepackt. Aber es sind ja noch ein paar Tage zur Wahl und die schlechten Umfragewerte könnten das umstrittene Konzept wieder aus der Mottenkiste holen.
Überraschungskandidatur mit SPÖ-Hilfe
So gut wie gar keine Hoffnung auf den Einzug kann sich Christenpartei mit ihrer Spitzenkandidatin Maria Fellner machen. Sie tritt - wenig überraschend - gegen Abtreibung und für eine Stärkung der Familie ein. Fellner will vor allem weibliche Wähler ansprechen, die sie als "Humankapital-Bringer" stärker in den Fokus der Politik hieven will.
Erwin Scheriau
Prominentestes Mitglied der Liste ist der ehemalige Grün- und SPÖ-Politiker, Fast-Präsidentschaftskandidat und Kampusch-Buchautor Martin Wabl. Und auch Rudolf Gehring hilft im Wahlkampf immer wieder aus.
Den größten Schock von der CPÖ-Kandidatur dürfte sich die ÖVP geholt haben, die um Stimmen im katholischen Milieu bangen. Auch wenn die Christen nur ein Prozent machen, so die Befürchtung der Schützenhöfer-Truppe, könnte eben dieses Prozentpunkt im Versuch, den Landeshauptmann wieder zu kriegen, am Ende fehlen. Dass einige SPÖ-Funktionäre in der Obersteiermark Unterstützungserklärungen für den neuen Mitbewerber abgegeben haben, lässt diese Angst auch nicht kleiner werden.