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Arthur Einöder

POP: Partys, Obsessionen, Politik. Ich fürchte mich vor dem Weltuntergang, möchte aber zumindest daran beteiligt sein.

12. 2. 2010 - 14:40

Something For The Weekend

Wer den Schaden hat, muss selbst für die Party sorgen. Oder so.

Zu den Terminen fürs Wochenende weiter unten. Was sonst noch so alles geht, steht auf termine.orf.at/fm4

Menschen, die aus irgendwelchen Gründen ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen, haben meistens eins gemeinsam. Sie ergehen sich in Selbstmitleid und leben in der Vergangenheit, was ihnen positiv eingestellte, nützliche Ja-Sageridioten gern als sympathische Träumerei auslegen.

Irgendwer hat vor ein paar Monaten einmal auf den Kalender geschaut und dabei bemerkt, dass es Deutschland wie wir es kennen, jetzt schon 20 Jahre lang gibt.

Und schon sind sie aus den Löchern gekrochen, und haben uns mittels so genannter Medien erklärt, wie cool das damals war, und was nicht hätte sein können, wenn der böse Kohl (der dicke deutsche, böse Kohl, nicht der mit den Spritzen und den Blutmaschinen böse Kohl) damals nicht so böse Versprechen gemacht hätte, und wenn damals dann vielleicht irgendwas anders gelaufen wäre, dann gäbe es heute einen demokratischen Kommunismus, wo keiner mehr auf die Idee kommen würde, hinter den antifaschistischen Schutzwall zu blicken.

Insofern bringt es auch gar nichts, jetzt nocheinmal einen Absatz lang die Worte damals und wenn zu bemühen. Wurscht. Ich machs trotzdem.

Hätte sich Österreichs Sport nämlich in den letzten 11 Jahren nicht so deppert angestellt, sich mittels fragwürdiger Methoden und nicht vorhandener Diplomatie ins internationale Grindwinkerl verabschiedet, hätten Funktionäre außer lustigen Hinterzimmertransaktionen auch was anderes gemacht, dann wäre die Eröffnung der Olympischen Spiele diesen Freitag 146 Längengrade weiter östlich.

Salzburg könnte also heute eine Megaparty schmeißen. Würde die nächsten drei Wochen mindestens zehn abartig ausgestattete Feiern internationaler Sportartikelhersteller haben, die dir supere DJs und Gratisgetränke servieren (vielleicht war ja wer in Wien bei der Fußballeuropameisterschaft). Rund um dich wären schwedische Eiskunstläuferinnen (oder weißrussiche Biathleten mit großen Gewehren, oder was du halt so magst), und du könntest dich cool mit verrückten Sportfans aus verschiedenen Teilen der Winterwelt verbrüdern.

Wer jetzt was von Kitzbühel oder Kulm oder so murmelt, bitte aufwachen: das wären dann Olympische (!) Spiele (!!!), verdammt, nicht offene österreichische Meisterschaften im Glühweintrinken und Blinkehauben-Aufsetzen. (Überhaupt ist Kitzbühel ein schlechtes Beispiel, weil ja dort lieber gezittert wird als gefeiert, was aber weder mit sportlichen Entscheidungen noch mit arger Kälte zu tun haben dürfte, sondern mit irgendwelchen Ganoven, die aus Banken CDs fladern.)

Jetzt siehst du, was passiert wenn du statt im Leben zu stehen, deinen was wäre wenn-Fantasien nachgehst. Du landest im Unglück. Oder beim Protestsongcontest. Zeit also, mit beiden Beinen in der Realität anzukommen, und einmal auf salzburg2010.at surfen. Wie ich mich schon freue - auf den Magierkongress im Mai.

Aufgeschlagenes Buch, aus dem Licht leuchtet

magierkongress

Magierkongress!

Samstag / The Berndt / Denkmal / Salzburg

Die Sache mit dem Indervergangenheitleben bringt einen natürlich in eine Zwickmühle, wenn es um Retrotrends geht. Die Gratwanderung zwischen irgendwie noch sympathischem und absolut perversem Freaktum ist ungefähr so schmal wie der Schi von Petter Northug.

Warum bist du irgendwie cool, wenn du total ironische David Hasselhoffbrillen trägst und deine sprechende Casio-Armbanduhr liebevoll Kumpel nennst, wirst aber gleichzeitig aufgrund deiner orangen Acht-Zentimeter-Plateaus und der violetten Glockenhose aus Samt komisch angeschaut und du hast das Gefühl, jeder greift, ob seine Brieftasche noch da ist, sobald du dich an ihm vorbeigedrängt hast?

Und warum unterhalten sich die beiden Hipster-Grafikdesigner zwar total erregt über die schwarzen Jordan 5 Sneakers aus dem Jahr 1990, würden aber nie im Leben darauf kommen, ihre CS4 gegen Paintbrush einzutauschen?

The Berndt spielen am Samstag im Salzburger Denkmal, und am Montag auf der Indiepartment-Party im The Office in Graz.

Fragen über Fragen, und je öfter du dir das aktuelle Remixvideo von The Berndt anschaust, desto wahrscheinlicher lautet deine Antwort Geschmack. Blöd nur, dass sich niemand traut, dir zu sagen, ob du Geschmack jetzt subjektiv oder objektiv verstehen sollst.

Samstag / Synergy / Adam Beyer etc. / Gusswerk / Salzburg

Salzburg macht das beste draus. Jetzt, wo die Eiskunstläuferinnen anderweitig beschäftigt sind. Schweden hat nämlich mehr zu bieten als große Eisflächen, einen Wohlfahrtsstaat und guten Englischunterricht, nämlich auch eine lebendige Musikszene. Und während The Berndt gegenüber vom Künstlerhaus aufspielen, macht sich Landsmann Adam Beyer in der alten Glockenfabrik breit.

Naja, breit. Das ist relativ.

a) Allzuviel Platz wird es bei Synergy nicht geben. Dafür sorgen einerseits die übermotivierten Speedfreaks, die beim industrial-angehauchten Liveset von The Advent den Tanzboden zerhacken. Andererseits die hände- und flügelschwingenden Ausdruckstanzmotten, die so ein Dominik Eulberg Set anzieht wie Discolicht.

b) Beide machen sich nicht nur breit, sondern sind es auch häufig.

Samstag / Swoon / Seiji / Sass / Wien

Der ORF hat es ganz schön schwer. Ständig herrscht ungeheurer Druck von außen. Ständig versuchen böse Mächte, ihn mit süßem Gift zu verführen, für das sich das Schlagwort Bildungsauftrag abgeschoben, ääh, eingebürgert hat. Der ORF tut was er kann, manchmal jedoch kann er ihm, glaube ich, aber dann doch nicht widerstehen. (Es gilt jedoch die Unschuldsvermutung.)

Der jahrzehntelange Weltmeister der Bildung (von bösen Zungen gern als unnötige Bildung diffamiert) wurde in den Ruhestand geschickt. Leider jedoch hat der ORF auf zwei Brüder im Geiste vergessen.

Denn genauso wie eine Formel 1 Übertragung ohne Heinz Prüller wäre auch eine Opernballübertragung ohne Wagner-Trenkwitz/Hohenlohe undenkbar. Allein, was man da so fürs Leben lernt! Die Eröffnung war dieses Jahr Polen gewidmet (na gut, das hört sich besser an, als es sich liest: sag mal laut Polen), der Opernball sei eine Mischung aus Avatar und Staatsbegräbnis, und wenn du ganz laut schhhhhhhhhhhhhhh machst, bist du was? Na?

Richtig... eine rauschende Ballnacht. Wieder einmal komplett dem bösen Bildungsauftrag auf den Leim gegangen.

Wer diese extrem volksbildende Übertragung verpasst hat, ist erstens selber schuld, kann aber zweitens stilgerecht nachfeiern.

Das Ambiente im Sass ist zwar kein Ballsaal, kann sich aber in puncto edler Ausstattung und monarchischem Kitsch durchaus mit der Staatsoper messen. Auch die Getränkepreise liegen in einem vergleichbaren Segment, was aber (so lang du es vorher weißt, was hiermit - dezenter Bildungsauftrag - passiert ist) auch kein großes Problem ist. Fängst du halt schon am späten Nachmittag daheim an. Das müssen die Opernballgäste ja auch, wenn sie in den Friseurladen oder den Frack hineinwollen.

Und was Adrian Eröd und Ildikó Raimondi für die Opernballeröffnung sind, sind Seiji, Beware und Functionist fürs Swoon. Die Künstler, um die es da angeblich, bei aller Selbstinszenierung der geneigten Besucherschar gehen soll.

Kurzfristige Partytermine bitte hier ins Forum. Für Sachen, die erst irgendwann einmal sind, bitte per Mail an update.fm4@orf.at

Bestimmt hast du aber von Seiji bislang genauso viel Ahnung wie Dieter Bohlen von Adrian Eröd. Dir jetzt zu sagen, dass der Typ bei Bugz in The Attic mitmischt und ziemlich was drauf hat, wär aber dumm von mir. Ich gebe diesen dunklen Mächten und ihrem blöden Bildungsauftrag sicher nicht nach. Kannst ja auf sein Myspace schauen.

BONUS-ÜBERRASCHUNGSEI:

Irgendwann demnächst steigt ein FM4 Überraschungskonzert im Lande. Die Partys sind ein Wahnsinn und manchmal ist auch der Act sehr super. Diesmal: Enno Bunger. Will da jemand gratis hin? Dann bitte anmelden, und wir schreiben dir einen Tag vorher, wo und wann die Party steigt.