Erstellt am: 27. 8. 2009 - 23:40 Uhr
Fußball-Journal '09-77.
Okay, ich hab das Verlängerungs-Drama der Austria vorort im Stadion gesehen, vom Rapid-Spiel dann die letzten 35 Minuten in einem Tschoch irgendwo im zehnten Hieb und gar nichts von Sturm Graz. An sich zu wenig, um etwas Allgemeines über diesen Europacup-Abend sagen zu können.
Aber das ist mir heute ein wenig sehr egal.
Denn: Ich nehme einfach an, dass sich Sturm in Kharkov gut verkauft hat.
Und ich gehe einfach davon aus, dass Rapid die ersten 55 Minuten auch eifrig mitgespielt hat.
Und denke und spüre, dass das einfach ein guter Abend, ein guter und wichtiger Tag für den heimischen Club-Fußball war und freu mich.
Nicht mehr und nicht weniger.
He, Austria Wien, das war eng, aber echt okay!
Ich freu mich, weil diese drei Erfolge nicht von hochtrabend größenwahnsinnigen Pseudo-Projekten erzielt wurden, sondern von drei Vereinen, die aktuell wirklich mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, die sich allesamt als Ausbildungs-Vereine ernst nehmen. Vereine, die in den letzten Monaten eine Veränderung ihrer Philsophie vorgenommen haben.
Schaut euch an, wer da aller in den Anfangs-Formationen stand: Dragovic-Baumgartlinger-Klein-Okotie-Dober-Pehlivan-Drazan-Trimmel-Weber-Beichler-Jantscher-Sonnleitner-Hölzl etc. Dazu noch andere gute österreichische Jungs und ein paar ausgewählte Legionäre.
Alles mit Maß und Ziel.
Bewusst gesetzt.
Und bereits mittelfristig zielführend.
Es ist nämlich seit Wochen das immergleiche Spiel: am Dienstag oder Mittwoch endloser Ärger über Rasenball Salzburg und den schwachen Kick, den ein Projekt, das Boden unter den Füßen verloren hat und sich in die Champions Liga spielen will ohne auch nur ansatzweise mental reif dafür zu sein, verantwortet. Eine philosophielose Horde, egal ob Verantwortliche oder alleingelassene Spieler, die ein mäßiges Spiel nach dem anderen durch pures Schönreden noch zusätzlich entwertet, ein stetes Ärgernis.
Holla, Sturm Graz, das muss schön gefunkt haben!
Und dann die Donnerstage, an denen es immer ernsthafte Auseinandersetzung gab. Selbst mit wirklich schwächeren Gegnern wurde nicht gespaßt, nicht einmal mit dem albanischen oder dem montenegrinischen Vertreter. Und so kam es zu vielleicht zwei, drei Halbzeiten von Sturm, Rapid und der Austria, die schwach waren und zu einer Mehrzahl an Spielen, die gut anzusehen waren.
Weil man mit einer neuen Ernsthaftigkeit (die die Abkehr vom unsinnigen Größenwahn beinhaltet) jedem Gegner in Augenhöhe gegenübertrat.
Ich hab' es im Verlauf der Qualifikations-Phase bereits zumindest zweimal (einmal hier, ein andermal hier) gesagt, und wiederhole es heute wieder, weil es jedesmal aufs Neue stimmt: selbst wenn einer, zwei oder alle drei Euro-League-Kandidaten heute ausgeschieden wären - es hätte nichts gemacht.
Der eingeschlagene Weg der nachhaltigen Aufbauarbeit ist richtig.
Dieses Lob war an jedem dieser Donnerstage in der Pipeline. Weil es nicht in allererster Linie um Resultate geht, sondern um das Dahinter.
Nur das weist in die Zukunft.
Und weil die Leistung und die Einstellung gut waren.
Jedesmal. Jeden Donnerstag.
Hoppla Rapid, das war mehr als zu erwarten war!
Gut, man war in einiger Hinsicht (meist war es die Technik...) schlechter als ein Gegner - machte das aber mit anderen Qualitäten wett. Oder man nützte, wie im Fall von Aston Villa, die Überheblichkeit aus, eine Untugend, die den heimischen Vereinen selber in den letzten Jahren das eine oder andere Ausscheiden eingebracht hatte.
Es war ein guter Abend in Wien, wo oft einiges an der Kippe stand, offenbar auch in Kharkov und sicher auch in Birmingham.
Und deshalb sind Österreichs Ausbildungsvereine in Europa angekommen - in der Europa League, der 2. internationalen Leistungsstufe. Und das passt, wenn man dort, in der kontinentalen Mittelklasse, ein Gefühl für das Messen in Augenhöhe bekommt.
Deshalb sind die drei heute erzielten Plätze in der Gruppenphase eine Belohnung, ein Extra-Bonus, von dem alle unglaublich viel lernen können.
Und wenn den drei Vereinen ihr eingeschlagener Weg ernst ist, dann werden sie all das würdig annehmen - und nicht wieder in den sinnlosen Größenwahn der letzten Jahre kippen. Dazu ist zuviel passiert.
Bei der Austria der Magna-Stronach-Irrweg, bei Sturm die Pleite nach dem Kartnig-Irrsinn, bei Rapid die Schuldenfalle nach dem Börsengang.
Deshalb ist heute kein Platz für Gemäkel - auch weil das andere als die drei Vereine betrifft: das mediale Umfeld und dann natürlich die Champions-League-Versager und ihren Coach. Das kommt mit heute Nacht aber nicht in die Tastatur - das verschiebe ich auf morgen.
Heute wäre das wahrlich unpassend.