Erstellt am: 9. 2. 2010 - 17:10 Uhr
Im Takt des Herzschlages
Beim ersten Anhören von "Ein bisschen mehr Herz", dem Debütalbum des deutschen Trios Enno Bunger, denk ich mir spontan: "Das kenn ich doch schon" und "Das hab ich schon mal gehört". Hier wird gänzlich auf Gitarren verzichtet und stattdessen ist auf jedem Song ein Klavier zu hören. Teilweise fühle ich mich von den süßlich triefenden Klaviermelodien richtiggehend eingelullt. Da macht einer auf Keane. Hach Gott, denk ich mir und will stattdessen zur neuen Tocotronic greifen. Aber vorschnelle Urteile sind natürlich absoluter Schwachsinn.
Im Zweifel für den Zweifel
Pias
Bereits als kleiner Junge hat Enno Bunger, der dem Projekt auch seinen Namen schenkt, von seiner Mutter Klavierunterricht geschenkt bekommen. Er wollte eigentlich Fußballer werden, aber die Mutter schreckte der viele Alkohol ab, der vor und nach dem Spiel konsumiert wird. Als Musiker sei das ja anders (ha!).
Heute ist Enno Berufspianist: Er spielt nicht nur in Jazzclubs im ostfriesischen Städchen Leer, sondern auch auf Firmenfeiern, Hochzeiten, Beerdigungen und sonntäglichen Gottesdiensten. Nebenbei schreibt er an Songs, spielt sie mit seinen Freunden Bernd Frikke und Nils Dietrich im Studio ein und veröffentlicht mit "Herzschlag" eine erste EP. Nun steht das Debüt "Ein bisschen mehr Herz" in den Startlöchern.
Pias
Ein bisschen mehr Gefühl
Die Texte auf "Ein bisschen mehr Herz" wollen durch ihre universelle Verständlichkeit der Abstraktheit entgehen. Dahinter versteckt sich der Wunsch nach offenen Mitteilungen, die Ennos alltägliche Beobachtungen widerspiegeln. Dramaturgisch erzählen die Songs vom Leben eines jungen Menschen, einem Wirrwarr aus neuen Gefühlen und Problemen. Hier wird nach keinem bestimmten Versmaß gesucht, sondern eine musikalische Umarmung für jene Momente angeboten, in denen es nicht so läuft. Das sind die Momente im "Hier & Jetzt", in denen man einfach nur ein "Pass auf dich auf" hören möchte. "Die ganze Welt scheint sich an dir vorbei zu drehen" heißt es etwa im melancholischen "Weltuntergang", nur um dann anzuhängen: "Doch es ist, wie du weißt, kein Weltuntergang/Weißt wer du bist und du weißt was du kannst". Das ist direkt und schnörkellos und darf in vielen Momenten auch in dramatischer Weise dem Takt des Herzschlages folgen.
Enno Bunger geben in Kürze ein FM4 Überraschungskonzert. Also schnell registrieren!
Überraschungen die schon waren
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Die romantische Tonart, die von diesen Songs ausgeht, versteht es, bereits Vorhandenes aufzugreifen und zu personifizieren. Da hört man etwas Blumfeld, ein wenig Ben Folds und eine Brise Olli Schulz heraus. Das Piano ist der Kern dieses ganzen Vorhabens und Enno Bunger versteht es gekonnt, dem Tasteninstrument jene Klänge zu entlocken, die seinen Texten noch ein bisschen mehr Gefühl verleihen. Da sind Songs dabei, die mich eventuell bald an manchen Frühlingsmorgen oder laue Festivalnächte erinnern könnten.
Und: Das Ganze ist unglaublich sympathisch. Einen Abend mit Enno Bunger stelle ich mir extrem entspannt vor: Das sind nette Typen mit ostfriesischer Gelassenheit, mit denen man ein Bierchen trinken möchte.